Die Quelle des Lichts beim Ursprung des Universums und der Lebewesen

Eine religiöse Betrachtung vor naturwissenschaftlichem Hintergrund

INHALT

1. Einleitende Fragen
2. Schöpfungsmythen verschiedener Kulturen
3. Widersprüche und Unklarheiten bei der Bibellektüre
4. Wie Gott das Universum ins Dasein geruft haben könnte
5. Zwei eigenständige, sich nicht ergänzende Menschenbilder
6. Eine Skizze zur Geschichte der Lebewesen aus religiöser Sicht
7. Der christliche Glaube als persönliche Option mit Zukunftsperspektive

1. Einleitende Fragen
Wie entstanden das Universum und die Lebewesen? Enthalten mythische Erzählungen dazu einen relevanten Wahrheitsgehalt? Wirkt ein möglicherweise existierender Gott? Wer sich für existentielle Fragen wie diese interessiert und nach Antworten sucht, findet eine Vielzahl verschiedener Vorschläge. Sie erstrecken sich auf Überlieferungen aus vorgeschichtlicher Zeit bis hin zu naturwissenschaftlichen Sachtexten von heute. Die nachfolgende Reflexion will etwas Licht in die komplexe Thematik auf der christlichen Betrachtungsebene bringen. Andere Positionen werden erwähnt, ihre Daseinsberechtigung aber nicht angetastet.

2. Schöpfungsmythen verschiedener Kulturen
Bildhafte Erzählungen zur Entstehung des Kosmos und des Menschen sind rund um den Globus verbreitet. Oft wird ein göttliches Handeln erwähnt, das die Naturprozesse in Gang setzte. Einer afrikanischen Überlieferung zufolge verdankt das Weltall sein Dasein dem Schöpfergott Amma. Zuvor hatte er den Plan in seinem Geist. Bei einem von Amma herbeigeführten Beben brach die „Schale des kosmischen Eis“ auf. Ordnung und Chaos traten als zwei gegensätzliche Gottheiten hervor. Das Motiv des „zerplatzten Welten-Eis“ findet sich bei diversen Kulturen. So sahen frühe Orphiker Griechenlands den die Erde mit Tau beschenkenden Himmel als Produkt der oberen Schale an.
In altindischen Mythen ersinnt Brahma meditierend den Kosmos und ruft kraft seiner Gedanken die materielle Welt ins Dasein. Auch in anderen asiatischen Mythen wird die Welt auf einen von Gott oder von Göttern ersonnenen Plan zurückgeführt. In der göttlichen Sphäre werden vollkommenes Wissen und kreatives Handeln angesiedelt.
Manche Erzählungen präkolumbianischer Kulturen enthalten diverse Erdzeitalter. In Überlieferungen der Azteken und Quiché-Maya kommen vier vergangene Zeitalter vor, die jeweils durch Überflutung, Finsternis, Vulkanausbrüche und Wirbelstürme endeten. Ähnliches findet sich bei den Quechua in Peru sowie den nordamerikanischen Navaho und Pueblo-Indianern. Bisweilen wird einem zukünftigen fünften und letzten Erdzeitalter eine Steigerung mit außergewöhnlichem Wert zugesprochen.
In einem Mythos der Hopi verdanken die Menschen ihr Dasein der Spinnenfrau, einer Helferin des Schöpfers. Ein alter Hopi erzählte in einer TV-Dokumentation: „Zuerst gab es nur den Schöpfer. Er schuf den Himmel und fügte ihm den Wind hinzu. Dann gefiel es dem Unendlichen, das Endliche zu schaffen. Er erschuf sich dazu einen Helfer, die Spinnenfrau. Sie war eine Geistmutter und verfügte über große Kräfte. Aus ihrer Hand gingen der Mond und die Sonne hervor und alles Leben, auch die Hopi. Im ersten Frühlicht entstanden wir, ins Leben gerufen durch den Schöpfungsgesang von Großmutter Spinne. Unser Vater, der Schöpfer, lehrte uns, was wir zum Leben brauchten. Die Sonne wärmte uns und wir verbrachten unsere Tage in Harmonie mit allen Geschöpfen.
Aber wir wurden übermütig und taten schlechte Dinge. Da zerstörte er die erste Welt durch Eis. Nur die Unschuldigen überlebten. Er erschuf eine zweite Welt. Auch sie wurde zerstört in einer Wasserflut. Eine dritte Welt entstand und wurde vernichtet. Doch bevor sie im Feuer verging, rettete der Schöpfer die Guten. Er zeigte uns, wie wir in die vierte Welt gelangen könnten. Durch ein Loch kamen wir an die Oberfläche. Die Stelle gibt es noch, aber ich darf sie euch nicht zeigen. Wir nennen sie Sipápu.
Bevor uns der Schöpfer entließ, hatte er uns eine Verheißung gegeben. Wir würden auf der Neuen Erde jemanden treffen, der uns beschützen und leiten werde. Wir wussten nicht, wer es war und hatten große Furcht, ihn zu verfehlen.“
Mythen der Ägypter, Griechen und Römer enthalten ebenfalls eine Abfolge von Zeitaltern. Es lebten die Menschen einerseits zunächst friedlich in ungetrübter Freude im Goldenen Zeitalter. Im Silbernen und Bronzenen Zeitalter nahm die Lebensqualität ab, da sie die Götter vernachlässigten und sich gegenseitig bekämpften. Es folgt bisweilen eine Zeit mit Helden und Halbgöttern. Im letzten Zeitalter verschlechtert die Situation sich durch harte Arbeit, Missgunst und vielerlei Gebrechen. Zukünftig könnten die Menschen sich selbst auslöschen und die Welt im Chaos enden. Danach könnte ein neuer Schöpfungszyklus beginnen.
Andererseits wird das Goldene Zeitalter in die Zukunft verlegt. So hofft der römische Dichter Vergil in einem Hirtengedicht auf eine neue Zeit, in der Frieden zwischen den Menschen und zwischen den Menschen und Tieren herrscht. Harte körperliche Drangsal beim Überleben gibt es nicht mehr, da die Erde die Früchte ohne menschliche Arbeit hervorbringt. Ein Knabe göttlicher Herkunft wird den Frieden und Wohlstand garantieren.
Alte mythische Erzählungen aus China erwähnen den göttlichen Urahn Pan Gu. Er wuchs in einem kosmischen Ei, das in zwei Teile zerbrach. Himmel und Erde entstanden. Vor etwa 4.200 Jahren wurde ShangTi als oberster Herrscher verehrt. Der Kaiser pries ihn bei religiösen Anlässen als den Schöpfer von Himmel und Erde. Zur Sommer- und Wintersonnenwende soll der Kaiser einer Überlieferung zufolge das folgende Gebet gesprochen haben: „Ganz am Anfang war ein großes gestaltloses Chaos und es war dunkel. Die fünf Elemente (Planeten) hatten noch nicht begonnen sich zu drehen, und auch Sonne und Mond schienen noch nicht. Ganz in der Mitte davon gab es weder eine Form noch einen Laut. Du, oh göttlicher Herrscher, bist erschienen in deiner Hoheit und hast als erster die groben Teile von den reinen getrennt. Du machtest den Himmel, du machtest die Erde, du machtest den Menschen. Alle Dinge erhielten ihr Wesen und die Fähigkeit sich zu vermehren.“
Der Kaiser dankte ShangTi und verwies auf die Liebe, Güte und Geduld des himmlischen Herrschers, der den Menschen das Leben und Gelingen verleiht und wie ein guter Vater auf sie achtet: „Du warst willens, oh Ti, uns anzuhören, da du wie ein Vater auf uns acht hast. Ich, dein Kind, einfältig und ungelehrt, bin nicht fähig, meine Gefühle der Schuldigkeit auszudrücken.“ Und weiter: „Wie ein Töpfer hast du alle lebendigen Wesen gemacht. Deine erhabene Güte ist unbegrenzt. Groß und Klein findet Zuflucht (bei deiner Liebe).“

3. Widersprüche und Unklarheiten bei der Bibellektüre
Biblische Aussagen über das Universum, die Erde und ihre Bewohner basieren auf religiösen Überlieferungen verschiedenen Alters. Sie wurden von Schreibkundigen mit bestimmten Intensionen verfasst und stehen inhaltlich in Beziehung zum vorherrschenden Weltbild. Die Bibel bietet keine wissenschaftlichen Konzepte. Sie enthält zum Teil auch falsche Aussagen zu Sachverhalten sowie widersprüchliche, kaum und nicht verständliche Passagen. Beispiele als Beleg:
Laut erstem Mythos der Genesis schuf Gott die grünen Landpflanzen und Früchte tragenden Bäume am dritten Tag und die für Tag und Nacht zuständigen „Lichter am Himmelsgewölbe“ und auch die Sterne am vierten Tag (vgl. Gen 1,11ff). Gemeint sind Sonne und Mond, deren Wörter der Text vermeidet, weil der hebräische Terminus auch „Sonnengott“ und „Mondgott“ bedeuten kann. Doch die Pflanzen benötigen die Energie des Sonnenlichts für die lebenserhaltende Fotosynthese. Außerdem schuf Gott das Licht, das er Tag nannte, und die Finsternis, die er Nacht nannte, mit dem Morgen und Abend schon am ersten Tag (vgl. Gen 1,3-5), was ohne die Sonne nicht verständlich ist.
Dann heißt es, die Samenpflanzen des Festlandes hätten vor den Bewohnern des Wassers gelebt und alle Arten großer Seetiere und gefiederter Vögel hätten die Erde vor den Reptilien bewohnt (vgl. Gen 1,20ff). Es entspricht nicht der fossilen Überlieferung. Zur Schlange sagt Gott, sie soll auf ihrem Bauch kriechen und alle Tage ihres Lebens Staub fressen. Schlangen ernähren sich jedoch nicht vom Staub und manche klettern auf Bäume. Die Menschen sowie die Tiere des Feldes und Vögel ernährten sich anfangs von Pflanzen und Früchten der Samenpflanzen (vgl. Gen 1,29f). Erst nach der Sintflut gestattet Gott den Menschen den Verzehr tierischer Nahrung. Demnach war Abel, ein Sohn von Eva, ein Hirte wegen des Fells der Schafe. Bemerkenswerterweise brachten er und Noach dem Herrn ein Brandopfer mit Tieren dar, bevor Gott den Konsum tierischer Nahrung erlaubte (vgl. Gen 4,2-4; 8,20).
Kaum nachvollziehbar sind drei Naturwunder beim Auszug der Israeliten aus Ägypten. Als sie das Schilfmeer erreichten, wird gesagt: „Mose streckte seine Hand über das Meer aus, und der Herr trieb die ganze Nacht das Meer durch einen starken Ostwind fort. Er ließ das Meer austrocknen, und das Wasser spaltete sich. Die Israeliten zogen auf trockenem Boden ins Meer hinein, während rechts und links von ihnen das Wasser wie eine Mauer stand“ (Ex 14,21f). Es ereignet sich Ähnliches am Jordan bei Jericho. Sie durchschritten ihn auf trockenem Boden, da das Wasser wie einen Wall bildete, als die Priester mit der Bundeslade des Herrn der ganzen Erde das Wasser mit ihren Füßen berührten (vgl. Jos 3). Der Psalmist bestätigt die zwei Wunder mit Zusatz: „Das Meer sah es und floh, der Jordan wich zurück. Die Berge hüpften wie Widder, die Hügel wie junge Lämmer“ (Ps 114,3f). Josua, der Nachfolger von Mose, sagt in Gegenwart der Israeliten bei der Preisgabe der Amoniter durch den Herrn: „Sonne, bleib stehen über Gibeon, und du, Mond, über dem Tal von Ajalon!“ Es geschieht: „Und die Sonne blieb stehen, und der Mond stand still, bis das Volk an seinen Feinden Rache genommen hatte.“ Es wird ergänzt: „Die Sonne blieb also mitten am Himmel stehen, und ihr Untergang verzögerte sich, ungefähr einen ganzen Tag lang“ (vgl. Jos 10,12-14).
Der Psalmist bittet Gott, in seiner Huld Gutes an Zion zu tun, die Mauern Jerusalems wieder aufzubauen. Er glaubt: „Dann hast du Freude an rechten Opfern, an Brandopfern und Ganzopfern, dann opfert man Stiere auf deinem Altar“ (Ps 51,21). Drei Verse vorher glaubt er hingegen: „Schlachtopfer willst du nicht, ich würde sie dir geben; an Brandopfern hast du kein Gefallen.“ Bei den als Tage heiliger Versammlung vom Herrn mitgeteilten Festzeiten soll Mose ausrufen, für den Herrn seien an den jeweiligen Tagen Feueropfer, Brandopfer, Speiseopfer, Schlachtopfer oder Trankopfer darzubringen (vgl. Lev 23,37). Durch Hosea lässt der Herr sagen: „Liebe will ich, nicht Schlachtopfer, Gotteserkenntnis statt Brandopfer“ (Hos 6,6).
In Psalm 19 läuft die Sonne tagsüber von einem Ende bis zum anderen Ende des Himmels. In Psalm 104 verankert Gott die Balken seiner Wohnung im Wasser, bedient sich der Wolken als Wagen, fährt einher auf den Flügeln des Sturms, macht die Winde zu Boten und lodernde Feuer zu seinen Dienern. Die ewig nicht wankende Erde gründet er auf Pfeiler. Der Verfasser des Buches der Weisheit beschreibt seine vorgeburtliche Entwicklung: „Im Schoß der Mutter wurde ich zu Fleisch geformt, zu dem das Blut in zehn Monaten gerann durch den Samen des Mannes und die Lust, die im Beischlaf hinzukam“ (Weish 7,2).
Einerseits kommen Sterndeuter aus dem Osten nach Betlehem, um Jesus nach der Geburt mit Geschenken zu huldigen. Nach dem Weggang der Sterndeuter flieht die Familie auf Geheiß eines Engels im Traum noch in der Nacht mit dem Säugling nach Ägypten, da König Herodes nach dem Leben des Kindes trachten wolle. In Ägypten bleibt sie bis zum Tod von Herodes. Es entspricht ungefähr zwei Jahren, wenn Jesus im Jahr 7 oder 6 v. Ch. geboren wurde und Herodes im Jahr 4 v. Chr. starb, wovon die meisten Historiker ausgehen. Auf erneutes Geheiß eines Engels im Traum begibt die Familie sich in das Gebiet von Galiläa und lässt sich in der Stadt Nazaret nieder (vgl. Mt 2,13f.19-23).
Andererseits bleibt die Familie nach der Geburt Jesu in Betlehem. Nach acht Tagen wird das männliche Baby gemäß jüdischem Brauch beschnitten und erhält den bei der Verkündigung seiner Geburt genannten Namen Jesus. Seine Mutter bleibt zu Hause, weil Frauen laut Gesetz des Mose nach der Geburt eines Jungen 40 Tage und nach der Geburt eines Mädchens 80 Tage als unrein gelten. Sodann wird Jesus im Tempel in Jerusalem dem Herrn geweiht. Dabei bringt seine Mutter das verlangte Reinigungsopfer dar: ein Paar Turteltauben oder zwei junge Tauben. Anschließend begibt die Familie sich nach Galiläa in ihre Stadt Nazaret zurück, wo Jesus seine Kindheit verbringt (vgl. Lk 2,21-24.39f). Wie die beiden sehr unterschiedlichen Versionen in Einklang zu bringen sind, ist ungewiss.
Ein Engel erklärt der Mutter Jesu und ihrem Verlobten, Jesus sei vom Heiligen Geist. Sie verstehen aber nicht, dass der 12-jährige Junge beim Paschafest im Tempel zu Jerusalem als dem „Haus seines Vaters“ zurückbleibt (vgl. Mt 1,20f; Lk 1,35; 2,49f). Im Johannesevangelium bezeugt der mit der Kraft und dem Geist Elijas öffentlich auftretende Täufer Johannes, Jesus sei der Sohn Gottes. Daraufhin folgen zwei Jünger des Johannes Jesus. Einer heißt Andreas. Er trifft seinen Bruder Simon und teilt ihm mit, den Messias gefunden zu haben. Andreas führt Simon zu Jesus, der ihn Kephas nennt, was im Deutschen Fels bzw. Petrus bedeutet (vgl. Joh 1,34ff). Im Lukasevangelium schickt Johannes zwei Jünger zu Jesus, um von ihm zu erfahren, ob er der sei, der kommen soll, oder ob sie auf einen anderen warten sollen. Zu dem Zeitpunkt hat Jesus schon Jünger, viele Kranke geheilt und den verstorbenen Sohn einer Witwe aus Naïn wieder mit Leben erfüllt (vgl. Lk 7,18ff). Laut Markusevangelium beruft Jesus die ersten Jünger beim Aufenthalt von Johannes im Gefängnis. Jesus bittet Andreas und Simon beim Fischfang, ihm als Menschenfischer zu folgen (vgl. Mk 1,14ff).
Das Zeugnis des Täufers Johannes über den vom Himmel gekommenen Jesus enthält den Widerspruch: „Doch niemand nimmt sein Zeugnis an. Wer sein Zeugnis annimmt, beglaubigt, dass Gott wahrhaftig ist“ (Joh 3,32). Im Johannesevangelium äußert Jesus beim Gespräch mit dem Pharisäer Nikodemus: „Denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, damit er die Welt richtet, sondern damit die Welt durch ihn gerettet wird“ (Joh 3,17). Einem geheilten linden teilt Jesus mit: „Um zu richten bin ich in diese Welt gekommen: damit die Blinden sehend und die Sehenden blind werden“ (Joh 9,39).
Jesus sagt von sich als der dem Himmel auf die Erde gekommene Verkünder des Wortes Gottes: „Was er gesehen und gehört hat, bezeugt er, doch niemand nimmt sein Zeugnis an.“ Doch dann: „Wer sein Zeugnis annimmt, beglaubigt, dass Gott wahrhaftig ist“ (Joh 3,32). An anderer Stelle wird berichtet, Jesus habe in Judäa getauft (Joh 3,22), dann: „Allerdings taufte Jesus nicht selbst, sondern seine Jünger“ (Joh 4,2). Jesus sendet die Apostel ohne Wanderstab (vgl. Mt 10,10) und bei Bedarf mit einem Wanderstab aus (vgl. Mk 6,8). Einerseits verbietet Jesus das Schwören: „Schwört überhaupt nicht, weder beim Himmel, denn er ist Gottes Thron, noch bei der Erde, denn sie ist der Schemel seiner Füße.“ Und weiter: „Euer Ja sei ein Ja, euer Nein ein Nein; alles andere stammt vom Bösen“ (Mt 5,34f.37) Andererseits sagt er: „Wer beim Himmel schwört, der schwört beim Thron Gottes und bei dem, der darauf sitzt“ (Mt 23,22).
Die Zuhörerinnen und Zuhörer seiner Worte belehrt Jesus, er sei das lebendige Brot, das vom Himmel herabgekommen sei. Wer davon esse, werde ewig leben. Das Brot, das er geben werde, sei „sein Fleisch für das Leben der Welt“. Wer es nicht esse und „sein Blut“ nicht trinke, habe das Leben nicht in sich. Wer es esse und trinke, habe das ewige Leben und werde von ihm „am Jüngsten Tag auferweckt“ (vgl. Joh 6,51ff). Haben Personen, die keine konsekrierte Hostie empfingen und den konsekrierten Wein nicht tranken, kein ewiges Leben?
Im Matthäusevangelium findet sich die Aussage Jesu, die Apostel sollten sich vor dem fürchten, der „Seele und Leib ins Verderben der Hölle stürzen kann“ (vgl. Mt 10,28b). Der materielle Leib bleibt aber nach dem Sterben auf der Erde und zerfällt. Der materielle Leib bleibt aber nach dem Sterben auf der Erde und zerfällt. Einseits salbt Maria aus Betanien Jesus die Füße und trocknet sie mit ihrem Haar (vgl. Joh 12,3), andererseites gießt eine Frau in Betanien im Haus Simons des Aussätzigen kostbares Öl über sein Haar (vgl. Mt 26,6f; Mk 14,3), außerdem kam eine Sünderin im Haus eines Pharisäers mit wohlriechendem Öl, trat von hinten an Jesus heran, weinte, ließ die Tränen auf die Füße Jesu fallen, trocknete sie mit ihrem Haar, küsste sie und salbte sie mit dem Öl (vgl. Lk 7,36-38).
Beim Abschiedsmahl vor dem Paschafest und der Gefangennahme Jesu berichtet Matthäus, dass Jesus den Jüngern Brot und Wein reichte (vgl. 26,26ff). Bei Johannes wäscht er ihnen die Füße und trocknet sie mit seinem umgürteten Leinentuch ab (vgl. 13,1ff). Der Apostel Judas fragt Jesus, ob er der Verräter sei. Jesu Antwort: „Du sagst es“ (Mt 26,25). Im Johannesevangelium weist Jesus auf den Verräter, indem er ihm einen Bissen Brot reicht (vgl. Joh 13,26). Trug Jesus selbst das Kreuz zur Hinrichtung (vgl. Joh 19,17) oder ein anderer Mann (vgl. Mt 27,32; Mk 15,21; Lk 23,26)?
Im Matthäusevangelium sagt Jesus zu Schriftgelehrten und Pharisäern, die ihn um ein Zeichen bitten: „Denn wie Jona drei Tage und drei Nächte im Bauch des Fisches war, so wird auch der Menschensohn drei Tage und drei Nächte im Innern der Erde sein“ (Mt 12,40). Ähnlich äußert er sich gegenüber den Jüngern im Markusevangelium: „Der Menschensohn wird in die Hände von Menschen ausgeliefert und sie werden ihn töten; doch drei Tage nach seinem Tod wird er auferstehen“ (Mk 9,31). Jesu Leichnam lag aber nur zwei Nächte im Grab. Übrigens bezeichnet Jesus sich hier und bei anderer Gelegenheit als „Menschensohn“ unter Bezug auf Stellen im Alten Testament. Bei der Berufung des Propheten Ezechiel verwendet der Herr den Ausdruck „Menschensohn“ und gewährt ihm „etwa so wie die Herrlichkeit des Herrn“ aussehende Visionen (vgl. Ez 1-3). Daniel sieht in einer Vision jemanden, der „wie ein Menschensohn“ mit den Wolken des Himmels kommt. Ihm seien „Herrschaft, Würde und Königtum“ in Ewigkeit übertragen worden (vgl. Dan 7,13f).
Bei Lukas sagen die Apostel und in Jerusalem versammelte Jünger nach der Grablegung Jesu zu zwei von Emmaus zurückkehrenden Jüngern: „Der Herr ist wirklich auferstanden und ist dem Simon erschienen“ (Lk 24,34). Bei Markus glauben sie den Beiden nicht, als sie berichten, Jesus sei ihnen unterwegs erschienen. Zudem glauben sie vorher die Aussage von Maria aus Magda nicht, sie habe Jesus gesehen. Daher erscheint Jesus den elf Aposteln später beim Essen und tadelt „ihren Unglauben und ihre Verstocktheit, weil sie denen nicht glaubten, die ihn nach seiner Auferstehung gesehen hatten“ (vgl. Mk 16,9ff).
Laut Matthäus lebte Jesus auf der Erde, um das Gesetz und die Propheten zu erfüllen. Jesus bemerkt dazu: „Amen, das sage ich euch. Bis Himmel und Erde vergehen, wird auch nicht der kleinste Buchstabe des Gesetzes vergehen, bevor nicht alles geschehen ist. Wer auch nur eines von den kleinsten Geboten aufhebt und die Menschen entsprechend lehrt, der wird im Himmelreich der Kleinste sein“ (Mt 5,18f). Auch Lukas zufolge werden eher Himmel und Erde vergehen, als dass der kleinste Buchstabe im Gesetz wegfällt (vgl. Lk 16,17). Doch in Paulinischen Briefen heißt es, Jesus habe durch sein Sterben „das Gesetz mit seinen Geboten und Forderungen aufgehoben“, um die Beiden (Juden und Heiden) in seiner Person zu einem neuen Menschen zu machen. Jesus habe „die trennende Wand der Feindschaft“ entfernt, Frieden gestiftet und „die Beiden durch das Kreuz mit Gott in einem einzigen Leib“ versöhnt. Vor Jesu Sterben seien die Gläubigen „in Zucht“ gehalten worden. Nun seien sie nicht mehr „im Gefängnis des Gesetzes“ festgehalten. (vgl. Eph 2,14f ; Gal 3,23-25).
Jesus empfiehlt seinen Jüngern: „Macht euch Freunde mit Hilfe des ungerechten Mammons, damit ihr in die ewigen Wohnungen aufgenommen werdet, wenn es (mit euch) zu Ende geht“ (Lk 16,9). Es klingt wie ein Appell, Reichtümer anzusammeln. Es passt aber nicht zur übrigen Lehre Jesu. Jesus könnte gemeint haben: Wer Nächstenliebe praktizieren will, soll den Überfluss, der zwischen Arm und Reich ungerecht verteilt ist, Hilfsbedürftigen zukommen lassen.
Im Johannesevangelium fragt Petrus den auferstandenen Jesus mit Blick auf den Apostel Johannes: „Herr, was wird denn mit ihm?“ Jesu Antwort: „Wenn ich will, dass er bis zu meinem Kommen bleibt, was geht das dich an? Du aber folge mir nach“ (Joh 21,21f). Die Aussage ist falsch, wenn sie bedeutet, Johannes sei nicht gestorben. Sie trifft zu, wenn Jesus Johannes später erschien und Petrus andeutete, er würde als sein Nachfolger wie er am Kreuz sterben.
Jesus weissagte, er werde „mit seinen Engeln in der Hoheit seines Vaters kommen und jedem Menschen vergelten, wie es seine Taten verdienen.“ Und weiter: „Amen, ich sage euch: Von denen, die hier stehen, werden einige den Tod nicht erleiden, bis sie den Menschensohn in seiner königlichen Macht kommen sehen“ (Mt 16,27f). Doch kein Zeitgenosse Jesu sah ihn mit königlicher Macht kommen. Alle starben, ohne es zu erleben. Wird die gesamte Verkündigung Jesu zu Grunde gelegt, bedeutet die Aussage: Einige Zuhörer/innen werden Jesus nach dem Sterben im Himmel mit seiner göttlichen Herrlichkeit sehen.
In der Nachfolge des Täufers Johannes rief Jesus zur Bekehrung auf. Als er in einem Boot sitzend die am Ufer des Sees Stehenden durch Gleichnisse belehrte und die Apostel ihn danach nach dem Sinn der Gleichnisse fragten, sagte er zu ihnen: „Euch ist das Geheimnis des Reiches Gottes anvertraut.“ Was er dann ergänzte, wirkt befremdlich: „Denen aber, die draußen sind, wird alles in Gleichnissen gesagt; denn sehen sollen sie, sehen, aber nicht erkennen; hören sollen sie, hören, aber nicht verstehen, damit sie sich nicht bekehren und ihnen nicht vergeben wird“ (Mk 4,11f). Dass die Worte Jesu bei den Anwesenden keine positive Denk- und Verhaltensänderung bewirken sollten, kann Jesus nicht gemeint haben. Er redete zu den Menschen nicht, um seine Worte zu ignorieren. Die Ablehnung ist eine persönliche Entscheidung.
Laut Kolosserbrief war das Evangelium bei der Niederschrift im ersten Jahrhundert schon „in der ganzen Schöpfung unter dem Himmel“ verkündet (vgl. Kol 1,23). Im Römerbrief heißt es: „Durch einen einzigen Menschen kam die Sünde in die Welt und durch die Sünde der Tod, und auf diese Weise gelangte der Tod zu allen Menschen, da alle sündigten“ (Röm 5,12). Der Satz verweist auf das Verhalten Evas im Garten Eden. Doch auch ihr Gefährte Adam verstößt gegen die Vorgabe Gottes. Beide essen von der „Frucht des Baumes der Erkenntnis von Gut und Böse“. Als Auswirkung verlieren sie die intime Nähe zu Gott, schämen sich wegen ihrer Nacktheit und müssen den Garten verlassen. Gott ließ nicht zu, wie er zu werden, was die verführerische Schlange versprach. Die Menschen wurden sterblich, Mühsal und Krankheiten zu Bestandteilen des irdischen Lebens (vgl. Gen 2,17ff; 3,5).
Der Tod von Lebewesen ist fossil aber schon vor der Gattung Homo überliefert. Laut der fossilen Dokumentation starben unzählige Mikroben, Pilze, Tiere und Pflanzen vor den ältesten Menschen. Die ersten Menschen versagten demnach nach dem Tod unzähliger Lebewesen. Oder soll angenommen werden, die Menschen seien älter als die Ediacara-Lebenswelt ab vor etwa 579 Millionen Jahren gemäß heute favorisierter Datierung?
Zudem ist es moralisch verwerflich, die gesamte Lebenswelt dem Tod auszuliefern, weil die ersten Menschen sich über eine Vorgabe Gottes hinwegsetzten. Die Fauna, Flora und anderen Menschen sind dafür nicht verantwortlich. Jede und jeder ist für das eigenen Reden und Handeln verantwortlich. Niemand darf für ein Vergehen anderer bestraft werden. Kein Mensch ist schlecht, weil ein Elter oder Großelter etwas Böses tat. In der Genesis und einem Paulus-Brief heißt es aber, der Tod sei durch einen Menschen gekommen. Alle würden „wie in Adam sterben“ (vgl. 1 Kor 15,21f).
Im Ersten Johannesbrief wird gesagt: „Wer den Sohn hat, hat das Leben; wer den Sohn Gottes nicht hat, hat das Leben nicht“ (1 Joh 5,12). Doch schätzungsweise knapp 110 Milliarden Menschen lebten bisher auf der Erde, viele von ihnen vor Jesus. Sodann heißt es: „Wer die Sünde tut, stammt vom Teufel.“ Und: „Jeder, der von Gott stammt, tut keine Sünde, da Gottes Same in ihm bleibt. Er kann nicht sündigen, da er von Gott stammt“ (1 Joh, 3,8f). Es stammt aber kein Mensch vom Teufel und jeder Mensch sündigt. Ein Mensch ohne Sünde wäre dazu verurteilt, stets gut zu sein. Dies erkennt auch der Schreiber. Er sagt, wer meint, ohne Sünde zu sein, führt sich selbst in die Irre und stellt den Sünden vergebenden Jesus quasi als Lügner hin, und sein Wort ist nicht in ihm (vgl. 1 Joh 1,8-10).

4. Wie Gott das Universum ins Dasein geruft haben könnte
Hoch kompliziert ist die Beantwortung der Frage, wie der Ursprung des Weltalls aus christlicher Sicht abgelaufen sein könnte. Die hier vorgestellte Reflexion ist als extrem vage und rudimentär anzusehen. Fünf Aspekte werden herausgestellt:
1. Das Universum hat einen Beginn. Zwei Zitate von Jesus: Er bittet den Vater vor dem Sterben: „Vater, verherrliche du mich jetzt bei dir mit der Herrlichkeit, die ich bei dir hatte, bevor die Welt war“ (Joh 17,5). Er fügt hinzu: „Vater, ich will, dass alle, die du mir gegeben hast, dort bei mir sind, wo ich bin. Sie sollen meine Herrlichkeit sehen, die du mir gegeben hast, da du mich schon geliebt hast vor der Erschaffung der Welt“ (Joh, 17,24).
2. Die Welt verdankt ihre Existenz Gott Vater, Gottes Geist und Jesus. Zu Beginn der Genesis werden Gott und der über dem Wasser schwebende „Gottes Geist“ beim Ursprung der Welt erwähnt (vgl. Gen 1,1f). Auch der Psalmist erwähnt den von Gott ausgesandten „erschaffenden Geist“ (vgl. Ps 104,30).
Jesu Beteiligung findet sich im Johannesevangelium. Er wird als „das Wort“ bezeichnet, das am Anfang bei Gott war und Gott war (vgl. Joh 1,1f). Dann: „Alles ist durch das Wort geworden, und ohne das Wort wurde nichts, was geworden ist“ (Joh 1,3). Nachdem erneut gesagt wird, die Welt sei durch das Wort geworden (vgl. Joh 1,10), wird hinzugefügt, das Wort sei Mensch geworden, war unter ihnen und habe ihnen seine Herrlichkeit als der einzige Sohn des Vaters gezeigt (vgl. Joh 1,14). Im Kolosserbrief wird bestätigt, dass Jesus als der geliebte Sohn des Vaters und als das Ebenbild des unsichtbaren Gottes alles im Himmel und auf Erden erschaffen hat: „Alles ist durch ihn und auf ihn hin geschaffen“ (Kol 1,16). Auch laut Hebräerbrief hat Gott durch den Sohn, den er zum Erben des Alls einsetzte, die Welt erschaffen (vgl. Hebr 1,2). Die Mitwirkung Jesu beim Ursprung der Welt folgt aus der Einheit von Vater und Sohn. Es gibt auch einen indirekten Hinweis Jesu:
Jahwe teilte Mose mit, er sei der „Ich bin, der ich bin“ (vgl. Ex 3,14). Er beauftragt ihn, den Israeliten zu sagen, der „Ich-bin“, der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, habe ihn zu ihnen gesandt (vgl. Ex 3,15). Jesus sagte von sich zu Kritikern: „Noch ehe Abraham wurde, bin ich“ (Joh 8,58). Dass er das „Bin-ich“ auch für sich in Anspruch nahm, löste tiefstes Entsetzen aus. Denn er brachte damit zum Ausdruck, dass er schon vor Abraham lebte und der Name Jahwes auch für ihn gilt. Sie sahen darin eine Gotteslästerung und wollten Steine auf Jesus werfen. Er verbarg sich aber und verließ den Tempel.
3. Gott vermag alles kraft seiner Allmacht (vgl. Sir 43,14; Röm 4,17). Nichts kann ihn einschränken oder sein Wirken beenden. Sein Handeln ist anders als das der Menschen, was mit dem hebräischen Verb „bara“ herausgestellt wird, das nur für Gottes Schöpfungshandeln verwendet wird.
Jahwe stellte sich dem 99-jährigen Abraham vor: „Ich bin der Allmächtige“ (Gen 17,1). Der Psalmist lehrt: „Denn der Herr sprach, und sogleich geschah es; er gebot, und alles war da“ (Ps 33,9). Laut Jesaja kehrt das vom Herrn gesprochene Wort nicht leer zu ihm zurück, sondern bewirkt, was er will, und erreicht, wozu er es gesagt hat (vgl. Jes 55,11).
Der Engel Gabriel sagte zur Jungfrau Maria bei der Mitteilung der Empfängnis Jesu in ihrem Leib: „Für Gott ist nichts unmöglich“ (vgl. Lk 1,37). Der erwachsene Jesus äußerte ebenfalls: „Denn für Gott ist alles möglich“ (Mk 10,27). Als sichtbare Belege beendete er abrupt einen Sturm, vermehrte er wenige Brote zum Sättigen von Tausenden und ließ er Verstorbene wieder leben. Es genügte ein Befehl wie „Ich befehle dir, junger Mann: Steh auf!“ (Lk 7,14) oder „Mädchen, steh auf!“ (Lk 8,54) oder „Lazarus komm heraus!“ (Joh 11,43). Sofort waren der junge Mann aus Naïn, die Tochter des Jaïrus und Lazarus aus Betanien wieder lebendig.
4. Gott ist von Licht erfüllt. Das Gesicht des Mose strahlte nach einem vertrauten Gespräch mit dem Herrn auf dem Berg Sinai so viel Licht aus, dass die Israeliten sich fürchteten, in seiner Nähe zu sein (vgl. Ex 34,29ff). Der Psalmist jubelt: „Mein Gott, wie groß bist du! Du bist mit Hoheit und Pracht bekleidet. Du hüllst dich in Licht wie in ein Kleid“ (vgl. Ps 104,1f). Der Prophet Habakuk frohlockt: „Er leuchtet wie das Licht der Sonne, ein Kranz von Strahlen umgibt ihn, in ihnen verbirgt sich seine Macht“ (Hab 3,4).
Jesus identifiziert sich wiederholt mit dem Licht, etwa: „Ich bin das Licht, das in die Welt gekommen ist.“ Oder: „Nur noch kurze Zeit ist das Licht bei euch.“ Oder auch: „Solange ihr das Licht bei euch habt, glaubt an das Licht, damit ihr Söhne des Lichts werdet.“ (Joh 12,46,35f). Bei seiner Verklärung auf einem hohen Berg erschienen Mose und Elija in strahlendem Licht und drei Jünger sahen Jesus mit ihnen reden in strahlendem Licht. Sein Gesicht leuchtete wie die Sonne, seine Kleider waren blendend weiß (vgl. Mt 17,1ff; Lk 9,28ff). Im Ersten Johannesbrief wird von der Unterweisung Jesu gesagt: „Das ist die Botschaft, die wir von ihm gehört haben und euch verkünden: Gott ist Licht, und Finsternis ist nicht in ihm“ (1 Joh 1,5).
5. Die von Gott ins Dasein gerufene Welt entstand im Nichts aus dem Licht Gottes. Vor dem Wechsel von Tag und Nacht befahl Gott: „Es werde Licht“ (Gen 1,3). Eine Mutter tröstete ihren jüngsten Sohn vor seiner Ermordung durch einen Tyrannen: „Ich bitte dich, mein Kind, schau dir den Himmel und die Erde an; sieh alles, was es da gibt, und erkenne: Gott hat das aus dem Nichts erschaffen“ (2 Makk 7,28).
Auf Basis der fünf Aspekte könnte ein Gedankenimpuls mit wissenschaftlichen Bestandteilen zum Beginn des Universums lauten: Albert Einstein zufolge sind Energie und Masse ineinander umwandelbar. 1905 publizierte er die Gleichung, dass die Energie gleich der Masse multipliziert mit dem Quadrat der Lichtgeschwindigkeit ist. Beleg: Bei einer Atombombenexplosion durch Spaltung von Uran- oder Plutoniumkernen wird eine immense Energiemenge freigesetzt. Weitaus mehr Energie liegt beim Zünden einer Wasserstoffbombe durch fusionierende Wasserstoffkerne vor. Umgekehrt entstehen Elementarteilchen aus Lichtenergie, wenn ein Vakuum-Hohlraum mit Extremfeldstärke angeregt wird. Durch Höchstleistungslaser zur kurzfristigen Erzeugung eines extrem hochenergetischen Feldes von Trillionen Volt auf kleinstem Raum könnten Materie- und Antimaterieelementarteilchen wie Elektronen und Positronen erzeugt werden. 2021 teilte Daniel Brandenburg vom Brookhaven Laboratory mit, im Teilchenbeschleuniger seien Materie-Antimaterie-Paare in einem Schritt bei der Kollision energiereicher Photonen erzeugt worden: Paare von Elektronen und Positronen aus Licht.
Bei der Erschaffung der materiellen Welt könnte der sich in Licht hüllende Gott analog vorgegangen sein. Schon 1225 meinte der englische Naturphilosoph und Bischof Robert Grosseteste in der Schrift „De luce“, dass die Welt aus Licht bei einem explosiven Urknall entstanden sein könnte. Empirisch belegbar und nachprüfbar ist die religiöse Aussage nicht.
Die Kosmologie bietet mehr als ein Konzept zum Beginn des Universums an. Gemäß dem favorisierten Urknall-Modell entstanden Raum, Zeit und Materie aus einem Minimalpünktchen extremster Energiedichte vor ungefähr 13,8 Milliarden Jahren. Es verlief leise, da der Raum und ein Medium wie Luft zur Ausbreitung eines Geräuschs noch nicht existierten. Einem anderen Konzept zufolge könnte die kosmische Gesamtenergie im ewigen Licht-Vakuum in den Erstfluktuationen vor ungefähr 5.000 Milliarden Jahren vorgelegt haben. Gemäß einer dritten Hypothese könnte das Universum sogar von einer technologisch fortschrittlichen Zivilisation im Labor erschaffen worden sein. Sie habe die Wechselwirkungen zwischen Quantenmechanik und Schwerkraft beherrscht und sei durch eine „Theorie von allem“ in der Lage gewesen, Raum und Zeit zu manipulieren und vielleicht neue Universen zu erschaffen.
Wie beim Urknall-Modell die Werte der Gravitation, der elektromagnetischen, starken und schwachen Kraft für die spätere Entstehung der Sterne und Planeten in der ersten Millionstelsekunde zu Stande kamen, bedarf noch weiterer Forschung. Auch bei Aspekten wie der Erstentstehung subatomarer Teilchen, dem Versorgen des Weltalls mit primordialem Wasserstoff, Helium und Spurenmengen von Lithium und der Entstehung von dichten Molekülwolkenkernen und ersten Galaxien besteht noch enorm viel Forschungsbedarf.
Zum Beginn des Universums bemerkte Robert Jastrow, Gründungsdirektor des Goddard Institute for Space Studies der Nasa, 1978: „Dieses Ergebnis hat uns überrascht, da wir bisher in der Ermittlung der Ursachenkette erfolgreich gewesen waren. Nur allzu gern würden wir die Spuren noch weiter zurückverfolgen, aber es geht einfach nicht. Mit mehr Forschungsaufwand, mit mehr Zeit, mit mehr Messungen, mit einer neuen Theorie ist es einfach nicht getan. Es sieht so aus, dass wir niemals in der Lage sein werden, die Anfangsursachen hinter dem Anfang zu ermitteln. Demnach wird der Schöpfungsakt immer ein Geheimnis bleiben. Für den Naturwissenschaftler, der im Glauben an die Macht der Vernunft gelebt hat, ist diese Erkenntnis ein Albtraum. Er hat Berge der Unwissenheit bezwungen und steht vor dem höchsten übrigbleibenden Gipfel.“
Auf die Expansion des Universums wies 1927 der belgische Physiker und katholische Priester Georges Lemaître in einer Brüsseler Fachzeitschrift hin, nachdem fünf Jahre zuvor der russische Mathematiker Alexander Friedmann aus Gleichungen der Allgemeinen Realtivitätstheorie ein dynamisches Universum abgeleitet hatte, was Einstein und er in seiner Tragweite aber noch nicht erfassten. Lemaître folgerte: Ein in alle Richtungen sich ausdehnendes Universum muss früher einmal viel kleiner, anfangs sogar in einem winzigen Punkt konzentriert gewesen sein. Nach heutiger Auffassung wird dieser Prozess von der rätselhaften Dunklen Energie angetrieben.
Laut Bibel hat Gott das Universum ins Dasein gerufen. Wann, wo und wie er es tat, wird nicht mitgeteilt. Würde dazu ein Protokoll vorliegen, entstünde ein Glaubenszwang, den Gott nicht will. Eventuell wird die Expansion des Weltalls angedeutet, da zweimal gesagt wird, der Herr habe den Himmel erschaffen und „ausgespannt“ (vgl. Jes 12,5; Jer 10,12). Der Psalmist könnte die zeitlich begrenzte Existenz der Objekte im Weltall erahnt haben, indem er in einer bildhaften Ausdrucksweise schreibt: „Vorzeiten hast du der Erde Grund gelegt, die Himmel sind das Werk deiner Hände. Sie werden vergehen, du aber bleibst; sie alle zerfallen wie ein Gewand; du wechselst sie wie ein Kleid, und sie schwinden dahin“ (Ps 102, 26f).

5. Zwei eigenständige, sich nicht ergänzende Menschenbilder
Das christliche und das evolutionsbiologische Menschenbild stimmen teilweise nicht überein. Wer behauptet, zwischen biologischer Evolutions- und christlicher Schöpfungslehre bestünde eine sich ergänzende Beziehung, kennt eins der zwei Konzepte zu wenig oder erlaubt sich eine unerlaubte Grenzüberschreitung, die aus wissenschaftstheoretischer Sicht nicht zulässig ist. Dazu bemerkte der Philosph Karl Popper: „Die Sphären von Wissenschaft und Religion stören einander nicht. Jeder Konflikt zwischen ihnen rührt von einer Grenzüberschreitung, von einer Seite zur anderen.“
So stufte der Jesuit und Paläontologe Pierre Teilhard de Chardin im 1940 publizierten Hauptwerk Le Phénomène humain die Evolution als ein alle Tatsachen erleuchtendes Licht ein, dem alle zukünftigen korrekten Theorien zu entsprechen haben: „Die Evolution sollte nichts als eine Theorie, ein System, eine Hypothese sein? Keineswegs! Sie ist viel mehr! Sie ist die allgemeine Bedingung, der künftig alle Theorien, alle Hypothesen, alle Systeme entsprechen und gerecht werden müssen, sofern sie denkbar und richtig sein wollen. Ein Licht, das alle Tatsachen erleuchtet, eine Kurve, der alle Linien folgen müssen, das ist Evolution.“
Die Gregoriana-Konferenz im Vatikan setzte sich 2009 mit dem Thema Biologische Evolution – Fakten und Theorien, eine kritische Bewertung 150 Jahre nach The Origin of Species auseinander. Danach wurde Jürgen Mittelstraß als Vorsitzender des Österreichischen Wissenschaftsrates sowie Direktor des Konstanzer Wissenschaftsforums und des Zentrums Philosophie und Wissenschaftstheorie gefragt, ob die Katholische Kirche sich angesichts früherer widersprüchlicher Aussagen zur Evolutionslehre neu positioniert habe. Er entgegnete: „Papst Johannes Paul II. sagte, die Evolutionstheorie sei mehr als eine Hypothese.“ Und er ergänzte: „Die Katholische Kirche erkennt die Evolution als Fakt an, die Evolutionstheorie wird nicht in Frage gestellt.“
Papst Franziskus sagte 2014 bei der Einweihung einer Büste seines Vorgängers zu den anwesenden Kardinälen, Bischöfen, Priestern und Vertretern der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften, dass die Evolution in der Natur und die Lehre der Katholischen Kirche zum Begriff Schöpfung miteinander vereinbar seien: „Die Evolution in der Natur steht nicht im Kontrast zum Begriff Schöpfung, denn die Evolution setzt die Erschaffung der Wesen voraus, die sich entwickeln.“ Hier integreiert Franziskus eine religiöse Aussage in ein biologisches Konzept. Die Behauptung einer „Erschaffung sich entwickelnder Wesen“ gehört aber nicht in die Biologie, da sie empirisch nicht belegt und die sachliche Korrektheit nicht überprüft werden kann. Sie darf in einem Lehrbuch der Evolutionsbiologie nicht enthalten sein.
Der Genetiker, Zoologe und Evolutionsbiologe Theodosius Dobzhansky, von dem der 1973 publizierte und häufig zitierte Satz stammt, „nichts in der Biologie macht Sinn außer im Lichte der Evolution“, vertrat den religiösen Standpunkt, die Bibel lehre, dass Gott die Welt geschaffen hat. Sie teile aber nicht mit, wie er es tat. Zur Beseitigung der Wissenslücke fügte Dobzhansky hinzu, das Wie, die Schöpfungsmethode Gottes, sei die Evolution.
Eine vergleichbare Position nahm der Stuttgarter Pflanzenphysiologe Ulrich Kull ein. Er hielt 1994 fest, aus einem Aufsatz des Paläontologen Hölder im Evangelischen Gemeindeblatt für Württemberg (1994) und einem Aufsatz in der Zeitschrift Offene Kirche (1987) „sei zu ersehen, dass zwischen Evolutionstheorie und Schöpfungsglaube kein Widerspruch besteht“. Kull schrieb, der bedeutendste schwäbische Naturforscher Johannes Kepler habe es als Aufgabe der Naturwissenschaft bezeichnet, die Schöpfungsgedanken Gottes nachzudenken. Dies sei der Biologie und hier vor allem Charles Darwin und all denen, die auf seinen Schultern stehend weitergebaut haben, mit der Evolutionstheorie ein Stück weit gelungen.
Im 2022 erschienenen Buch Und Gott schuf die Evolution versucht Matthew Nelson Hill darzulegen, dass die Auseinandersetzung mit der Evolutionstheorie Christen auf dem Weg zu einem erfüllten und tugendhaften Leben unterstützen kann. Hill, ordinierter Ältester in der Freien Methodistischen Kirche und Philosophie-Dozent an der Spring Arbor University, betont: „Wenn wir die Evolution zu einem Teil unseres Weltbildes machen, kann das viel mehr bedeuten als die bloße Akzeptanz der wissenschaftlichen Erkenntnisse. Dieser Schritt hat das Potenzial, uns in dem Bemühen, ein heiliges Leben zu führen, zur Hilfe und zum Segen zu werden.“ Sein integrativer Ansatz geht so weit, dass er behauptet, Jesus sei auch ein Tier geworden: „Aber da wir Menschen gemeinsame Vorfahren mit den höherentwickelten Tieren haben, wurde Jesus nicht nur Mensch, er wurde auch ein Tier – wodurch alle Tiere etwas ganz Besonderes sind, denn Gott wurde einer von ihnen.“ Laut einleitendem Kommentar von Joel Green, Neutestamentler am Fuller Theological Seminary, wird in dem Buch aufgezeigt, dass „uns das Verstehen unserer evolutionären Natur helfen kann, Christus ähnlicher zu werden“.
Zur sich ergänzenden Beziehung ist anzumerken: Aus christlicher Sicht ist der Mensch so, wie Gott ihn wollte. Vor der Erschaffung von Raum, Zeit, Naturgesetzen und Materie wusste er schon, wie der Mensch beschaffen sein wird. Er allein ist ihm wie ein Abbild ähnlich (vgl. Gen 1,26f; Eph 1,4).
Wer diese Vorgabe mit der evolutionsbiologischen Aussage kombiniert, wonach der Mensch aus tierischen Vorfahren durch evolutive Mechanismen entstanden sei, muss annehmen, Gott habe die Zufallskomponente der Mutationen bei der Menschwerdung gelenkt. Die Evolutionsbiologie als wissenschaftliche Deutung der Fossilüberlieferung kennt aber kein den Naturprozessen übergeordnetes, den Zufall lenkendes Prinzip bzw. keine zielsetzende Instanz. Die Merkmale ausgestorbener und rezenter Lebensformen sind die Resultate naturgesetzlicher Prozesse, deren Ergebnisse vorher nicht feststanden. Ein erneuter Verlauf der Lebensgeschichte würde nach über vier Milliarden Jahren zu einer anderen Lebenswelt als der heutigen führen. Die für Menschen typische Merkmalskombination käme nicht nochmals zu Stande. Zitate zur Verdeutlichung:
Ulrich Kull charakterisierte die Mutationen: „Sie treten fortlaufend bei allen Lebewesen ein. Welcher Art sie sind, kann nicht vorhergesagt werden; nur ihre mittlere Häufigkeit kann angegeben werden. Sie sind also ihrer Natur nach für die Naturwissenschaft zufällig.“
Der Paläontologe Stephen Brusatte von der University of Edinburgh konstatierte: „Wie viele Zufälle haben im Verlauf von Jahrmillionen zur Entstehung der Vögel beigetragen! Die Evolution vermag nicht vorauszuschauen. Niemand von uns, wäre er damals dabei gewesen, hätte geahnt, was aus dem Federkleid der Dinosaurier, das zum Warmhalten und Prahlen dient, einmal werden würde. Die Evolution wirkt stets nur aus dem Augenblick heraus, mit dem gerade Vorhandenen, das vom nie verschwindenden, immerfort wechselnden Umwelt- und Wettbewerbsdruck geprägt ist.“
Der Genetiker Joseph Thornton von der University of Oregon äußerte: „Wenn wir die Zeit zurückdrehen und die Evolution von neuem starten lassen könnten, würden andere Mutationen entstehen. Das würde neue historische Pfade erschließen und andere blockieren – inklusive jenem, der in unsere Gegenwart geführt hat.“
Der Komplexitätsforscher Klaus Mainzer stellte heraus: „Auf jeder Entwicklungsstufe wären auch andere Entwicklungswege möglich gewesen. Vorbestimmt war dabei nichts. Waren es am Anfang des Universums Quantenfluktuationen, so sind es nun zufällige molekulare Veränderungen mit katalytischen Folgen, die an den instabilen Verzweigungspunkten dieser Entwicklungsbäume stattfinden.“ Er ergänzte: „Jedes Einzelereignis ist zwar kausal bestimmt, das Zusammentreffen der vielen Kausalketten aber zufällig (kontingent).“
Ben Moore, Astrophysiker und Kosmologe mit Albert-Einstein-Lehrstuhl an der Universität Zürich, bemerkte: „Einen Sinn des Lebens gibt es nicht, nein. Wir sind durch Zufall hier, wir sind hier, weil Moleküle diesen erstaunlichen Weg von Bakterien zu Elefanten hin zu Menschen eingeschlagen haben, es gibt keine Regeln, wie Moleküle sich verhalten sollen. Es ist erstaunlich, es ist großartig, dass wir hier sind, aber es steckt kein Sinn dahinter.“
Die Zitate belegen, dass Vertreter der Evolutionsbiologie die Herkunft des Menschen anders erklären, als das christliche Menschenbild es nahelegt. Aus evolutionsbiologischer Sicht sind die ältesten Einzeller, die auf der jungen Erde, einem Exoplaneten oder Mond durch experimentell noch nicht nachgewiesene Prozesse der präbiotischen Chemie aus leblosen Molekülen entstandenen sind, die Ururururururur…großeltern des Menschen, dessen Eigenschaften nicht vorhersehbar waren. Aus christlicher Sicht ist der heutige Mensch mit den ältesten Menschen verwandt, die Gott ins Dasein gerufen hat und von denen er vorab wusste, wie sie ausgestattet sein werden. Sein Plan und die spätere Gegebenheit stimmen überein.
„Wir sind nicht das zufällige und sinnlose Produkt der Evolution. Jeder von uns ist Frucht eines Gedankens Gottes“, meinte Papst Benedikt XVI. 2005. „Dagegen sind Evolutionsbiologen überzeugt, dass die Natur allein ein ebenso genialer wie blinder Uhrmacher ist“, entgegnete der Evolutionsbiologe Matthias Glaubrecht wenige Monate danach. Anlässlich des 200. Geburtstags Darwins stufte Glaubrecht 2009, seit 2014 Direktor des Centrums für Naturkunde an der Universität Hamburg, als dessen wichtigstes und folgenreichstes Verdienst ein: „Wir verdanken Darwin den Einblick in den Mechanismus der Evolution und die Erkenntnis, dass sie durch natürliche Auslese stattfindet. Damit löste Darwin die Vorstellung ab, dass es irgendeine höhere Macht gibt, die diese natürlichen Prozesse steuert. Er hat gegen den Schöpfungsglauben eine naturwissenschaftliche Erklärung gesetzt, die bis heute tragfähig ist.“ Oder so formuliert: „Seit Darwin müssen wir nicht länger glauben, dass ein allmächtiger Gott das Leben auf der Welt erschaffen hat. Nachdem bis dahin eine naturwissenschaftliche Erklärung für die Entstehung und Vielfalt des Lebens in Abrede gestellt worden war (einen ‚Newton des Grashalms’ könne es nicht geben, meinte etwa Immanuel Kant), wurde Darwin genau dies: der Newton der Biologie. Wie Newton durch seine Gravitationstheorie hat Darwin mit seiner Abstammungslehre die Natursicht revolutioniert.“
Ähnlich äußerte sich der Wiener Biologe Franz Wuketits 2009: „Darwin wollte die Entstehung der Lebewesen ausschließlich durch natürliche Faktoren erklären. Seine Zeitgenossen erschütterte dabei vor allem, dass er sich komplett vom Gedanken einer universellen Teleologie verabschiedete, also von der Vorstellung, alles Leben sei auf ein bestimmtes Ziel hin gerichtet. Im Schlusskapitel seines Hauptwerks Über die Entstehung der Arten heißt es: ‚So geht also aus dem Kampf der Natur, aus Hunger und Tod allein, das Höchste hervor, das wir uns vorstellen können – die Erzeugung immer höherer Lebewesen.’“ Wuketits weiter: „An die Stelle eines Schöpfers setzte Darwin also einen natürlichen Mechanismus. Und das tun Evolutionsbiologen bis heute.“
Der renommierte Evolutionsbiologe Richard Dawkins äußerte einmal plakativ, die angebliche Annäherung zwischen Wissenschaft und Religion sei eine „flache, leere, hohle, schönrednerische Augenwischerei“.
Demnach stimmt ein zentraler Bestandteil des evolutionsbiologischen und christlichen Menschenbildes nicht überein.
Übrigens war Darwin der Meinung, „dass das Leben mit seinen verschiedenen Kräften vom Schöpfer ursprünglich nur einigen oder einer Form eingehaucht sei“, und dass anschließend bei der Entstehung der Vielzeller ein stammesgeschichtlicher Entwicklungsprozess stattfand. Brieflich gestand er 1879: „Selbst in meinem stärksten Schwanken war ich nie ein Atheist in dem Sinne, dass ich die Existenz Gottes geleugnet hätte.“ Hinsichtlich seiner Evolutionstheorie und dem christlichen Glauben teilte er dem Missionar John Fordyce mit, dass sein Urteil oft schwanke.

6. Eine Skizze zur Geschichte der Lebewesen aus religiöser Sicht
Bildhafte Beschreibungen der Geschichte der Lebewesen enthält der erste Schöpfungsmythos der Bibel (Gen 1,1 – 2,4a). Mit Einbeziehung anderer Bibelstellen und wissenschaftlicher Erkenntnisse kann er wie folgt interpretiert werden:
a) Die Geschichte der Erde und ihrer Bewohner wird als „Sieben-Tage-Schema“ erzählt, um das göttliche Schöpfungshandeln mehreren Zeitabschnitten zuzuordnen. Gott ruft unterschiedliche Lebensformen zu verschiedenen Zeiten der Erdgeschichte ins Dasein („am dritten, fünften und sechsten Tag“).
Belege für die Korrektheit der Deutung sind symbolische Zahlen- und Zeitangaben der Bibel. So wird die Zahl 7 im Sinne von „vielmals“ verwendet: „Denn sieben Mal fällt der Gerechte und steht wieder auf“ (Spr 24,16; Mt 18,21). Oder: „Denn er ist ein Gott, der vergilt, siebenfach wird er es erstatten“ (Sir 35,13). Samuel wurde zu Isai geschickt, um einen seiner Söhne zum König über Israel zu bestimmen und zu salben. Dabei ließ Isai sieben Söhne zur Auswahl vor Samuel treten (vgl. 1 Sam 16,1ff). Jesus beantwortet dem Apostel Petrus die Frage, wie oft er verzeihen soll: „Nicht siebenmal, sondern siebenundsiebzigmal“ (Mt 18,21). Der Ausdruck „Tag“ kann auch einen längeren Zeitraum bedeuten. Der Psalmist betet: „Denn tausend Jahre sind für dich wie der Tag, der gestern vergangen ist, wie eine Wache in der Nacht“ (Ps 90,4). Das Zitat steht in einem erdgeschichtlichen Kontext, da die Entstehung des Weltalls, der Erde mit Bergen und eine Überflutung genannt werden. Ein weiterer Beleg: „Beim Herrn ist ein Tag wie tausend Jahre, und tausend Jahre sind wie ein Tag“ (2 Petr 3,8).
b) Auf der frühen Erde gab es ein Tohu-wa-bohu (vgl. Gen 1,2). Es könnte das Inferno bei der Entstehung des Mondes und das Große Bombardement zur irdischen Frühzeit gewesen sein.
c) Der die ersten sechs Tage beendende Passus „Es wurde Abend, und es wurde Morgen“ verweist auf einen Zeitraum ohne das Erzeugen neuer Lebensformen („Es wurde Abend“) und einen Zeitraum schöpferischer Aktivität („Es wurde Morgen“). Phasen göttlichen Erzeugens und Zeiten, in denen Gott auf seine Werke schaut und die Lebensformen durch Artbildungen sich entfalten lässt, lösen einander ab. So wird im Alten und Neuen Testament zur Arbeit des Menschen gesagt, sie beginne beim Aufgang der Sonne und ende am Abend (vgl. Ps 104,22f; Ri 19,16; Mt 20,1, 20,8).
d) Dass Gott zahlreiche neue Lebensformen zu verschiedenen Zeiten der Erdgeschichte durch zielgerichtetes Handeln ins Dasein rief, vermutete der Naturforscher Alcide d’Orbigny (1802-1857). Er unterteilte die Geschichte der Lebewesen in 29 Abschnitte, wobei nach jedem Sterben neue Lebensformen die Erde bewohnten. Wie oft es sich ereignete, ist Gegenstand geologischer und paläontologischer Forschung.
e) Der Verlauf der Lebensgeschichte mit mehrmaligem Auftreten neuer Lebensformen deutet vage das Handeln Gottes an. Es beinhaltet Aspekte, die mit dem Wissen biologischer Disziplinen nicht erklärt werden können. Die Wissensdefizite der evolutionsbiologischen Forschung deuten es an. So belegte noch kein Team der präbiotischen Chemie an Hand eines experimentellen Nachweises, wie die ältesten Einzeller entstanden sind. Und kein Koryphäe der Mikrobiologie präsentierte eine überzeugende Erklärung für die Entstehung des Elektrorotationsmotors mit Antriebs- und Navigationssystem des Darmakteriums Escherichia coli. Das Bakterium ist quasi eine lebendige 0,2-Volt-Batterie, die sechs Ultraminiatur-Elektromotoren mit jeweils 30 nm Länge antreibt. Mit 100 Umdrehungen nach links oder rechts kann der Einzeller sich vorwärts oder rückwärts mit etwa 20 Zelllängen pro Sekunde fortbewegen. Das Navigationssystem verleiht ihm die Fähigkeit, aktiv zu Stellen hoher Nährstoffkonzentration hinzuschwimmen oder von Schadstoffbereichen sich zu entfernen. Die Nähr- und Schadstoffe im Darm registrierenden Sensorproteine üben die gleiche Funktion wie die Millionen Riechzellen des Menschen in der Nase aus. Der Rotor des Elektromotors nutzt die im Wasserstoffionen-Gradienten zu beiden Seiten der Membran gespeicherte Energie für die Drehbewegungen wie bei einer von Menschen hergestellten Turbine.
Solange das Merkmal mit Antriebs- und Navigationssystem nicht existiert, würden die funktionslosen Vorstufen als unnötiger Ballast selektiv eliminiert werden. Zudem ist der vollständige Elektromotor bei fehlendem Navigationssystem (und umgekehrt) biologisch wertlos, so dass er durch stabilisierende Selektion beseitigt wird. Ein Erklärungskonzept fehlt auch für die Entstehung der vielgestaltigen und hochdifferenzierten Meersfauna zu Beginn des Erdaltertums mit Vertretern aller Tierstämme mit Hartteilen. Entsprechendes gilt für die neuen Lebensformen nach den Krisen und Massenaussterben, bei denen vor zirka 443 Millionen Jahren die Meeresfauna zu zwei Drittel, vor etwa 359, 201 und 66 Millionen Jahren 75 Prozent der Arten und vor zirka 252 Millionen Jahren über 90 Prozent der marinen Arten und drei von vier Arten auf dem Festland verschwanden.
Zu beachten ist: Die Wissensdefizite der Biologie dürfen nicht mit Aussagen aus dem Bereich der Religion erklärt werden. Die zwei Formen des Erkennens sind eigenständige Wege.
f) Die Lebensformen sind nicht vollkommen, sondern überlebensfähig ausgestattet. Eine vollkommene Lebenswelt wäre ein Indizienbeweis für einen göttlichen Urheber, den der die autonome Entscheidung des Einzelnen respektierende Gott nicht will. Zudem kann nur eine defizitäre Lebenswelt vom Menschen gestaltet werden.
g) Allein der Mensch ist das irdische Abbild Gottes, die einzige Lebensform mit Vernunft. Er kann als das Meisterwerk Gottes mit ihm wie mit einem vertrauten Freund reden. Aus chritlicher Sicht verdanken der Mensch und die übrigen Lebensformen ihr Lebendigsein nicht einer Eigenschaft der Materie, sondern der Lebensfülle Gottes.

Hier eine höchst provisorische und partielle Skizze zum Verlauf der Lebensgeschichte:

⇑ Zeit ⇑

  Anzahl der existierenden Lebensformen  ⇒

Skizze zum Verlauf der Geschichte der Lebewesen in Anlehnung an Alcide d’Orbigny.
In mehreren geologischen Epochen hat Gott zahlreiche neue Lebensformen mit unterschiedlichem Aufbau, vielfältigem Variations- und hohem Anpassungspotenzial ins Dasein gerufen. Danach bildeten sich durch zufällige Mutationen, Loci-spezifische Mutationsraten, epigenetische Veränderungen und phänotypische Selektion situativ passende, niedere taxonomische Kategorien wie Arten und teilweise Gattungen. Bei Krisen und Massensterben wurden die Lebensformen dezimiert. Der Fossilfundus sagt nichts über die Entstehung der Lebensformen aus, sondern präsentiert einen minimalen Teil ihrer Leichen.

Wichtige Hinweise: Die Skizze zeigt nur fünf geologische Epochen, keine Zunahme der Vielfalt bei den einzelnen Lebensformen durch Bildung neuer Arten und berücksichtigt nicht, dass über 99 Prozent der Spezies ausgestorben sind. Sie deutet das Auftreten neuer Lebensformen und das Sterben mit abnehmender Vielgestaltigkeit und Vielfalt nur an. Relevant ist, dass eine bis zu den Einzellern zurückreichende Verwandtschaft des Menschen und der übrigen vielzelligen Lebensformen nicht vorliegt. Verwandt ist der heutige Mensch mit den ausgestorbenen Menschenarten und deren Hybriden. Die Hunderassen sind mit den Wölfen, Füchsen, Kojoten, Schakalen und deren Mischlingen, nicht mit den Katzen oder den Pferden verwandt. Innerhalb der Pferdeartigen entstanden Arten wie Berg-, Steppen- und Grevy-Zebra, Wildesel, Halbesel, Kiang und das zentralasiatische Urwildpferd bzw. Przewalski-Pferd sowie fossile Spezies. Vom etwa auf Helgoland noch wachsenden Wildkohl stammen Gemüsesorten wie Blumen-, Grün-, Rosen-, Rot-, Spitz-, Zierkohl, Kohlrabi und Brokkoli ab. Dies kann mit Hilfe von Fossilien, Freilandbeobachtungen und Züchtungen belegt und durch genetische Modelle erklärt werden. Die morphologischen Übereinstimmungen bei taxonomisch weit entfernten Gruppen wie die Grabbeine des Maulwurfs und der Maulwurfsgrille, die Echo-Orientierung mittels Ultraschall der Fledermäuse und Delfine oder der Gerüststoff Chitin von Insekten, Pilzen und Algen signalisieren, dass außer den für die Lebensform spezifischen Genen und Genregulierungen auf schon Vorhandenes zurückgegriffen wurde bzw. das Gleiche mehrmals verwendet wurde.

7. Der christliche Glaube als persönliche Option mit Zukunftsperspektive
Dass Gott existiert sowie die materielle Welt und ein für irdische Menschen unsichtbares Jenseits ins Dasein gerufen hat, ist eine Aussage religiösen Glaubens, kein empirisch abgesichertes Wissen wie die Aussage, dass das Licht der Sonne den Erdentag erhellt. Es ist auch nicht empirisch belegbar, dass Jesus noch lebt. Die Dokumente des jüdischen Geschichtsschreibers Josephus Flavius und des römischen Historikers Tacitus erwähnen den irdischen Aufenthalt Jesu. Der Glaube an seine Auferstehung nach dem Sterben am Kreuz ist ein persönliches Für-wahr-Halten, kein auf Erfahrung basierendes Wissen. Biblisch ausgedrückt: „Glaube ist: Feststehen in dem, was man erhofft, Überzeugtsein von Dingen, die man nicht sieht“ (Hebr 11,1). Jesus bat die Menschen, an ihn zu glauben: „Wer an mich glaubt, wird leben, wenn er stirbt.“ Wem es nicht gelingt, kann „wenigstens seinen Werken glauben“ (vgl. Joh 11,25, 10,38).
Zudem sind die Evangelien keine Originaltexte mit präziser Wiedergabe von Aussagen Jesu, sondern Abschriften jüngerer Fragmente, von denen die ältesten aus dem zweiten Jahrhundert stammen. Der Kanon wurde im 4. Jahrhundert aus einem größeren Fundus ausgewählt. Zirka 35 Evangelien und evangelienähnliche Texte lagen bis zum 5. Jahrhundert und etwa 50 Apostelgeschichten und dutzende Apokalypsen lagen ab dem 4. Jahrhundert vor. Die meisten Vorlagen wurden als apokrüph eingestuft und verworfen. Des Weiteren weichen die Übersetzungen stellenweise deutlich voneinander ab.
Vers 10,23 im Lukasevangelium lautet in der Einheitsübersetzung der Bibel, Stuttgart 1980: „Jesus wandte sich an die Jünger und sagte zu ihnen allein: Selig sind die, deren Augen sehen, was ihr seht.“ Der gleiche Vers wird in der gemeinsamen Bibelausgabe von katholischen und evangelischen Theologen übersetzt, Stuttgart 1997: „Dann wandte sich Jesus zu seinen Jüngern, den Männern und Frauen, und sagte: ‚Ihr dürft euch freuen, dass Gott euch die Augen gab zu sehen und zu verstehen, was hier geschieht.’“ In der Einheitsübersetzung von 2016 ist die Bezeichnung „Heiland“ nicht mehr zu finden, obwohl Jesus als „der Heilende“ wirkte. Es wird dafür meistens der Ausdruck „Retter“ verwendet, was an die Hilfe Jesu beim Verhindern des Ertrinkens von Petrus im See erinnert.
Der altgriechische Ausdruck „mágoi“ für die „Magier“ (Mt 2,1), die aus dem Osten zu Jesus nach der Geburt kamen, kann auch „Astrologe, Gaukler, Wahrsager und Zauberer“ bedeuten. Im Lateinischen bezeichnet „magi“ einerseits die Mitglieder einer Priesterkaste im heutiegn Iran und andererseits „Magier, Weise, Wahrsager, Zauberer und Gaukler“. Der altgriechische Terminus „egkráteia“ (Gal 5,23) lautet in der Luther-Bibel „Keuschheit“, in der Elberfelder Bibel „Enthaltsamkeit“ und in der Einheitsübersetzung von 1980 und Hoffnung-für-alle-Bibel „Selbstbeherrschung“. Er kann auch „Mäßigkeit, Ausdauer und Abhärtung“ bedeuten. Hier trifft überspitzt formuliert das italienische Sprichwort „Traduttore, traditore“ zu: „Der Übersetzer ist ein Verräter.“ Die Bemühung, hebräische, altgriechische und lateinische Bibeltexte in die heutigen Sprachen zu übertragen, kann die Vorlagen nie exakt wiedergeben.
Ungeachtet dessen wird hier der Blick vor allem auf den in den Evangelien vorgestellten Jesus gerichtet, da er gemäß Johannesevangelium die Wahrheit zu den Menschen brachte (vgl. Joh 1,17). Um eine Basis zum Refektieren zu haben, wird analog zum Prinzip bei Gericht „In dubio pro reo“ die Bemühung der Evangelisten um eine korrekte Jesus-Biografie, das präzise Abschreiben der Textvorlagen im Verlauf mehrerer Jahrhunderte und die Zuverlässigkeit der Bibelübersetzungen nach dem Prinzip „In dubio pro deo“ angenommen.
Was Jesus laut den Evangelien unter den Menschen heraushebt: Er trug seine Lehre kompromisslos vor, entlarvte Scheinheiligkeiten, verhielt sich nicht unterwürfig gegenüber Repräsentanten religiöser und staatlicher Macht, legte keinen Wert auf Vermögen, heilte alle ihn bittenden Kranken, verbot ausnahmslos das Töten von Menschen und ließ Verstorbene wieder weiter leben. Es genügte, den Saum seines Gewandes mit Zuversicht zu berühren, und die Gesundheit war sofort wieder hergestellt (vgl. Mt 14,36). Jesus erklärte alle Speisen für rein und wusste Zukünftiges an Orten, wo er sich bei der Aussage nicht befand (vgl. Mk 7,19; Lk 19,30ff; 22,10ff). Er verließ lebend das Grab, erschien den von Gott vorherbestimmten Zeugen in verschiedener Gestalt, ging mit zwei Jüngern nach Emmaus, zeigte seine Hände und Füße mit den Wunden der Kreuzigung den Aposteln und anderen Jüngern, bat sie ihn anzufassen, da sie meinten, einen Geist zu sehen, sagte acht Tage danach zum dabei nicht angewesenen Apostel Thomas, der an seine Auferstehung nicht glaubte, die Hand auszustrecken und in seine Seitenwunde zu legen, aß ein Stück gebratenen Fisch und trank vor ihren Augen (vgl. Mk 16,12; Lk 24,35ff; Joh 20,19ff; Apg 10,41).
Zum Pharisäer Nikodemus teilte Jesus mit: „Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht zugrunde geht, sondern das ewige Leben hat“ (Joh 3,16). Er versprach Marta aus Betanien: „Jeder, der lebt und an mich glaubt, wird auf ewig nicht sterben“ (Joh 11,26). Kritische Zuhörer belehrte Jesus: „Wenn jemand an meinem Wort festhält, wird er auf ewig den Tod nicht schauen“ (Joh 8,51). Der Weg zu Gott führt über ihn: „Niemand kommt zum Vater außer durch mich“ (Joh 14,6). In Jesus wird Gott Vater gesehen: „Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen“ (Joh 14,9). Die Begründung: „Glaubt mir doch, dass ich im Vater bin und dass der Vater in mir ist!“ (Joh 14,11). Kürzer: „Ich und der Vater sind eins“ (Joh 10,30). Daraus folgt: „Wer an mich glaubt, glaubt nicht an mich, sondern an den, der mich gesandt hat“ (Joh 12,44f).
Jesus gebührt als dem göttlichen Sohn des himmlischen Vaters Ehrfurcht und Anbetung. Gerne steht er als Bruder, Freund, Kumpel und/oder Bräutigam angstfrei den Menschen hilfreich zur Seite. Vollenden in unermesslicher und immerwährender Fülle wird er jene in der himmlischen Herrlichkeit, denen es aus seiner Sicht zusteht. Sie erhalten einen nichtmateriellen und unvergänglichen Leib ohne die Defizite des irdischen Körpers (vgl. 1 Kor 15,44ff).
Der Engel Gabriel teilte der Mutter Jesu bei seiner Menschwerdung mit, ihr Sohn werde der „Sohn des Höchsten“ genannt werden. Gott, der Herr, werde seinem Sohn „den Thron seines Vaters David geben“ (vgl. Lk 1,32.38). Demnach erfüllten sich in Jesus prophetische Verheißungen zur Nachfolge Davids. Laut Jesaja werde auf der Schulter eines von Gott geschenkten Sohnes auf dem Thron Davids die Herrschaft ruhen. Er werde „wunderbarer Ratgeber, starker Gott, Vater in Ewigkeit, Fürst des Friedens“ genannt (vgl. Jes 9,5). Sacharja frohlockte: „Juble laut, Tochter Zion! Jauchze, Tochter Jerusalem! Siehe, dein König kommt zu dir. Er ist gerecht und hilft; er ist demütig und reitet auf einem Esel, auf einem Fohlen, dem Jungen einer Eselin“ (Sach 9,9).
Die Weissagung traf beim Paschafest ein. Auf einem jungen Esel sitzend zog Jesus in Jerusalem ein. Dabei breiteten viele ihre Kleider und Zweige auf der Straße aus und riefen ihm zu: „Hosanna dem Sohn Davids! Gesegnet sei er, der kommt im Namen des Herrn. Hosanna in der Höhe!“ (Mt 21,9; Mk 11,9). Der Ausruf „Sohn Davids“ ist ein indirektes Messiasbekenntnis. Auch Blinde und eine kanaanäische Frau, deren Tochter „von einem Dämon gequält wurde“, nannten Jesus bei der Bitte um Hilfe „Sohn Davids“ (vgl. Mt 9,27; 15,22; 20,30f). Durch die sitzende Körperhaltung auf einem jungen Esel zeigte Jesus, dass er ein Friedenskönig ohne irdisches Heer und Kriegswaffen ist.
Josef, der Verlobte der Mutter Jesu, war ein „Sohn Davids“ (vgl. Mt 1,20) bzw. „stammte aus dem Haus David“ (vgl. Lk 1,27). Durch die Annahme des nicht von ihm gezeugten Jesus an Sohnes Statt, worum ihn ein im Traum erschienener Engel des Herrn bat (vgl. Mt 1,20), übertrug er seine davidische Abstammung indirekt auf Jesus. Die Schreiber des Matthäusevangeliums und Römerbriefes erwähnen die direkte Verwandtschaft Jesu mit David: „Stammbaum Jesu Christi, des Sohnes Davids“ (vgl. Mt 1,1) und „Evangelium des Sohnes Gottes, der dem Fleisch nach geboren ist als Nachkomme Davids“ (vgl. Röm 1,3). Bei Matthäus wird zudem „des Sohnes Abrahams“ hinzugefügt, um vermutlich anzudeuten, dass durch Jesus wie durch Abraham „alle Geschlechter der Erde Segen erlangen“ (vgl. Gen 12,3).
In zwei frühchristlichen Schriften findet sich Jesu Nachkommenschaft von David über seine Mutter. Justinus der Märtyrer (100 – 165) sagt von Jesus in einem Dialog mit dem Juden Tryphon: „Menschensohn nun nannte er sich entweder wegen der Geburt aus der Jungfrau, die, wie gesagt, aus dem Geschlechte Davids, Jakobs, Isaaks und Abrahams war, oder weil Adam auch der Vater dieser erwähnten Männer war, von denen Maria ihr Geschlecht ableitet; denn, wie wir wissen, sind die Väter der Frauen auch Väter von den Kindern, die von den Töchtern geboren werden.“ Dabei ist er sich darüber im Klaren, dass die Abstammung in der jüdischen Kultur eigentlich patrilinear konstruiert wird. Damit auch die Väter der Mütter als Stammväter von deren Kindern gelten können, also die matrilineare Abstammung gilt, gibt er sich nach der Mitteilung viel Mühe bei ihrer Begründung.
Im um das Jahr 200 verfassten und seinerzeit beliebten „Jakobusevangelium“ wird die davidische Abstammung Mariens ebenfalls erwähnt: „Die Priester aber besprachen sich und sagten: ‚Wir wollen einen Vorhang für den Tempel des Herrn anfertigen lassen.’ Und es sprach der Priester: ‚Rufet mir unbefleckte Jungfrauen aus dem Stamme Davids!’ Und die Diener gingen hin und machten sich auf die Suche und fanden sieben Jungfrauen. Und es erinnerte sich der Priester an die kleine Maria, dass sie ja aus dem Stamme Davids war und unbefleckt war vor Gott. Und die Diener gingen hin und brachten sie.“
Die beiden Schreiber des zweiten Jahrhunderts führten die davidische Abstammung Jesu auf seine jungfräuliche Mutter zurück. Das matrilineare Prinzip bei der Herkunft eines Menschen wurde von den Juden erst allmählich nach der Zerstörung des Tempels im Jahr 70 akzeptiert. Die noch zurzeit Jesu geltende patrilineare Abstammung wurde unter anderem damit begründet, dass die Mutter zur Zeugung eines Kindes nur wenig beiträgt. Sie galt als das „Behältnis“ für den „Samen“ des Mannes, aus dem das Kind entstand. In der Antike wurde das matrilineare Prinzip unter anderem beim rechtlichen Status von Sklavenkindern angewandt, da der Nachweis des Vaters immer unsicher war („pater semper incertus est“).
Jesus selbst stellte den Titel „Davids Sohn“ in Frage. Er erinnerte im Tempel daran, dass David ihn „Herr“ und nicht seinen „Sohn“ nannte: „Denn David hat, vom Heiligen Geist erfüllt, selbst gesagt: ‚Der Herr sprach zu meinem Herrn: Setze dich mir zur Rechten, und ich lege dir meine Feinde unter die Füße‘. David selbst also nennt ihn ‚Herr‘. Wie kann er dann Davids Sohn sein?“ (Mk 12,36f).
Bevor auf die Mutter Jesu weiter eingegangen wird, sind drei biblische Termini zu erläutern: In der Bibel können Verwandte und/oder Bekannte auch als „Brüder“ oder als „Schwestern“ bezeichnet werden. So sagt Abraham zu seinem Neffen Lot: „Zwischen dir und mir, zwischen meinen und deinen Hirten soll es keinen Streit geben; wir sind doch Brüder“ (Gen 13,8). Laban fragt seinen Neffen Jakob: „Sollst du mir umsonst dienen, weil du mein Bruder bist?“ (Gen 29,15). Auch in den Evangelien (etwa Mt 13,55f; Mk 6,3) und in der Apostelgeschichte werden Nicht-Geschwister so genannt. Petrus beginnt die Rede bei der Wahl des Apostel Matthias mit „Brüder!“ (vgl. Apg 1,15). Nach dem Pfingsterlebnis spricht er die Anwesenden als „Brüder“ an. Diese nennen die Apostel „Brüder“ (vgl. Apg 2,29.37). Paulus wird von „Brüdern“ nach Cäsarea gebracht (vgl. Apg 9,30), wohin sich auch Petrus mit „einigen Brüdern aus Joppe“ begibt (vgl. Apg 10,23f). Weitere Belege sind Apg 13,26 und 15,22.
Aus der Bezeichnung „Erstgeborener“ (vgl. Lk 2,7) folgt nicht, dass die Mutter Jesu jüngere Kinder hat. Es bedeutet, dass Jesus als männliche Erstgeburt ganz Gott gehört und dem Herrn geweiht werden soll. Jeder erstgeborene Sohn war als Eigentum Gottes von den Eltern auszulösen. Zurzeit Jesu waren dazu fünf Silberschekel an den Tempel zu entrichten, was ungefähr dem Lohn von 20 Arbeitstagen entsprach. Auch beim Vieh gehörte das erstgeborene Gott (vgl. Num 3,11-13). Jesus war das einzige Kind seiner Mutter. Daher vertraute er sie bei seinem Sterben dem Apostel Johannes an. Hätte die Mutter Jesu noch andere Kinder gehabt, wären sie für die Sorge ihrer Mutter zuständig gewesen (vgl. Joh 19,26f).
Die hebräische Vokabel „alma“ bedeutet „Mädchen“ und „Jungfrau“, kann aber auch andere Bedeutungen haben. So begegnete Abrahams Verwalter der Alma Rebekka bei der Brautwerbung für Isaak (vgl. Gen 24,23). Bei der Aussetzung des kleinen Mose im Nil handelte seine Schwester als Alma (vgl. Ex 2,3-7). In den Evangelien nach Matthäus und Lukas wird die Mutter Jesu eine „Alma“ im Sinne eines heiratsfähigen Mädchens genannt. Die Schreiber der Septuaginta in altgriechischer Sprache entschieden sich bei der Übersetzung für „parthenos“, was im Deutschen „Jungfrau“ bedeutet.
Es folgen relevante Aspekte zur Zeugung Jesu. Im Lukasevangelium beginnt der Engel Gabriel den Dialog mit der Mutter Jesu: „Sei gegrüßt, du Begnadete, der Herr ist mit dir.“ Erschrocken über die Anrede überlegt sie, was es bedeuten könnte. Der Engel teilt ihr mit, dass sie bei Gott Gnade gefunden habe, einen Sohn gebären werde und ihm den Namen Jesus geben soll. Sodann fragt Maria den Engel: „Wie soll das geschehen, da ich keinen Mann erkenne?“ Der Engel antwortet: „Der Heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten. Deshalb wird auch das Kind heilig und Sohn Gottes genannt werden“ (vgl. Lk 1,28-35).
Der Dialog zwischen Maria und dem Engel belegt auf diskrete Weise, dass die Heiratsfähige sexuelle Kontakte mit einem Mann ausschließt. Eventuell hatte sie ein Gelübde sexueller Enthaltsamkeit abgelegt, da sie die Liebe zu Gott höher als die Liebe zu einem Mann einstufte. Zeitlebens wollte sie Jungfrau bleiben. Das Gelübde basiert auf einer Passage im Buch Numeri. Mose teilte den Stammeshäuptern der Israeliten als „Befehl des Herrn“ mit, Männer und Frauen dürften vor dem Herrn ein Gelübde oder einen Eid zu einer Enthaltsamkeit ablegen. Dabei gälte: Wenn ein im Haus seines Vaters lebendes Mädchen dem Herrn ein Gelübde ablegt oder sich zu einer Enthaltung verpflichtet, bleibt dies in Kraft, wenn der Vater es erfährt und dazu schweigt. Wenn die Ledige mit einer Verpflichtung vor dem Herrn heiraten will, gilt das folgende Gesetz für den Mann und seine Frau, das der Herr dem Mose aufgetragen hat: „Heiratet sie einen Mann, während sie durch ein Gelübde oder durch ein voreiliges Wort, mit dem sie sich verpflichtet hat, gebunden ist, dann bleiben die Gelübde oder die Enthaltung, zu der sie sich verpflichtet hat, in Kraft, falls ihr Mann an dem Tag, an dem er davon erfährt, dazu schweigt.“ Stimmt der Mann nicht zu, wird das Gelübde oder das voreilige Wort seiner Frau außer Kraft gesetzt, und der Herr wird es ihr erlassen (vgl. Num 30,1-17). Gemäß Aussage Mariens gegenüber dem Engel, sie erkenne keinen Mann, entschied sie sich für den jungfräulichen Lebensstand.
Dazu bemerkt der Schreiber des Buches der Weisheit, die Kinderlose werde gleich einer Mutter geehrt, wenn die Seelen ihren Lohn empfangen. Kinderlosigkeit mit Tugend stehe „in Ehren bei Gott und bei den Menschen. Ist sie zugegen, ahmt man sie nach; ist sie entschwunden, sehnt man sie herbei. In der Ewigkeit triumphiert sie, geschmückt mit dem Kranz, Siegerin im Wettstreit um einen edlen Preis“ (vgl. Weish 3,13; 4,1f).
Auf solchen Vorgaben basierend könnte Maria sich durch ein Versprechen oder Gelübde vor dem Herrn verpflichtet haben, ohne sexuellen Kontakt zu leben. Daher äußerte sie gegenüber dem Engel ihr Bedenken zu der angekündigten Geburt. Und ihr Verlobter sah ihre Einstellung als einen religiösen Wert an, den er schätzte.
Zwei andere Passagen passen ebenfalls zur göttlichen Zeugung Jesu durch den Heiligen Geist: Der Verfasser des Matthäusevangeliums verwendet im Stammbaum Jesu von Abraham bis zu Josef die Formulierung „war der Vater von“. Bei Jesus nennt er Josef, sagt aber nicht „war der Vater von Jesus“. Stattdessen sagt er von Maria: „Von ihr wurde Jesus geboren, der der Christus genannt wird“ (Mt 1,16). Laut Lukasevangelium wurde Jesus in Bezug auf seinen Vater falsch eingeschätzt. Beim öffentlichen Auftreten „hielt man ihn für den Sohn Josefs“ (vgl. Lk 3,23). Das „Halten-für“ verweist auf ein allgemeines Missverständnis.
Über Josef wird im Matthäusevangelium gesagt, dass er „gerecht“ war. Demnach wankte er nicht, da er „die Weisung seines Gottes im Herzen hatte“ (vgl. Ps 37,31). Zurzeit Jesu galt die Verlobung als ein rechtsverbindliches Heiratsversprechen. Als Josef merkte, dass seine Verlobte schwanger war, wollte er sich unauffällig von ihr trennen. Um dies zu verhindern, teilte ein Engel Josef im Traum mit, das Kind seiner Verlobten sei vom Heiligen Geist. Er soll Maria als seine Frau zu sich nehmen, sie gebäre einen Sohn, dem er den Namen „Jesus“ geben soll (vgl. Mt 1,18-21). Nun war Josef bereit, das schwangere Mädchen in seine Wohnung aufzunehmen und den Knaben als Sohn anzunehmen. Dadurch übertrug er seine davidische Abstammung indirekt auf Jesus.
Josef bewahrte seine Verlobte vor schwerem Leid. Ein Mädchen mit außerehelich zu Stande gekommener Schwangerschaft wurde als Verbrecherin eingestuft, dem die Todesstrafe drohte, wenn sein Verlobter es anklagte. Hatte eine Ledige sexuellen Kontakt mit einem Mann vor der Heirat und der spätere Gatte bemerkte es nach der Heirat, durfte sie laut Gesetz wegen der Schandtat vor die Tür des Vaterhauses gebracht werden, um von den Männern der Stadt gesteinigt zu werden, wenn der Vater des Mädchens die sexuelle Unberührtheit seiner Tochter nicht nachweisen konnte (vgl. Dtn 22,13ff).
Ohne die Intervention des Engels hätte Josef die Verlobung aufgehoben und Maria still entlassen, um sie nicht öffentlich bloß zu stellen (vgl. Mt 1,19). Hätte er als ein gerechter Mann die Schwangerschaft selbst herbeigeführt, wäre seine Reaktion anders gewesen. Sein Handeln bekundet, dass er Jesus nicht gezeugt hat (vgl. Mt 1,18-24).
Außereheliche Zeugungen galten lange als eine Schande. Erasmus von Rotterdam, Wegbereiter der Reformation und unehelicher Sohn eines Priesters, floh aus Angst vor dem Zorn seiner Eltern nach Italien, als ihm seine Geliebte die Schwangerschaft mitteilte. Später wurde ihm als einem unehelichen Mann eine akademische Laufbahn in Kirche und Staat verwehrt. Die „Schande seiner Eltern“ konnte nur durch Eintritt in ein Kloster wieder „gutgemacht“ werden. Auch Jesus wurde wegen seiner vermeintlichen Herkunft aus einer nichtehelichen Beziehung öffentlich diffamiert. Solche Personen wurden als unebenbürtig angesehen und gebrandmarkt. Zeitgenossen attackierten Jesus: „Wir stammen nicht aus einem Ehebruch, sondern wir haben nur den einen Vater: Gott“ (Joh 8,41). Juden murrten gegen Jesus, weil er behauptete, dass er vom Himmel herabgekommen sei (vgl. Joh 6,42).
Wenn Jesus als Gott und als Mensch (Gottmensch) auf der Erde lebte, hat er notwendigerweise einen göttlichen und einen menschlichen Elternteil. Der Sohn einer Frau und eines Mannes wäre ein Mensch gewesen. Wer sagt, Josef habe Jesus gezeugt, beraubt Jesus seiner Gottheit beim irdischen Aufenthalt.
Das Wesen und Handeln Gottes können die in Raum und Zeit eingebetteten Menschen mit einem materiellen Körper auf der Erde nur vage verstehen. Dazu ein Vergleich: Wenn die Regenwürmer die Menschen sehen und erkennen könnten, wären sie aus ihrer Sicht „anatomisch deformierte Regenwürmer mit törichtem Verhalten“. Denn sie setzen sich tagsüber der Trockenheit über dem Boden und der schädlichen UV-Strahlung aus und ruinieren dadurch ihre Gesundheit. Analog können die drei göttlichen Personen des einen Gottes als den Menschen übergeordnete Personen nicht authentisch erfasst werden. Könnte Gott voll und ganz verstanden werden, wäre er nicht Gott, sondern nur ein Mensch.
Naturverbundene Personen äußern bisweilen, die Erde mit einer friedlichen Menschheit werde schon fast einem Paradies gleichen. So sagte Papst Benedikt XVI. beim Blick auf die Dolomiten im Sommer 2007: „Wenn die Menschen in Frieden mit Gott und untereinander leben, ähnelt die Erde wirklich einem Paradies.“ Die Erde ist von einem paradiesähnlichen Zustand aber weit entfernt. Bereits zur Zeit der Dinosaurier wurden Tiere von Parasiten gequält. Ein fossiler Beleg ist etwa das Ei eines parasitischen Fadenwurms im Kot eines 200 Millionen Jahre alten Reptils.
Solange große Impaktoren und Strahlung aus dem Kosmos, gewaltige Vulkaneruptionen und andere Naturkatastrophen die Menschheit attackieren und auslöschen können, der Klimawandel sich verschärft, Hurrikans und Tsunamis nach heftigen Seebeben bewohnte Küstenregionen zerstören, Lawinen und herabrutschende Berghänge idyllische Gebirgsdörfer unter sich begraben, bei der Fortpflanzung brutale Rivalenkämpfe etwa unter männlichen Hirschen stattfinden und Guanakos sich gegenseitig in die Genitalien beißen, Pandemie auslösende und therapieresistente Erreger auftreten, Menschen wegen einer genetischen Vorgabe sich verstümmeln, Locked-in-Patienten bei ungetrübtem Bewusstsein sich nicht eigenständig bewegen, reden und essen können, Personen mit Cotard-Syndrom sich für tot halten, Angst einflößende Stimmen Schizophrene drangsalieren, ein Embryo sich in einem anderen entwickelt, zwei ineinander gewachsene Feten mit einem Gehirn oder vier Armen, Babys mit zwei Köpfen oder drei Händen, Säuglinge ohne Nase und Augen, mit unvollständigem Schädel, freiliegendem Gehirn und außerhalb der Brust schlagendem Herzen geboren werden, ab der Geburt zu vergreisen beginnen, Schulkinder wegen Gehirnzellenabbaus an schwerer Demenz leiden, Körperzellen zu wuchernden Krebszellen werden, jeder jederzeit leidvoll und unheilbar erkranken kann, ähnelt die Erde nicht einem Paradies.
Etliche haben wegen unerträglicher Herausforderungen vorzeitig den Aufenthalt auf der Erde beendet, sich von Gott distanziert oder eine negative Gottesvorstellung konzipiert. Andere erfuhren wegen ihres Glaubens Hass, Spott, Verleumdung und/oder Tod. Beim Blick auf einen Taubstummen sah Jesus seufzend zum Himmel (vgl. Mk 7,34). Gebete und Bitten brachte er „mit lautem Schreien und unter Tränen“ vor den ihn erhörenden Vater (vgl. Hebr 5,7). Demnach bedarf der irdische Aufenthalt der Menschen einer grundlegenden Erneuerung, die Gott allein verwirklichen kann. Die Vernunft des Menschen vermag es nicht.
Im Römerbrief wird eingestanden, dass „die gesamte Schöpfung bis zum heutigen Tag seufzt und in Geburtswehen liegt“. Sie vermittle den Eindruck, das Unvollkommene habe in ihr die Oberhand gewonnen. Sodann heißt es, sie werde „von der Sklaverei und Verlorenheit befreit werden zur Freiheit und Herrlichkeit der Kinder Gottes“ (vgl. Röm 8,19ff).
Jesus betonte, das Schöpfungswerk sei noch nicht abgeschlossen: „Mein Vater ist noch immer am Werk, und auch ich bin am Werk“ (Joh 5,17). Biblischer Prophezeiung zufolge wird Gott den jetzigen Zustand der Erde lebensfreundlicher gestalten und das Firmament erneuern (vgl. Jes 65,17; 2 Petr 3,13). Bei einer vom Dreieinen Gott verwirklichten Erneuerung der Erde und der Lebenswelt, ausgedacht vom Heiligen Geist, werden die heutigen Defizite und Übel nicht mehr bestehen. Dann werden die Menschen sich am dreiteiligen Liebesgebot orientieren: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit all deinen Gedanken.“ Und: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“ (Mt 22,37.39). An dieser Liebe „hängt das ganze Gesetz samt den Propheten“ (vgl. Mt 22,40).

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