– Eine auf biologisches Beobachtungswissen basierende Betrachtung –
Laut evolutionsbiologischer Lehre sind alle Lebewesen durch die phylogenetische Entwicklung miteinander verwandt. Sie stammen von einem gemeinsamen Vorfahren namens LUCA mit einfachem Stoffwechsel ab, der eventuell schon vor 4,2 Milliarden Jahren lebte. Dazu liegt eine evolutionistische Position vor, wenn das stammesgeschichtliche Konzept als eine Tatsache, bewiesene Theorie oder alleinberechtigte Position eingestuft wird. HIER Positionen, Lehrplanvorgaben und Appelle.
Die bisher vorliegenden Befunde biologischer Disziplinen zur Geschichte der Lebewesen auf empirischer Basis präsentieren ein anderes Bild. Dies wird an Hand von sechs hinreichend begründeten Thesen dargelegt.
1. Wie die ersten lebenden Zellen auf der jungen Erde, einem anderen Planeten oder Mond entstanden sind, wurde an Hand eines experimentellen Nachweises noch nicht erklärt. Bisher gelang es keinem Expertenteam der präbiotischen Chemie, im Labor eine lebende Zelle aus leblosen Ausgangsstoffen zu erzeugen.
Zudem konnte noch keine Fachperson der Biologie oder Medizin eine Leiche wieder lebendig machen. Eine Leiche besteht unter anderem aus organischen Molekülen, lebt aber nicht. Es gibt Zustände von Lebewesen an der Grenze des Lebendig-Seins wie 46.000 Jahre den Permafrost überdauernde Fadenwürmer, nach 24.000-jährigem Aufenthalt im Permafrost sich fortpflanzende Rädertierchen, 700 Jahre alte, keimfähige Samen der Indischen Lotusblume, Amphibien und Reptilien in der Winterstarre, Notfallpatienten mit Herzstillstand vor der Reanimation oder mit vor der Operation auf 10 Grad Celsius heruntergekühltem Körper. Der Tod ist bei ihnen aber noch nicht eingetreten. Offenbar sind Lebendig-Sein und Tot-Sein zwei separate, nicht überbrückbare Zustände. Was dem Lebendig-Sein der Lebewesen zu Grunde liegt, ist nach wie vor offen. Der Gegenstand biologischer Forschung sind die beobachtbaren Eigenschaften der Lebewesen.
Das Erbgut einer lebenden Zelle kann im Labor nachgebaut, auf ein Minimalgenom reduziert, durch existierende Gene erweitert und in eine andere lebende Zelle integriert werden. Wie ein lebendiger Einzeller mit einigen hundert Genen entstehen kann, hat noch niemand belegt. Die von Louis Pasteur 1882 geäußerte Feststellung, dass alles Lebendige aus Lebendigem entsteht („omne vivum ex vivo“), gilt bis heute.
2. Die morphologische und physiologische Komplexität von Fossilien kann der von heutigen Arten, die mit ihnen vergleichbar sind, entsprechen, kann geringer oder größer sein. In der fossilen Überlieferung wird teilweise eine größere Vielgestaltigkeit von Lebensformen und eine größere Artenfülle als in der heutigen Lebenswelt angetroffen. Ab dem frühen Erdaltertum sind komplexe Merkmale wie Facetten- und Linsenaugen fossil bekannt. Sie treten in den geologischen Schichten ohne Vorläufer auf.
Ein Erzeugnis der den komplexen Vorgang der Fotosynthese beherrschenden Cyanobakterien des Präkambriums sind die bis zu zehn Meter hohen Stromatolithen. Die Hinterlassenschaften aus fein geschichteten, kalkhaltigen Sedimentmatten ähneln Kuppeln, Rippeln auf Sandböden, verzweigten Säulen, Blätterteigprodukten oder Eierschachteln wurden eventuell bereits vor 3,7 Milliarden Jahren gebildet. Heutzutage finden Stromatlithen sich vereinzelt in kleinen Meeresarmen oder Seen und erreichen die präkambrische Formenvielfalt nicht mehr. In der irdischen Frühzeit bauten die Bakterienverbände gewaltige Riffe, die mit denen von heutigen Korallen verglichen werden können.
Die mindestens 20 Klassen fossiler Stachelhäuter wie Seeigel und Seesterne besitzen eine bilateralsymmetrische, drei- oder fünfstrahlige Anatomie. Bei den fünf heutigen Klassen findet sich nur die fünfstrahlige Symmetrie. Eine immense Artenfülle im Erdaltertum hatten die Armfüßer, Haarsterne und Seelilien. Bei den gefiederten Fossilien des Erdmittelalters werden mehr Federtypen als bei den rezenten Vögeln gefunden. Dazu zählen basal drahtartige Federn mit fädiger Spitze, abgerundete asymmetrische Federn mit schmaler Basis, in Körpernähe bandartige Konturfedern, Federn mit mehreren von der kurzen Achse beidseitig abgehenden Ästen und haarförmige Fadenfedern mit Rezeptoren an der Basis zum Registrieren der Konturfeder-Stellung.
In den Ablagerungsschichten des vor zirka 539 Millionen Jahren begonnenen Kambriums ist eine hoch verschiedengestaltige Tierwelt fossil eingebettet. Die Fossilien mit erstmals belegter Anatomie tauchen explosionsartig mit funktionsfähigen Merkmalen auf. Zur Fauna gehören Schwämme, Rippenquallen, Platt-, Priaps-, Ringel- und Eichelwürmer, Weich- und Hohltiere, Hakenrüssler, Flügelkiemer, Armfüßer, Nesseltiere, Stachelhäuter, Gliederfüßer, Mantel- und andere Chordatiere sowie kieferlose Fische als fossil älteste Vertreter der Wirbeltiere.

In den Meeren des Kambriums waren achtstrahlige Tiefseekorallen mit Biolumineszenz, die über ein Meter großen Anomalocariden und Gattungen wie Collinsium, Hallucigenia ansässig. Collinsium ciliosum hat vorne ein Paar wie Antennen und sechs Paar wie fein gefiederte Filtrierer aussehende Anhänge. Zudem besitzt es neun beklaute Beine zum Festhalten der Beute und 72 spitze Rückenstacheln, um vermutlich Feinde abzuwehren. Der Körperbau ist komplexer als der von rezenten Stummelfüßern, die am ehesten mit ihm vergleichbar sind. Beim „irren Wundertier“ Hallucigenia wurde lange diskutiert, was die Ober- und Unterseite sowie das vordere und hintere Ende sein könnten. Außergewöhnlich wirken der lang gezogene Kopf, die spitzen Anhänge auf der Unter- und Oberseite sowie die üppige Bezahnung um den Mund und im Rachen. Den ihm ähnelnden Stummelfüßern fehlen solche Zähnchen.
Die Gattung Anomalocaris hat echte Kiefer, mehrere Zahnreichen, paarige Mundwerkzeuge, einen Rumpf mit elf Lappen von dreieckiger Grundform und zwei Augen auf kurzen Stielen. Mit den Facettenaugen aus jeweils bis zu 16.700 sechseckigen Einzelaugen sah der fossile Räuber schärfer als die meisten heutigen Insekten. Mit Hilfe zweier flügelförmiger Flossen war er so exzellent manövrierfähig wie Rochen. Die zwei gegliederten Mundwerkzeuge mit dornenartigen Anhängen packten die Beute und führten sie zur Mundöffnung, die wie eine Kamerablende geöffnet werden konnte. Eventuell dienten die mit Stacheln besetzten Greifer auch als Filtrierapparat, mit dem die Nahrung aus dem Wasser wie bei Bartenwalen aufgenommen wurde. Hinsichtlich der anatomischen Komplexität kann Anomalocaris ist rezenten Krebsen, Spinnen und Insekten verglichen werden.
Eine außergewöhnlich hochgradige Grazilität kennzeichnet den bis zu knapp zwei Zentimeter großen Gliederfüßer Marrella. Aus dem schmalen Kopfschild ragen zwei Paar nach hinten gerichtete Stacheln hervor. Hinter dem Kopf folgen 24 bis 26 Körpersegmente, die jeweils ein Paar zweiästige Gliedmaßen tragen, bestehend aus einem unteren Laufbein und einem oberen Zweig, der zarte Kiemen trägt. Die fischähnliche Pikaia besaß einen inneren Achsenstab, zickzackartig angeordnete Muskeln und einen Schlund mit Kiemenspalten. Mit den paarigen Tentakeln erkundete der Meeresbewohner seine Umwelt. Sein Aussehen erinnert an das heutige Lanzettfischchen.
Eine ökologische Bedeutung wie heutige Haie und Rochen hatte im untersten Kambrium vor 538 Millionen Jahren der bis zu 30 Zentimeter große Meereswurm Timorebestia koprii, der Gliederfüßer mit Chitin-Außenskelett verzehrte und dessen Gattungsname „furchteinflößende Bestie“ bedeutet. Vermutlich stand der räuberische Wurm mit Seiten- und Schwanzflossen, ausgeprägtem Kopf und Kiefer, zwei langen Greifstacheln und Bauch-Ganglion (Verdickung mit angehäuften Nervenzellen) weit oben in der Nahrungskette. Der in Röhren am Grund von Gewässern lebende unterkambrische Ringelwurm Dannychaeta tucolus hatte Merkmale, die bei der heutigen Familie der Megalonidae angetroffen werden. Dazu zählen das spatelförmige vordere Kopfende mit verlängerten Anhängen und der breite Vorder- und lange Hinterkörper mit zweigliedrigen Fortsätzen zur Fortbewegung. Wegen ihrer hohen Komplexität werden manche kambrischen Fossilien als „Kronentiere“ eingestuft.
Die Entstehung der im mittleren und oberen Kambrium bisher über 50 entdeckten Tierklassen bzw. mehr als 1.200 Gattungen mit oft geografisch weiter Verbreitung kann mit dem Hinweis auf einen hohen Kalzium- und Sauerstoffgehalt oder ein Freiwerden von Lebensräumen bei einer Krise nicht erklärt werden. Es sind tierfreundliche Rahmenbedingungen, aber keine genetische Erklärung für die Entstehung der anatomisch hoch unterschiedlichen Tierformen. Durch Umweltveränderungen wie ein anderes Nahrungsangebot oder Aufsuchen eines neuen Biotops lässt sich lediglich die Bildung neuer Arten in Folge ihres situativen Anpassungsvermögens erklären.
Die „Kambrische Explosion“ weist auf das Sterben der fossil überlieferten Tierarten und nicht auf ihre Entstehung hin. Wann, wo und wie die einzelnen Arten vor dem untersten fossilen Beleg entstanden sind, wo und wie lange sie nach dem obersten Fossilfund noch gelebt und welche nicht eingebetteten Arten zusätzlich existiert haben, ist ungewiss. Dazu sagen die geologischen Schichten nichts aus. Fossil werden die potenziellen Vorläufer der kambrischen Fauna im Präkambrium nur in seltenen Fällen angetroffen. So wurden in 560 bis 550 Millionen Jahre alten Ablagerungen in Südaustralien Abdrücke entdeckt, die auf bis zu zirka drei Zentimeter große Fadenwürmer als Vertreter der Häutungstiere verweisen könnten. Das Gleiche gilt für die Lebenswelt des Ordoviziums nach der Krise im ausgehenden Kambrium. Zwischen den kambrischen Gattungen und den bisher im Ordovizium ausgegrabenen wie dem maximal neun Meter langen Cameroceras mit Jet-Antrieb oder dem Rückenknochenfisch Astraspis bestehen anatomische Unterschiede, die das heute belegbare Veränderungspotenzial bei der Bildung neuer Arten weit übertreffen.
Relikte einer fossil älteren Lebenswelt als die kambrische Fauna sind die nach einem Fundort in Australien benannten Ediacara-Fossilien. Lange wurde debattiert, welcher taxonomischen Großgruppe die global verbreiteten Fossilien zuzuordnen sind. Vorgeschlagen wurde die Einordnung als Flechten, Pilze, Rieseneinzeller, Zellkolonien, frühe Tierstämme oder eigene Taxa. Durch Nachweis von Cholesterin bei der Gattung Dickinsonia aus dem Weißen Meer wurden die bisher bekannten Fossilleichen 2018 als Vertreter einer Fauna eingestuft, was bei einigen Fachpersonen der Paläobiologie noch umstritten ist.

Die zum Fossilfundus gehörende Gattung Dickinsonia ähnelt einer elliptischen Scheibe mit mehreren Segmenten entlang der Mittelachse. Pteridinium simplex erinnert an den Rumpf eines Bootes mit vertikal dem Kiel entlanglaufender Scheidewand. Charnia wardi gleicht einem langen Blatt mit starker Äderung. Luftmatratzenähnliche Arten hatten variabel mit Lamellen abgesteppte Körperhüllen. Wie Farnwedel aussehende Fossilien waren bis zu zwei Meter lang und hatten Stiele zur Verankerung auf dem Meeresgrund. Yorgia waggoneri könnte sich ähnlich wie einzellige Amöben fortbewegt haben.
Typische Räuber-Beute-Beziehungen existierten vermutlich noch nicht, da fossile Belege von Verletzungen noch nicht entdeckt wurden. Daher wurde gelegentlich vom „goldenen Zeitalter mit dem friedlichen Garten von Ediacara“ gesprochen. Die Ernährung und die Fortpflanzung sind erst teilweise bekannt. Gattungen wie die den Weichtieren ähnelnde Kimberella und die an Röhrenwürmer erinnernde Calyptrina könnten vor etwa 558 Millionen Jahren Matten mit Algen und Bakterien am Meeresgrund abweidet und verdaut haben. Der Sterinstoffwechsel in ihrem Darm glich dem von heutigen wirbellosen Tieren. Und Quaestio simpsonorum mit Links-Rechts-Asymmetrie könnte sich vor 550 Millionen Jahren wie ein kleiner Staubsauger über den Meeresboden bewegt und Nährstoffe aus Kleinstlebewesen bezogen haben.
Manche Arten erhielten eventuell Moleküle durch Osmose aus dem Wasser, andere lebten als Filtrierer. Farnähnliche standen möglicherweise als Kolonie über dünne Fäden miteinander in Kontakt. Mit Hilfe der Vernetzung könnten die Individuen Nährstoffe wie manche Pflanzen über Seitentriebe mit Ablegern ausgetauscht haben. Das aus teilweise meterlangen Fäden bestehende Geflecht könnte auch zur asexuellen Vermehrung gedient haben. Zudem könnte Fortpflanzung durch Knospung stattgefunden haben. Funisia mit dicht angeordneten Röhren und laichartigen Gebilden pflanzte sich möglicherweise sexuell und asexuell fort.
Die Vorfahren der bisher in Australien, Namibia, Südafrika, Kanada und Russland entdeckten Ediacara-Lebenswelt werden noch gesucht. Sie taucht fossil abrupt auf und ist im Kambrium nicht mehr überliefert. Davor endete die globale Gletscherepoche. Vor 720 bis 635 Millionen Jahren glich nahezu die gesamte Erde mit zugefrorenen Meeren einem Schneeball oder einer Schneematschkugel. Eine weitere Eiszeit attackierte die Erdbewohner vor etwa 581 bis 580 Millionen Jahren. Wie unter dieser Rahmenbedingung die verschiedengestaltigen Gattungen und Familien entstehen konnten, bedarf noch einer überzeugenden Erklärung. Der Hinweis auf einen höheren Sauerstoffgehalt durch starke Algenvermehrung in Folge einer größeren Mineralstoffmenge nennt eine für Tiere günstige Rahmenbedingung, ist aber keine Erklärung mit Ursache-Wirkung-Beziehung. Und die Behauptung eines „entfesselnden Schubes durch ein global extremes Klima“ oder eines Anfangs von bis heute mysteriösen Kreaturen durch „evolutionäre Kreativität“ übertüncht fehlendes genetisches Wissen oder vermenschlicht den angenommenen Prozess einer phylogenetischen Entwicklung.
Wiederholt zeigt sich bei den Fossilien in den Sedimenten der Ediacara-Epoche ein rascher Aufstieg und Niedergang von unterschiedlichen Gruppen. Zweimal war die Lebenswelt einer hohen Auslöschungsrate ausgesetzt, vor zirka 551 und vor 542 bis 539 Millionen Jahren. In einer Studie von 2024 wurde das doppelte Aussterben gegen Ende des Präkambriums sogar als das erste erdgeschichtliche Massenaussterben eingestuft. Von daher könnten sechs und nicht fünf fossile Massenaussterben stattgefunden haben.
Einige Fachpersonen sehen auch die Krise im Karbon am Ende des Serpukhoviums vor 325 Millionen Jahren in Anbetracht der ökologischen Auswirkungen als ein Massenaussterben an, so dass sieben vorliegen könnten. Als weiteres Massenaussterben könnte ein anthropogenes sich heute ereignen.
Ein evolutionsbiologischer Nachweisversuch der phylogenetischen Entwicklung während der Geschichte der Lebewesen lautet: Wären Vertreter aller schätzungsweise 500 Millionen bis eine Milliarde bisherigen Arten fossil überliefert, könnte die phylogenetische Entwicklung über zahlreiche Zwischenformen belegt werden. Da aber nur ungefähr 350.000 fossile Arten bislang bekannt sind, tauchen die unterschiedlichen Baupläne in der Regel unvermittelt auf. Dies überzeugt nicht, da die zu belegende phylogenetische Entwicklung vorausgesetzt und nicht argumentativ abgesichert wird.
Die Merkmale der fossilen Arten liegen beim erstmaligen Auftreten in fertiger Ausführung vor, was die folgende Zeichnung der kambrischen Fauna von John Sibbick demonstriert. Es würde vermutlich keine Fachperson die Tiere als primitiv oder mit noch in der Entwicklung befindlichen Merkmalen einstufen, wenn sie in den heutigen Meeren beheimatet wären.

Das Konzept einer phylogenetischen Entwicklung über zahlreiche Zwischenformen wird auf empirischer Betrachtungsebene beispielsweise dadurch in Frage gestellt, dass die anatomisch komplexen und physiologisch hoch leistungsfähigen Facetten- und Linsenaugen bereits am Beginn der fossilen Augenüberlieferung im Unterkambrium vorliegen. Vorstufen der beiden Augentypen wurden fossil noch nicht entdeckt.
Frappierend ähnlich mit den Facettenaugen rezenter Gliederfüßer sind die fossilen Sehorgane unterkambrischer Trilobiten. Holmia kjerulfi sah mit den dicht gepackten Einzelaugen die Umgebung so scharf wie heutige Bienen. Auch die Augenleistung von Schmidtiellus reetae ähnelte der von heutigen Insekten. Pigmente schirmten die etwa 100 aus einem zentralen Lichtleiterstäbchen und sieben peripheren Sinneszellen bestehenden Einzelaugen voneinander ab. Ein spezieller Bautyp kompensierte die fehlende Linse. Das zentrale Sehstäbchen wandelte die Lichtsignale in elektrische Impulse um, die vom Nervensystem verarbeitet wurden. Wie heutige Insekten sah der Trilobit die verschiedenen Helligkeitsverteilungen im Umfeld. Laut Untersuchungsteam zeigt das fossile Facettenauge „eine elegante physikalische Lösung, wie man ein Qualitätsbild moderner Art entwickeln kann“. An Insekten erinnert auch das auf der Stirnmitte zwischen den zwei Facettenaugen platzierte Medianauge, das vermutlich unter einer dünnen, lichtdurchlässigen Außenschicht lag.
Vergleichbares lieferte die Analyse des Facettenauges des ungeföhr 429 Millionen Jahre alten Trilobiten Aulacopleura koninckii aus dem Silur. Auch hier schirmten Pigmente die circa 200 Einzelaugen voneinander ab. Jedes hatte acht um das zentrale Lichtleiterstäbchen gruppierte Sinneszellen. Oberhalb der lang gestreckten Sehzelle befand sich der lichtbrechende Kristallkegel, darüber die hauptsächlich aus Kalzit bestehende Linse, die die Lichtstrahlen zum zentralen Lichtleiterstäbchen lenkte. Außen war eine lidartige Schicht zum Abschatten des einfallenden Lichts und Stabilisieren des Auges positioniert. Der Aufbau und die Funktionsweise des Facettenauges ähnelten dem von rezenten Bienen und tagaktiven Krebstieren, so dass die Autoren von „einer modernen Art des Komplexauges“ sprachen.
Der fossile Nachweis hochauflösender Facettenaugen ab dem unteren Kambrium mit der gleichen Funktionsweise wie bei heutigen Gliederfüßern entspricht nicht der Erwartung aus evolutionsbiologischer Sicht. Ein anatomisch und physiologisch komplexer Augentyp tritt zu Beginn der fossilen Überlieferung voll funktionsfähig auf und sein Grundaufbau wird bis heute angetroffen. Damit sieht eine Stubenfliege mit ihren Tausenden Einzelaugen 200 Bilder pro Sekunde, während der Mensch nur 16 bis 18 Einzelbilder in jeder Sekunde wahrnimmt.
Zu den fossil ältesten Tieren mit Linsenaugen zählen die kieferlosen Fische Myllokunmingia fengjiaoa und Haikouichthys ercaicunensis aus 530 Millionen Jahre alten unterkambrischen Schichten. Eine kontinuierliche Entstehung des Linsenauges wurde fossil noch nicht nachgewiesen. Heutige Lebewesen mit Linsenaugen sind die Würfelqualle Tripedalia cystophora, die Große Pilgermuschel, die Tintenfische, manche Schnecken und Ringelwürmer, die Wirbeltiere und der Mensch.
Die nur ein Zentimeter große Würfelqualle Tripedalia cystophora hat an den Körperecken vier Sinneskörper mit jeweils vier Pigmentbecher- und zwei Linsenaugen. Der Brechungsindex der Linse sinkt kontinuierlich von innen nach außen, um Abbildungsfehler zu vermeiden. Die Pupille passt sich an verschiedene Lichtverhältnisse an. Wie die Verarbeitung optischer Reize durch einfache Nervenstränge funktioniert, wird noch erforscht.
Bei der zu den Kammmuscheln zählenden Großen Pilgermuschel befinden sich bis zu 200 ein Millimeter große Linsenaugen am Mantelrand. Jedes besteht aus einer Hornhaut, einer doppelschichtigen Netzhaut und einem dahinter positionierten Reflektorspiegel. Die vordere Schicht der Netzhaut dient primär der Wahrnehmung von Objekten unterhalb, die hintere dem Erfassen des Umfeldes oberhalb der Muschel. Der Reflektorspiegel besteht aus bis zu 30 übereinander liegenden Schichten aus flächig angeordneten, quadratischen Guaninkristallen. Ihre Kantenlänge beträgt etwa 1,23 μm und ihre Dicke durchschnittlich 74 nm. Der Hohlspiegel reflektiert Grün- und Blaulichtanteile auf die Brennpunkte der Netzhautschichten. Wie der Linsenaugetyp entstanden ist, gehört ebenfalls noch zu den Rätseln der Evolutionsbiologie.
Beim Linsenauge der Säugetiere wird das auf die vordere Netzhaut gelangende Licht von röhrenartigen Zellfortsätzen spezieller Glia-Zellen bis zu 99 Prozent zu den Lichtsinneszellen der hinteren Netzhaut geleitet. Die lang gestreckten, parallel zum Lichteinfall verlaufenden Zellfortsätze werden auf dem Weg zu den Stäbchen und Zapfen kontinuierlich enger. Fast jedes Lichtteilchen wird aufgefangen und ohne nennenswerte Abschwächung und Streuung zu den Lichtsinneszellen geleitet. In der Regel wird jede für das farbliche und scharfe Sehen bei Tag zuständige Zapfenzelle von einem Zellfortsatz mit Photonen versorgt. Bei Dunkelheit leitet ein Zellfortsatz die Lichtteilchen zu etwa zehn Stäbchenzellen.
Wie der zelluläre Photonentransport durch die Netzhaut entstanden ist und während der Ontogenese durch vielfach vernetzte Interaktionen zu Stande kommt, bedarf noch einer Erklärung. Bevor Sehen mit hoher Abbildungsschärfe funktioniert, läuft während der Embryonal- und Fetalentwicklung auf genetischer, epigenetischer, molekularer, zellulärer, histologischer und organischer Ebene eine komplizierte Kaskade von Prozessen ab. Die Wahrnehmung überlebensrelevanter Umweltreize mittels Linsenauge ist nur möglich, wenn alle Schritte reibungslos ablaufen und die Komponenten an der benötigten Stelle platziert sind. Wie auf den späteren Aufbau und das zukünftige Funktionieren nicht ausgerichtete Mutationen dies zu Stande bringen können, hat noch niemand mit genetischen und epigenetischen Argumenten erklärt.
3. Morphologische Stillstände im Grundaufbau ab dem erstmaligen fossilen Auftauchen bis zum Aussterben oder heute durchziehen die fossile Überlieferung. Bei der Bildung neuer Arten bleibt der Grundaufbau der einzelnen Lebensformen erhalten. Die evolutionsbiologische Behauptung, es handle sich bei den Abermillionen von Jahren bestehenden Stabilitäten um wenige Ausnahmen, wird durch die Fülle der Aufbaustillstände widerlegt.
Der innere und äußere Aufbau der kugelförmigen Grünalgengattung Codium ist fossil nahezu unverändert bei einem mindestens 541 Millionen Jahre alten Fund überliefert. Kiemenfüßer, Ruderfußkrebse und Cephalocaridae in 520 Millionen Jahre alten Schichten der chinesischen Provinz Yunnan sehen wie die heutigen aus. Die etwa 0,25 Millimeter großen Krebslarven von Wujicaris muelleri bewegten sich mit den Beinchen wie rezente bei der Nahrungssuche fort. Eine vor 520 Millionen Jahren in der Yulanshan-Formation fossil konservierte Gliederfüßer-Larve besaß die inneren Organe rezenter Gliederfüßer wie verschiedene Gehirnregionen, ein Nervensystem, Verdauungsdrüsen und ein effizientes Kreislaufsystem mit Hämolymphe, die dem Blut der Wirbeltiere entspricht. Rippenquallen mit heutiger Anatomie wurden vor 518 Millionen Jahren mit Tentakeln in Qingjiang eingebettet. Frei schwimmende Quallen mit glockenförmigem, bis zu 20 Zentimeter hohem und zirka acht Zentimeter breitem Schirm zur Fortbewegung und mehr als 90 fingerartigen Tentakeln zum Fangen von größeren Beutetieren besiedelten die Meere vor 505 Millionen Jahren, worauf Fossilfunde im Burgess-Schiefer verweisen. In der Mitte unterhalb des Schirms befand sich wie bei rezenten Quallen der längliche Magenstiel mit der Mundöffnung am unteren Ende.
Perlboote der Gattung Nautilus haben über 500 Millionen Jahre die Anatomie mit einem spiralförmigen Panzer als Schutz vor Beutegreifern und dem zerstörerischen Druck in der Tiefsee weitgehend beibehalten. Das Gas in der hinteren Schale diente vermutlich wie heute als Auftrieb beim Manövrieren wie bei einem U-Boot. Kaum verändert seit damals haben sich auch die zu den Wirbeltieren zählenden aalähnlichen Neunaugen mit knorpeligem Innenskelett, flossenartigem Saum am Rücken und Schwanz und Körperöffnungen auf jeder Seite für Nasenloch, Auge und sieben Kiemenlöcher. Die zwei Hirnareale ähneln hinsichtlich der Lage, des Aufbaus und der Verbindungen mit tieferen Hirnbereichen dem Gehirn von Säugetieren. Ein Areal erhält vom Thalamus die Informationen des Auges, das andere die des Kopfes und übrigen Körpers. Der fossil seit ungefähr 500 Millionen Jahren bekannte Große Linsenkrebs wurde 2021 lebend im Nationalpark Donau-Auen in Österreich entdeckt. Ein einigen heute zum Verwechseln ähnliches Manteltier ist in der 500 Millionen Jahre alten Marjum-Formation in Utha überliefert und erhielt wegen der großen paarigen Siphons und des sackartigen Körperbaus den Artnamen Megasiphon thylakos.
Die in ihrer Körperform deutlich unterscheidbaren Seelilien, Schlangenstern, Seewalzen und anderen Stachelhäuter besiedeln die Meere mit heutigem Aussehen seit über 480 Millionen Jahren. Vor mindestens 450 Millionen Jahren brütete der Muschelkrebs Luprisca incuba seine Eier aus und kümmerte sich wie heutige um die geschlüpften Jungtiere. Pfeilschwanzkrebse in 440 Millionen Jahre alten Silur-Schichten und im fränkischen Jura gleichen rezenten mit zweiteiligem Körper und Komplexaugen aus etwa tausend Einzelaugen. Ältere Fossilien der ab dem Silur eine Hochphase erlebenden Pfeilschwanzkrebse sind bereits aus dem Kambrium bekannt. Das blaue Blut der vier heutigen Arten wird wegen einer antibakteriellen Substanz kommerziell genutzt. Kaum verändert haben sich auch das Atmungs- und Kreislaufsystem des Skorpions Parioscorpio venator aus der 437 Millionen Jahre alten Waukesha-Lagerstätte in Wisconsin. Zwei Fossilexemplare haben ähnliche Vorderbeinklauen und die gleiche Giftblase im hinteren Körperteil wie rezente Skorpione zur Verteidigung und Beutejagd.
Männliche Muschelkrebse der Art Colymbosathon ecplecticos zeigen seit etwa 425 Millionen Jahren anatomischen Stillstand bis in die Weichteile. Die gleichaltrige Asselspinne Haliestes dasos ähnelte der rezenten Nymphon gracile. Vor 410 Millionen Jahren kleideten Spinnen ihre Höhle mit einer seidenen Falle wie heutige Gliederspinnen aus. 400 Millionen Jahre alte Weberknechtfossilien der schottischen Lagerstätte Rhynie Chert haben das Atmungssystem und die Geschlechtsorgane von heutigen. Die Art Eophalangium sheari wird in der Nähe bis heute angetroffen. Die fossil ältesten Quastenflosser aus dem Devon vor 400 Millionen Jahren ähneln den rezenten.
Vor Costa Rica in 6.000 Meter Tiefe leben Urmützenschnecken seit über 380 Millionen Jahren. Die Garnele Aciculopoda mapesi aus 360 Millionen Jahre alten Schieferschichten Oklahomas gleicht heutigen bis in die Muskelstränge im Hinterleib. Eine im Bundesstaat New York entdeckte Schweifspinne wickelte ihre Eier auch vor 350 Millionen Jahren mit Seidengeflechten ein. Gleichaltrige Moosfossilien lassen sich teilweise heutigen Arten zuordnen. Die Panzerplatten und Stacheln rezenter Käferschnecken finden sich bei 335 Millionen Jahre alten Fossilien aus Indiana. Weberknechte mit den heutigen Mundwerkzeugen, Krallen und Beinspitzen wurden vor 305 Millionen Jahren in einem französischen Steinkohlenwald eingebettet. Sie ähneln einerseits europäischen Vertretern mit rundem Körper und dünnen Langbeinen und andererseits stacheligen in Nordamerika.
Tropische Geißel- und Kapuzenspinnen mit dem Aussehen von rezenten wurden vor 300 Millionen Jahren fossilisiert. Gleichaltrige Eintags- und Florfliegen und andere Netzflügler sehen wie heutige aus. Die Leistung des Flugmechanismus von damaligen Libellen entsprach der von heutigen. Feenkrebse filterten Kleinplankton in Süßgewässern heraus. Ginkgobäume der rezenten Gattung Trichopitys sind in knapp 300 Millionen Jahre alten Schichten eingebettet. 170 und 56 Millionen Jahre alte Funde ähneln heutigen Arten wie Ginkgo yimaensis und Ginkgo adiantoides. Mimikry zum Täuschen von Fressfeinden findet sich vor 270 Millionen Jahren bei den Flügeln des Insekts Permotettigonia gallica. Wie rezente Laubheuschrecken ahmte es die Mittelader und die waagerechten Seitenadern von Blättern nach. In der Karibik schwamm damals der knochenhechtähnliche Manjuari. Dem Tag-Nacht-Rhythmus folgende Faltblätter besaß vor zirka 259 bis 252 Millionen Jahren die Nacktsamige Blütenpflanze Gigantonoclea. Ein Triops-Blattfußkrebs mit über 60 Beinpaaren im 220 Millionen Jahre alten fränkischen Keuper überlebte seither weitgehend unverändert. In einem gleichaltrigen Bernsteinarchiv aus der Region der Stadt Cortina d’Ampezzo in Italien sind Lebewesen eines küstennahen Koniferenwaldes mit den innerzellulären Strukturen eingeschlossen. Einige ähneln rezenten Gattungen. Sie gehörten zu einer Lebensgemeinschaft mit Bakterien und Grünalgen als Produzenten, Wimperntierchen und Amöben als Konsumenten und Pilzen als Destruenten.
In 201 Millionen Jahre alten Schichten aus Schandelah in Niedersachsen finden sich Bruchstücke von Beinen, Körper- und Flügelschuppen von Schmetterlingen und Motten mit Saugrüssel und anderen Insekten. Teilweise ähneln sie heutigen Glossata. Von nacktsamigen Pflanzen erhielten sie Nektar. Etwa 200 Millionen Jahre alte Schaben und ein gleichaltriges Fossil der neuseeländischen Langfühlerschrecke Riesenweta gleichen heutigen. Auch damals legten die Störe die Eier in oberen Flussregionen ab. Affenbäume wuchsen vor 190 Millionen Jahren im heutigen Patagonien, als die Anden noch nicht existierten. Belege sind fossile Zapfen mit Samen. Zu der Zeit existierte auch das Ontogenese-Muster des Unterkiefers und der Skelettanatomie der Brückenechse. Ein 180 Millionen Jahre altes Königsfarnfossil aus Schweden ähnelt rezenten bis in die Zellorganellen und Zellteilungsphasen.
Eine 165 Millionen Jahre alte fossile Spinne aus der Inneren Mongolei stimmte mit der rezenten Gattung Plectreurys so stark überein, dass sie Eoplectreurys genannt wurde. In der Region flog damals die Florfliegenart Lichenipolystoechotes angustimaculatus. Ihr netzartiges Flügeladermuster ähnelte der dortigen Flechte Daohugouthallu, so dass Fressfeinde die auf der Flechte sitzende Fliege kaum wahrnahmen. Kaum verändert seit diesem Zeitpunkt hat sich auch der Grundaufbau des heute in Höhenlagen im Himalaya ansässigen und vom Aussterben bedrohten Takakia-Mooses. Brutpflege findet sich vor 163 Millionen Jahren bei der fossilen Wasserwanze Karataviella popovi. Die Weibchen klebten dicht gepackte Eiergebilde an ihr linkes Bein. Mindestens 161 Millionen Jahre existiert die mit drastischen anatomischen und physiologischen Änderungen verbundene Metamorphose, deren Ursprung noch rätselhaft ist. Ein fossiler Beleg ist eine 16 Zentimeter lange Kaulquappe der Froschspezies Notobatrachus degiustoi mit dem gleichen Filtermechanismus bei der Aufnahme von Nahrungspartikeln wie bei den rezenten Fröschen. Heutige Knochenhechte ähneln Fossilfunden, die auf bis zu 157 Millionen Jahre datiert werden.
Meerengel sind rochenähnliche Haie. Ein Fossil von Pseudorhina acanthoderma aus dem im Oberjura vor zirka 150 Millionen entstandenen Nusplinger Plattenkalk hat den abgeflachten Körperbau von heutigen. Rezente Käfer der Gattung Zetraphalerus und die Wollemi-Kiefer ähneln Fossilien in 150 Millionen Jahre alten Schichten. Korallen mit der Formenvielfalt von heutigen lebten vor 140 Millionen Jahren in der Schwäbischen Alb. Ein Spinnenfaden der 130 Millionen Jahre alten Lagerstätte bei Jezzine im Libanon stimmt im Durchmesser, in der Länge sowie Dichte und Verteilung der 38 Klebstofftröpfchen mit der Spinnenseide rezenter Webspinnen überein. Die Termitengattung Mastotermes war damals global verbreitet. In Bernsteinen aus dem Libanon sind ein Exemplar der rezenten Rüsselkäfergruppe Nemonychidae und frisch geschlüpfte Florfliegenlarven eingeschlossen. An manchen Eihüllen haften noch die Ei-Schlitzer zum leichteren Schlüpfen der Larven.
Etwa 130 Millionen Jahre alte Mammutbäume und 125 Millionen Jahre alte Koboldhaie sehen wie rezente aus. In zirka 115 Millionen Jahre alten Bernsteinen aus Alava in Spanien werden der heutigen Art Mesozygiella dunlopi ähnelnde Radnetzspinnen angetroffen. Die gleichaltrige, bis in einzelne Zellen erhaltene Lilienart Cratolirion bognerianum zeigt beim faserigen Wurzelsystem, den parallelnervig schmalen Blättern mit Blattscheide und der dreizähligen Blüte die Merkmale der heutigen Lilien. Zusätzlich hat die fossile Lilie eine Dolde als Blütenstand. Den Habitus einkeimblättriger Pflanzen gab es daher auch in der Kreide. Des Weiteren wurden im Nordosten Brasiliens gleichaltrige Relikte von Seerosen, Aronstäben und anderen zweikeimblättrigen Blütenpflanzen gefunden.
Hunderte Fragmente in Bohrkernen von 114 Millionen Jahre alten Nordatlantikschichten lassen sich heutigen Schlangensternen zuordnen. Der in indischen Gewässern beheimatete Gestreifte Buntbarsch existiert seit über 100 Millionen Jahren. Wasserläufer in 100 Millionen Jahre altem Bernstein aus Peñacerrada in Nordspanien glitten wie heutige über Gewässer. In gleichaltrigem Bernstein aus Myanmar sind Fruchtkörper der Schleimpilzgattung Stemonitis und eine parasitäre Fächerflüglerlarve mit heutigem Aussehen eingeschlossen. Ein Muschelkrebs erzeugte damals einen Knäuel von in Harz konservierten Riesenspermien, dessen heutige Weibchen die Spermien in einer Tasche tragen. Lamellenpilze wuchsen vor mindestens 99 Millionen Jahren auf Bäumen. Hütchen in burmesischem Bernstein ähneln denen der rezenten Art Palaeoagaracites antiquus. Damals gelangten in Myanmar eine Schildzecke, eine lebendgebärende Schnecke mit fünf Jungtieren nach der Geburt und zwei Tausendfüßer in den Harz von Bäumen. Die Tausendfüßer besitzen die typischen Merkmale wie den birnenförmigen Kopf und die siebengliedrigen Antennen von heutigen. Zur Fauna in Myanmar zählten auch ein Federleuchtkäfer und ein Glühwürmchen, dessen Leuchtorgan bei der Bauchspitze dem von rezenten, Licht erzeugenden Leuchtkäfern glich. Mit Hilfe des Leuchtens können die zwei Geschlechter zusammenfinden.
Die zu den Nacktsamern zählenden Palmfarne ließen sich in Australien vor zirka 99 Millionen Jahren von Käfern bestäuben. In Burma wurde ein zur Familie der Boganiidae gehörender Käfer der Art Cretoparacucujus cycadophilus mit Pollen von Palmfarnen in Bernstein konserviert. Offenbar lag die clevere Fortpflanzung der zweihäusigen Pflanze mit männlichen Blüten zum Anlocken gefräßiger Käfer und Pheromone aussendenden weiblichen Blüten in der Kreide vor. Die vier Millimeter große Stachelkäferart Angimordella burmitina könnte eine bedecktsamige Pflanze der Klasse Rosopsida mit hochentwickelten dreifurchigen Pollen bestäubt haben. Beinanhänge eines Käfers in Baumharz aus Myanmar belegen den Transport goldfarbener Pollen wie bei heutigen Bienen. Eine Arbeiterin der rezenten Ameisenart Sphecomyrma freyi befindet sich in 92 Millionen Jahre altem Bernstein aus New Jersey. Die heutigen Knochenhechte haben fossile Vorfahren mit gleichem Aussehen ebenfalls in der oberen Kreide.
Heuschrecken flogen vor 55 Millionen Jahren wie heute mit 7 kHz zirpend über Meere und Seen. Weibliche Gnitzen, kleine stechende Mücken, bilden Sexuallockstoffe in Zerstäubern am Hinterleib. Eine Gnitze in 54 Millionen Jahre altem indischem Bernstein besitzt an den Vorderflügeln blasenförmige Täschchen mit randständigen Härchen zum Zerstäuben der dortigen Pheromone beim Fliegen. Den etwa 4.000 rezenten Arten fehlt der Mechanismus zum Anlocken weit entfernter Männchen.
Die ältesten Fledermausfossilien mit dem typischen Echoortungsapparat heutiger sind in etwa 52 Millionen Jahre alten Sedimenten eingebettet. Mit Echoscans nahmen sie Abstand, Umriss, Größe und Beschaffenheit von fliegenden Insekten wahr. Laut Proteinvergleich heutiger Fledermausfamilien entstand die Echoortung mit Ultraschall zweimal unabhängig voneinander, was eine Erklärung vehement erschwert. Würde die in den 1960er Jahren in Wyoming entdeckte Art Icaronycteris index noch heute leben, wäre sie von rezenten Fledermäusen kaum zu unterscheiden. Die Schulterblätter, das Brustbein, der Brustkorb, die Hinterextremitäten und die Proportionen der Gliedmaßen ähneln den heutigen. Die für Insektenfresser typischen Zähne lagen ebenfalls vor.
Die gleichaltrige Onychonycteris finneyi hat Krallen an allen Fingern zum Klettern. Sie hing an Ästen mit dem Kopf nach unten wie heutige Fledermäuse, die eine Kralle am Daumen haben. Die Zähne der Krallenfledermaus passen zu einem Insektenjäger. Dabei setzte er auch den Geruchsinn und die Augen ein. Die zur Echolokation benötigten Knochen lagen laut computertomografischer Untersuchung vor. Flügelskelett, Brustkorb und Schwanz legen einen Langstreckenflieger mit einer den Flug stabilisierenden Membran zwischen den Zehen nahe. Die Fledermausfossilien aus Europa, Nordamerika, Nordafrika, Indien und Australien lassen sich größtenteils den zirka 20 heutigen Familien zuordnen. Ohne Vorläufer tauchen sie auf. Von auf vier Füßen laufenden Säugetieren lassen sie sich nicht ableiten. Bei heutigen Fledermäusen wird beim akrobatischen Flug die Erregung 1000 Mal schneller als beim Menschen weitergeleitet. Die Schärfe ihres Bildes entspricht dem von tagaktiven Tieren.
Eine vor 50 Millionen Jahren im Eckfelder Maar eingebettete Honigbiene ähnelt heutigen samt den gesammelten Pollen. Zahlreiche in Bernstein eingeschlossene Bienen ähneln rezenten. Auch damalige Asseln, Blattläuse, Rindenwanzen und Käfer der Familie Cupedidae sehen wie heutige aus. Eine Riesenkrabbenspinne in 49 bis 44 Millionen Jahre altem Bernstein besitzt die Kieferklauen, Zähnchen, Gelenke, Augen und Beinhärchen der Art Euspanassus crassipes. Das 47 Millionen Jahre alte Wandelnde Blatt Eophyllium messelensis aus der Grube Messel gleicht heute in Südostasien vorkommenden Blattinsekten mit einer Mulde zum Einziehen des Kopfes, deren verbreiterter Hinterleib Blütenpflanzen ähnelt. Eine Fleischfressende Pflanze in Bernstein bei Kaliningrad gleicht der Gattung Roridila in Südafrika mit klebrigen Tentakeln zum Beutefang. Wanzen in der Taupflanze fraßen die Kerbtiere und versorgten sie mit dem nährstoffreichen Kot.
Eine Fliege der rezenten Gattung Hirmoneura aus der Grube Messel suchte vor 47 Millionen Jahren unter anderem die Wasserweide und Jungfernrebe auf und verbreitete dabei den an den Härchen haftenden Pollen. Koboldmakis sind fossil seit mindestens 45 Millionen Jahren überliefert. Eine Raupe des Rindenspanners findet sich in einem 44 Millionen Jahre alten Bernstein aus dem Baltikum. Blüteneinschlüsse belegen die in Sümpfen und Mooren beheimatete Scheinkastanie und die in immergrünen Mischwäldern wachsende Sicheltanne vor 38 Millionen Jahren im Baltikum. Drei Feigenwespen bestäubten vor 34 Millionen Jahren bei der Eiablage Feigenbäume wie heutige auf der britischen Isle of Wight. Siebenschläfer verbrachten damals laut fossilen Zähnen den Winter in Spanien.
Der asymmetrische Schädel, die tiefe Furche hinter den Nasenlöchern und der ausgezogene Oberkiefer eines Zahnwalfossils belegen, dass auch Vorfahren der rezenten Art Cotylocara macei sich der Echoortung in der Tiefsee vor 28 Millionen Jahren bedienten. Das knapp sechs Millionen Jahre jüngere, langschnauzige Delfinfossil Romaleodelphis pollerspoecki mit über 100 gleichförmigen Zähnen hörte Hochfrequenz-Signale, die seine Feinde nicht wahrnehmen konnten. Maulwürfe haben sich seit mindestens 25 Millionen Jahren kaum verändert. Ein im Westerwald entdecktes Exemplar der Art Geotrypus antiquus hat den Schultergürtel sowie das Arm- und Handskelett mit den kurzen Mittelhandknochen wie heutige Maulwürfe zum Graben. Exemplare der Chamäleongattung Calumma auf Madagaskar lebten vor 18 Millionen Jahren in Kenia. Die vor 14,7 Millionen Jahren in der chinesischen Region Zhangpu in Bernstein eingeschlossenen Ameisen, Grashüpfer, Stabheuschrecken und Termiten ähneln teilweise rezenten in Südostasien und auf Papua-Neuguinea. In einer Lagerstätte bei Los Angeles aus dem vor zirka 2,6 Millionen Jahren begonnenen Pleistozän wurde die Muschelart Cymatioa cooki zuerst fossil und Jahrzehnte später lebend in der Nähe von Santa Barbara entdeckt.
Bei den Einzellern erinnern Abdrücke in zirka 2,3 Milliarden Jahre alten Schichten in Australien an heutige Schwefelbakterien. Ein Exemplar der Gattung Thiomargarita könnte in der 600 Millionen Jahre alten Doushantuo-Formation entdeckt worden sein. Wie heute aussehende Bakterien wurden bei Spitzbergen in 800 Millionen Jahre alten Schichten gefunden. Salztolerante Bazillen befanden sich in zirka 250 Millionen Jahre alten Schichten in der Nähe von Fulda. Bei der Bodenbakterienvariante Candidatus desulforudis audaxviator in Südafrika, Sibirien und Nordamerika veränderte das Genom sich seit mindestens 150 Millionen Jahren kaum. Das Jura-Erbgut liegt heute noch zu über 99,5 Prozent vor.
Durch die Beibehaltung des Grundaufbaus in der fossilen Überlieferung bis zum Aussterben oder heute fehlt der „innovative Schub einer evolutive Höherentwicklung“. Der längerfristigen Stabilität liegt keine konstante Umweltbedingung zu Grunde, da die fossilen Arten in verschiedenen oder veränderlichen Lebensräumen lebten. Eine mögliche Erklärung ist, dass Schäden an den Proteinen und an den für die Lebensformen spezifischen Genomen von effizienten Protein- und DNA-Reparatursystemen beseitigt werden. So identifizieren und korrigieren RNA-gesteuerte Endonukleasen aufgetretene DNA-Fehler. Hierbei handelt es sich um Enzyme, die mittels einer RNA die DNA schneiden. Bei Proteinen registrieren und beseitigen Chaperone fehlerhafte Faltungen und können die für die Funktion benötigte Struktur mit Hilfe einer beschleunigten Faltung wieder herstellen. Es zeigt in eine andere Richtung als das Konzept einer „phylogenetischen Höherentwicklung“.
4. Die Bildung neuer Arten ist durch Fossilfunde und Beobachtungen in der Natur belegt und wird durch wissenschaftliche Konzepte weitgehend verstanden. Lebewesen verändern sich in Anpassung an neue Situationen durch genetische und epigenetische Prozesse. Die DNA ist ein hoch dynamisches System mit auf sie einwirkenden mobilen Elementen.
Beim Artenwandel werden Gene unter anderem aktiviert, abgeschaltet, verdoppelt oder vervielfältig, eliminiert oder an anderer Genomstelle eingefügt. Gene werden auch zwischen verschiedenen Arten wie Plasmide von Bakterien ausgetauscht. Es entstehen adaptive Varianten mit dem Grundaufbau der zugehörigen Lebensform. Wie aber eine morphologische und/oder physiologische Innovation wie ein Facettenauge entstehen kann, ist noch ein ungelöstes Rätsel der Mutationsforschung. Für die Formgebung und Funktion eines Facettenauges mit lichtempfindlichen Proteinen werden bis zu 2.000 Gene benötigt, die bei der Ontogenese von Master-Schaltern gesteuert werden. Wie ist der Genkomplex entstanden bzw. woher kommen die Gene? Wie ist es ihnen gelungen, ein proteinkodierendes System unter Kontrolle regulierender Gene zu bilden? Dazu wird eine nachvollziehbare Erklärung noch gesucht. Durch Abrufen von bisher noch nicht verwendeten Genen kann die Entstehung eines neuen Merkmals vorgetäuscht werden. Die Information für seine Bildung lag im Erbgut aber bereits vor.
Bei den Trilobiten ist die Bildung neuer Arten ab dem Kambrium dokumentiert. Sie besaßen ein hohes Variationsvermögen, so dass sie sich schnell an verschiedene Lebensräume anpassen konnten. Bei der Süßwasserschnecke Viviparus brevis ist die Veränderung von Merkmalen bei mehreren Generationen fossil überliefert. Die über zehn Arten der Gattung Viviparus sind teilweise in den vergangenen zwei Millionen Jahren entstanden. Im Victoria-See entstanden innerhalb von 14.000 Jahren über 500 Buntbarscharten aus zwei Ausgangslinien. Sie unterscheiden sich in der Größe, Farbe, Körperzeichnung, Kopf-, Rumpf- und Flossenform, Ernährungs- und Verhaltensweise. Neugierige Buntbarsche erkunden mehr noch unbekannte Lebensräume und bilden mehr neue Arten als vorsichtige Artgenossen. Die Dingos sind die Nachfahren von südostasiatischen Haushunden, die vor zirka 5.000 Jahren nach Australien gebracht wurden. Auf Porto Santo im 15. Jahrhundert ausgesetzte Hauskaninchen verwilderten und paaren sich heute mit Hauskaninchen kaum noch. Aus Hausmäusen ging innerhalb von 300 Jahren eine neue Spezies auf den Faröer-Inseln hervor.
Eine bekannte Artbildung sind die Darwinfinken in Anpassung an äußere Bedingungen wie Nahrungsangebot, Nässe und Dürre. Dabei sind umkehrbare epigenetische Abläufe wie beim Zustandekommen der diversen Farbvarianten des Birkenspanners beteiligt, bei deren Bildung ein springendes Gen agiert. Bei der Züchtung von Kohlkultursorten wie Kohlrabi, Brokkoli, Blumen-, Rosen-, Grün-, Weiß- und Rotkohl aus dem äußerlich rapsähnlichen Wildkohl trugen ebenfalls mobile genetische Elemente zum Erfolg bei. Dabei wurden die Pflanzen über viele Generationen miteinander gekreuzt. Durch Auswahl der Pflanzen mit den dicksten Seitentrieben entstand der Rosenkohl. Die Pflanzen mit der dicksten und kürzesten Sprossachse führten zu Kohlrabi. Durch Konzentration auf die Blütentraube ergab sich Blumenkohl, der Blüten und Stiele Broccoli. Ihr übereinstimmender Geruch signalisiert, dass sie die gleiche Ausgangsart haben. Die gezüchteten Sorten sind genetisch ärmer als der Wildkohl. Aus ihm könnten theoretisch wieder die Kultursorten gezüchtet werden. Aus diesen lässt sich aber der Wildkohl nicht mehr züchten.
Bei Langzeitexperimenten zur künstlichen Erzeugung neuer Varianten für den Verkauf zeigte sich, dass die erhofften Resultate nur mit hoher Unwahrscheinlichkeit zu Stande kommen. Bei Pflanzen ergab sich ein Verhältnis von 1:10.000 bis 1:25.000 von kommerziell brauchbar und unbrauchbar. Brauchbar waren etwa Kulturbaumwolle, kultivierter Saatweizen, Kulturtabak und ein Rettich-Kohl-Hybrid. Es entstand aber noch nie eine neue Pflanzenfamilie. Da Tiere genetisch „schärfer ausbalanciert“ sind, wirken genetische Veränderungen bei ihnen sich noch stärker vitalitäts- und fertilitätsmindernd oder letal aus. Wurden Eier von Hühnern und Forellensperma über viele Generationen mutagenen Strahlen oder Chemikalien ausgesetzt, lagen ungefähr 100.000 bis 400.000 unbrauchbare Resultate pro erhofftem Phänotyp vor. Beim Versuch, den ausgestorbenen Auerochsen mit knapp zwei Meter Schulterhöhe erneut zu erhalten, entstanden ihm phänotypisch ähnelnde Rassen, deren Genom jedoch von ihm abwich. Im Laufe der Zeit näherten die Imitate sich zunehmend dem Phänotyp von Hausrindern. Die Körpergröße, das Gehirnvolumen und die tarnende Fellfärbung bildeten sich zurück.
Veränderungen in Gestalt, Fellfarbe, Physiologie und Verhalten gegenüber der Stammform Wolf zeigen die 350 bis 400 Haushunderassen. In engen Räumen reagieren sie weniger mit Stress. Sie übernehmen sogar den Kurz- und Langzeit-Stresspegel ihrer Besitzerinnen und Besitzer. Manche Rassen schützen Herden von Nutztieren wie Schafen, was bei Wölfen noch nicht beobachtet wurde. Da die Hunderassen überwiegend vor nicht allzu langer Zeit gezüchtet wurden, haben epigenetische Prozesse eine ausschlaggebende Rolle gespielt. Neue Varianten können dadurch schnell auftreten.
Moderne Qualzüchtungen sind Rassen mit Nacktheit, runden Köpfen, Kurznasigkeit, Stummelbeinen und papierdünnen Schädelknochen. Manche leiden wie Menschen unter der Glasknochenkrankheit. Tumorerkrankungen, Herzleiden, Diabetes, Epilepsie, Grauer Star und Taubheit kommen bei Haushunden häufiger als beim Wolf vor. Qualzüchtungen bei Katzen haben etwa große Kulleraugen, kleine Stupsnasen, nach vorne geknickte Ohren oder eine nackte Haut. Gesundheitliche Probleme sind die Folge, da unter anderem ein Hindernis beim Atmen vorliegen oder der künstliche Genotyp Erkrankungen bei einem anderen Merkmal auslösen kann.
Die den Nesteingang bewachenden Soldatinnen der Schildkrötenameisen können der Öffnung entsprechende quadratische, kuppel-, schalen- oder scheibenförmige Kopfformen haben. Ein Teil der Arten verschließt das Nest mit einer Soldatin mit deckelähnlichem Kopf oder mit nebeneinander positionierten Soldatinnen mit quadratischen Köpfen. Die andere Variante der Kopfform kann in wenigen Generationen auftreten, da ihrer Bildung ein epigenetisches Potenzial zu Grunde liegt. Auf stürmischen Inseln lebende Insekten und Vögel können die Flügel zurückbilden. Bodenbewohnende Tiere können die Augen verlieren. Flohkrebsarten in Höhlengewässern verzichten auf die Augen und Pigmente. Den Verlust des optischen Sinnes gleichen sie durch längere Tentakeln, mehr Tasthaare an den Gliedmaßen und eine exaktere Wahrnehmung chemischer Reize aus. In dunklen Höhlen lebende Fische wie der in Mexiko beheimatete Salmler kompensieren den Augenverlust durch eine Verstärkung des Geruchs-, Geschmacks- und Strömungssinnes, für den das Seitenlinienorgan zuständig ist.
Bei den auf verschiedenen Inseln ansässigen Anolis-Eidechsen entstanden zum Teil Varianten mit gleichem Phänotyp. Die Varianten sind um einen Fitness-Gipfel positioniert und durch Fitness-Täler voneinander getrennt. Darwin beobachtete, dass manche Taubenrassen in verschiedenen Ländern die gleichen Federvarianten wie umgekehrte Federn am Kopf oder Federn an den Füßen ausbilden, die bei der ursprünglichen Felsentaube nicht vorhanden sind. Er bezeichnete das Phänomen als analoge Variation. Heute ist bekannt, dass sie etwa durch Neuanordnung kodierender DNA-Bereiche oder Positionsänderung von Nukleotid-Sequenzen zu Stande kommt. Dadurch können Gene von still vorliegenden (kryptischen) Merkmalen aktiviert werden.
Auch Menschen passen sich an verschiedenen Rahmenbedingungen an. Hochlandbewohner kommen mit dünner Atemluft, Eskimos mit arktischer Kälte und Beduinen mit sengender Hitze in der Wüste zurecht. Beim Menschen kann knapp die Hälfte des Genoms umgelagert werden. Dabei kann es zu einer Erweiterung der Erbsubstanz kommen, wenn eine mobile DNA-Sequenz über eine RNA kopiert und an anderer Stelle ins Genom integriert wird. Es sind heute mehrere Mechanismen bekannt, die zu sprunghaften Änderungen des Phänotyps führen, etwa der Verlust oder Austausch eines Chromosomenstücks oder eine Mutation in regulatorischen Elementen wie Enhancern und Promotoren, die das Ablesen der genetischen Information initiieren. Im früher als „Junk-DNA“ bzw. „Gen-Wüste“ angesehenen Bereich des Erbguts sind Abermillionen kurze DNA-Sequenzen lokalisiert, die Gene unter Beteiligung von Proteinen und RNAs durch Methylierung und Acetylierung an- und abschalten. Die DNA des Menschen ist laut den von 2003 bis 2020 ermittelten Befunden von 30 Forschergruppen im Rahmen des Projekts „Encylopedia of DNA Elements“ und dem 2020 beendeten Projekt „Genotype-Tissue Expression“ zu mindestens 80 Prozent funktional.
Bei der genetischen Untersuchung neuer phänotypischer Varianten hat sich immer deutlicher gezeigt, dass die Bedeutung der Mutation durch regulierende Elemente wie die Promotoren und die aus bis zu 1.500 Basenpaaren bestehenden Enhancer, die häufig Tausende von Nukleotiden von dem Gen entfernt liegen, dessen Ablesen sie initiieren, relativiert wird. Auch die sich außerhalb der DNA bewegenden und an anderer Genomstelle sich einfügenden Transposons tragen zu einer größeren Variation bei. Sie können die Aktivität der Gene erweitern, wenn sie sich nahe bei oder in einem inaktiven Gen befinden. Zudem können Fanzor-Elemente (mit Transposons verbundene Enzyme, die DNA schneiden und mit Hilfe einer RNA zu einer bestimmten Genomstelle gelangen) und IS110-Transposons (sich aus der DNA herausschneidende und mittels des Enzyms Rekombinase an einer anderen nichtkodierenden Nukleotidsequenz sich einfügende DNA-Abschnitte) durch andere Kombination genetischer Information die Vielfalt des phänotypischen Spektrums vergrößern. Hierbei bildet die Rekombinase aus dem IS110-Transposon ein ringförmiges DNA-Gebilde und integriert es mit Hilfe einer vom IS110-Transposon kodierten RNA mit Erzeugung einer Brücke in die Zielsequenz. Die Rekombinase kann des Weiteren bei der DNA-Reparatur beteiligt sein. Prozesse wie die vorgestellten bewirken eine raschere Anpassung an neue Situationen als zufällige Mutationen.
Der Brotweizen verfügt über einen Chromosomensatz aus drei Subgenomen mit etwa 16 Milliarden Basenpaaren und zirka 100.000 Genen. Durch Anpassung an die regionalen Lebensbedingungen treten Infektionen und Schäden durch Tierbefall seltener auf. Der dreifache Chromosomensatz hat ein größeres Veränderungspotenzial und bietet einen effizienteren Schutz vor Mutationen mit nachteiligen Folgen. Diese können von Allelen der anderen Chromosomen ausgeglichen werden. Eine Vervielfachung des Chromosomensatzes tritt vor allem bei in kälteren Regionen ansässigen Pflanzen auf. Bei pathogenen Hefepilzen und Krebszellen können überzählige Chromosomen die Wirkung von Medikamenten verhindern. Eine andere Chromosomenzahl ist für die Zelle meistens tödlich, wenn mehrere Chromosomen betroffen sind. Es können die Ontogenese gestört sein oder Krankheiten entstehen.
Liegt ein Chromosom zusätzlich vor, kann die Protein-Menge der von ihm kodierten Gene so stark erhöht sein, dass etwa physiologische Probleme auftreten. Dadurch kann bei Menschen unter anderem eine Fehlgeburt zu Stande kommen. Bei Männern verursacht ein zusätzliches X-Chromosom das Klinefelter-Syndrom. Etwa jeder tausendste Junge wird mit dem XYY-Syndrom geboren. Fehlt Frauen ein X-Chromosom, liegt das Turner-Syndrom vor. Bei drei Chromosomen 21 wird vom Down-Syndrom gesprochen. Verlieren ältere Männer das Y-Chromosom in Leukozyten oder anderen Blutzellen erhöht sich das Risiko für Alzheimer, Krebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen bis hin zum Herzinfarkt mit tödlichem Ausgang. Durch den Verlust des Chromosoms fördern Botenstoffe die Bildung von Entzündungen und Narben im Herzgewebe. In den betroffenen Blutzellen sind mindestens drei Dutzend Gene epigenetisch verändert.
Demnach können die Vertreter einer Lebensform sich innerhalb des vorgegebenen Potenzials an verschiedene Situationen durch Bildung neuer Varianten anpassen. Wechselseitige anatomische Anpassungen werden bei Räuber-Beute-Beziehungen gefunden. Schon vor 517 Millionen Jahren bildete das Beutetier Lapworthella fasciculata einen immer dickeren Panzer und der Fressfeind verstärkte kontinuierlich die den Panzer durchstechenden Attacken. Genetische Basis der phänotypischen Veränderungen sind unter anderem der Austausch von Genen zwischen zwei verschiedenen Genomen (Rekombination) und mobile genetische Elemente. Umgestellte Reihenfolgen von Genen spielen eine ausschlaggebende Rolle bei der Bildung neuer Varianten. Beispiele sind die an die Tageslänge angepasste Blütenbildung der Sojabohne, die Farbvarianten der Körner von Maiskolben und die an regionale Umstände angepasste Wuchshöhe der Acker-Schmalwand-Pflanzen. Dabei kann eine Innovation vorgetäuscht werden, es handelt sich aber um einen genetischen Anpassungsmechanismus.
Bemerkenswerterweise ist die Mutationsrate innerhalb des Genoms nicht konstant. So haben die Acker-Schmalwand-Pflanzen Genomregionen für geringe und hohe Mutationsraten. Gene für lebensrelevante Funktionen wie das Zellwachstum mutieren kaum. Ihre Mutationsrate ist bis zu zwei Drittel geringer und Genomabweichungen werden möglich rückgängig gemacht. Vermutlich senden die essentiellen Gene molekulare Signale zu den Reparaturproteinen, die sie vor Veränderung und Verlust schützen. Genomregionen für potenziell selektive Vorteile dagegen mutieren deutlich häufiger. Hier liegt etwa ein höherer Cytosin-Anteil mit Methylgruppen vor. Schon länger ist bekannt, dass auch Sequenzen mit strukturähnlichen Basen oder mit oft sich wiederholenden Cytosin-Guanin-Abfolgen eine höhere Mutationsrate aufweisen.
Das Bakterium Pseudomonas fluorescens reagiert auf häufig sich verändernde Umweltbedingungen mit einer höheren Bildungsrate von adaptiven Varianten. Grundlage der beschleunigten Anpassung ist eine Genomstelle, die durch eine deutlich gesteigerte Mutationsrate zu raschen und umkehrbaren Resultaten führt. Die rasche Zunahme von phänotypischen Varianten könnte auch eine Rolle beim schnellen Wirtswechsel pathogener Bakterien und bei der bakteriellen Abwehr medikamentöser Therapien spielen. Eine andere genetische Anpassung zum Überleben findet sich beim Bakterium Klebsiella pneumoniae. Wird sein Abwehrsystem von attackierenden Viren aktiviert, bildet es neue Gene mit Hilfe einer reversen Transkriptase. Sie fügt vorhandene DNA-Sequenzen zu Genen zusammen, die anschließend in RNA umgeschrieben und dann in Proteine übersetzt werden. Die zusätzlichen Proteine bewirken eine Einstellung der bakteriellen Zellteilung, so dass die infizierten Bakterien für die Synthese viraler Proteine nicht mehr zur Verfügung stehen. Nur bei einer Virusinfektion werden die neuen Gene für eine große Protein-Menge zur Beendigung der Zellteilung erzeugt.
Erschwerend bei der taxonomischen Zuordnung von Lebewesen können die Hybridbildungen sein. Bei den Orchideen sind bisher mindestens 800 und bei den Kakteen 120 Bastarde sowie bei den Fischen, Vögeln und Säugetieren mehr als 650, 600 und 100 Hybriden bekannt. Darwin bemerkte bei der Zuordnung von Seepocken in einem Brief: „Diese verdammte Variation!“ Für die taxonomische Grundeinheit „Art“ gibt es über ein Dutzend Definitionen. Wird sie als Taxa der Lebewesen definiert, die in den wesentlichen Merkmalen übereinstimmen, ergibt sich die Frage: Welche Kriterien haben die „wesentlichen Merkmale“ zu erfüllen? Bei den Repräsentanten einer „Lebensform“ wird auf taxonomische Zuordnungen verzichtet. Die ausgestorbenen, rezenten und zukünftigen Varianten der Lebensform zeigen das Anpassungsspektrum mit fließenden Übergängen innerhalb der Lebensform.
Lebensformen sind beispielsweise die Schachtelhalme, Streifenfarne, Kakteen, Pfingstrosen, Stachelbeer-, Kernobst- und Steinobstgewächse, Seeohren, Lanzettfischchen, Bunt- und Sonnenbarsche, Knochenhechte, Stichlinge, Neunaugen, Forellen, Meeresschildkröten, Papageien- und Paradiesvögel, Kolibris, Falken, Tauben, Kraniche, Prachtfinken, Meisen, Giraffen-, Kamel-, Hunde- und Katzenartigen, Großbären, Delfine, Furchen- und Schweinswale, Elefanten, Gibbons, Südaffen (nur fossil bekannt) und Menschen. Bei dem Verfahren tritt das taxonomische Problem der „verdammten Variation“ nicht auf.
Ein grundlegendes Problem der Evolutionsgenetik ist die Frage, wie durch Mutationen neue komplexe Merkmale entstehen können, wenn zirka 80 bis 90 Prozent der Mutationen neutral oder fast neutral und 10 bis 19,9 Prozent negativ sind. Der minimale Rest von Mutationen mit positiver Auswirkung erhöht die Funktionalität nur wenig. Sind sie in der Nähe von negativen Mutationen lokalisiert, werden sie bei der Meiose selten von ihnen getrennt und können mit ihnen durch selektive Mechanismen entfernt werden. Zudem können positive Mutationen mit einem Verlust an genetischer Information einhergehen.
Zu betonen ist, dass die genannten Prozentangaben verallgemeinernde Schätzungen sind. Ob eine Mutation als positiv, neutral oder negativ einzustufen ist, hängt von der Definition ab und wann die Mutation betrachtet wird. Zudem ist es vom mutierenden System und selektiven Druck abhängig. Die Bildung einer einfachen Antibiotikaresistenz etwa verlangt wenige Mutationen. Bei Bakterien im Permafrost kann bereits eine Resistenz gegen heutige Antibiotika vorliegen, da sie von Schimmelpilzen attackiert wurden. Deren Antibiotika waren Stoffwechselprodukte, die durch Enzymblockade bei der DNA-, RNA-, Protein- oder Zellwandsynthese oder durch Störung einer mitochondrialen Funktion wachstumshemmend oder abtötend wirkten. Im Allgemeinen gehen die Fachpersonen von einer positiven unter tausend Mutationen und einer Drift von etwa 75 Prozent aus.
In Anbetracht der geringen Anzahl positiver Mutationen argumentieren Evolutionsbiologen, dass bei der sukzessiven Bildung eines neuen Merkmals bei Abertausenden oder Zigmillionen Generationen genug positive Mutationen vorliegen, um den Startpunkt von etwas Neuem zu erhalten. Sobald mutativ ein Ausgangspunkt besteht, erledigen weitere positive Mutationen die nächsten Schritte bis zur Fertigstellung. Hier ist zu fragen: Wie wird das Vorliegen eines noch keine Funktion erfüllenden Ausgangspunktes für ein zukünftig neues Merkmal erkannt und wie kann durch kontinuierliche Anhäufung positiver Mutationen etwas Neues entstehen, wenn die funktionslosen Vorstufen selektiv beseitigt werden können?
Laut humangenetischer Forschung besitzt jeder Säugling durchschnittlich 100 neue Mutationen von seinen Eltern, die zu etwa zehn Prozent negativ sind. Bereits der Austausch eines der ungefähr 3,2 Milliarden Nukleotide kann zu einem dysfunktionalen Protein führen, wodurch eine schwerwiegende Erkrankung entstehen kann. Eine Punktmutation kann den Tod zur Folge haben, wenn ein Enzym einen lebenswichtigen Stoffwechselschritt nicht mehr katalysiert. Bei der Sichelzellanämie ist im HBB-Gen an der sechsten Position einer Untereinheit des den Sauerstoff bindenden und transportierenden Hämoglobins der Erythrozyten wegen des Austauschs einer Base die Aminosäure Glutaminsäure durch Valin ersetzt. Die homozygoten Individuen sterben in der Regel im Jugendalter an der Blutkrankheit. Bei den Heterozygoten ist die Krankheit nur gering ausgeprägt. Sie sind sogar vor Malaria geschützt.
Durch eine veränderte Aminosäure beim Transkriptionsfaktor Interferon Regulatory Factor 4 (IRF4), der bei der Synthese von m-RNA durch Ablesen der entsprechenden DNA-Sequenz beteiligt ist, kann bei Kindern ein schwerer Immundefekt auftreten. Komplett anders agiert IRF4 beim Austausch der benachbarten Aminosäure an Position 99. Wird dort Cystein durch Arginin ersetzt, bindet der mutierte Transkriptionsfaktor mit dem relativ sperrigen Arginin nicht mehr an der üblichen Stelle der DNA, sondern an zuvor ignorierten Sequenzen, was zu einer grundlegend anderen Genregulierung führt. Das bei Gesundheit vorliegende Zellplasmaprogramm ist abgeschaltet und krankheitsfördernde Gene sind aktiviert, so dass die Reifung der B-Lymphozyten zu antikörperbildenden Plasmazellen unterbunden ist. Es liegen vergrößerte B-Lymphozyten mit Signalen anderer Immunzellen auf der Oberfläche vor, was ein Kennzeichen des bösartigen Hodgkin-Lymphoms ist.
Mehrere Prozent der Menschen haben wegen Mutationen das Potenzial für Krankheiten, die ausschließlich oder größtenteils durch weitere Mutationen gesundheitliche Probleme wie Geburtsanomalien, Diabetes und Schizophrenie verursachen. Mutationen mit milderen Negativfolgen sind noch weiter verbreitet. Abertausende Mutationen für die Disposition von Erkrankungen sind heute bekannt. Mit koronaren Herzkrankheiten, der global häufigsten Todesursache, werden 268 Genomorte mit verschiedener Intensität in Verbindung gebracht. Offensichtlich zeigt die Mutationsforschung beim Menschen in eine andere Richtung als eine genetische Fitness- und Komplexitäts-Zunahme. Im Laufe der Zeit könnte der Mensch bis zu zehn Prozent seiner Gene verloren haben. Die Verschlechterung des Genoms wird durch Mechanismen wie gelegentliches Hinzukommen positiver Mutationen, selektive Beseitigung gravierender negativer Mutationen und Übertragung fremder Erbinformation verlangsamt. Es besteht insgesamt aber eine degenerative Tendenz beim Erbgut des Menschen, die besonders in den vergangenen 10.000 Jahren zu Mutationen mit schädlichen Auswirkungen führte.
Dies ergab eine Sequenzierung von 15.336 Genen bei 6.515 Amerikanern. Dabei wurden an 1.146.401 Genomstellen Einzel-Nukleotid-Varianten gefunden, die zu 73 Prozent in den zurückliegenden zehn Jahrtausenden entstanden sind. Von den Nukleotid-Varianten mit potenziell schädlichen Auswirkungen entstanden zirka 86 Prozent erst vor 5.000 bis 10.000 Jahren. Der Befund war bei Amerikanern mit europäischer Herkunft stärker ausgeprägt als bei Landsleuten mit afrikanischer Abstammung.
Werden Taufliegen zur Steigerung der Mutationsrate jahrzehntelang mutagenen Strahlen oder Chemikalien ausgesetzt, entstehen unter anderem Mutanten mit schneller verlaufender Individualentwicklung, anderer Körpergröße oder Augenfarbe, fehlenden oder an unüblicher Stelle positionierten Körperteilen, erhöhter oder geringerer Gen- oder Enzymaktivität, fester bindenden Transkriptionsfaktoren, länger haltbaren Proteinen, reversibler Lähmung, Muskeldystrophie, gebogenen Flügeln oder weniger Nachwuchs. Fehlende Proteine wie Bruchpilot oder Creld führen zu Beeinträchtigungen der Bein- oder Flügelbewegung wegen geringerer Ausschüttung von Transmittern. Insgesamt liegt eine Fülle von Varianten vorhandener Merkmale vor. Hinweise auf die Entstehung einer neuen anatomischen oder physiologischen Ausstattung wurden noch nicht gefunden.
Ähnliches zeigte ein Langzeitexperiment zum Mutationsspektrum des Bakteriums Escherichia coli, bei dem zwölf identische Populationen ab 1988 einem Nährmedium mit Glukose und Citrat ausgesetzt waren und 2022 insgesamt 75.000 Generationen vorlagen. Nach 10.000 Generationen lagen den Genomveränderungen vor allem Duplikationen von Genen und Umlagerungen von beweglichen Erbgutelementen zu Grunde. Durch Positionsänderungen springender Elemente wurden kryptische Informationen aktiviert, die einen positiven Einfluss auf die Nahrungsverdauung haben. Die anderen Reihenfolgen von Genen durch umlagerte Einfügungssequenzen führten zu Abschaltungen von katabolischen Operons (Funktionseinheiten für den Abbau von Stoffwechselprodukten). Ab zirka 26.000 Generationen zeigte eine Population eine deutlich höhere Mutationsrate, da durch eine eingefügte Base das Leseraster verschoben war. Andere Populationen verloren die DNA-Reparatur oder die Ribose-Synthese. Einige Mutationen waren von pathogenen Bakterien bekannt.
Nach 40.000 Generationen lagen 653 Mutationen ohne signifikante Fitnesssteigerung vor. Die Ausgangspopulationen mutierten verschieden, ähnlich oder übereinstimmend durch Prozesse wie Austausch, Einfügung und Verlust von Basen, Duplikation, Aktivierung und Stilllegung von Genen und andere Genreihenfolge durch springende genetische Elemente. Das Erbgut schrumpfte bis zu 1,2 Prozent, nach 50.000 Generationen sogar um 1,4 Prozent bei sämtlichen Populationen.
Um die Mutationsrate bei Extremstress zu erhöhen, wurde E. coli einem Citrat-Nährmedium ohne Glukose ausgesetzt. Dabei nahmen die Mutationen schon nach zirka 2.500 Generationen deutlich zu. Eine Ursache waren sich vervielfältigende Transposons, die sich an anderer Stelle im Genom je nach äußerer Situation positionierten. Das Wachstum konnte verlangsamt, die Sterberate erhöht sein. Eine Fitness-Zunahme in Form einer höheren Vermehrungsrate blieb aus. Auffallend waren die Fehlanpassungen, bei denen im kuriosesten Fall eventuell tote Bakterien konsumiert wurden. Längerfristig nahm der Anteil nützlicher Mutationen ab, die neutralen und schädlichen Mutationen blieben konstant. Bei jeder zweiten Population lagen Defekte bei der DNA-Reparatur vor. Citrat wurde unter aerober Bedingung verwertet, da citT mit einem bei Sauerstoffanwesenheit aktiven Schalter fusionierte. Oft traten die gleichen Mutationen bei getrennten Populationen auf. So hatten 59 von mehreren Tausend Genen zweier Populationen eine andere übereinstimmende Aktivität. Ursache der stärkeren oder geringeren Genaktivität waren gleiche oder sehr ähnliche Verlustmutationen. Wurde genetische Information nicht mehr beansprucht, begann das Genom zu schrumpfen. Genetische Indizien für eine „evolutive Innovation“ lagen nicht vor.
Dies lässt vermuten: Da die großen Bakterien bis zu zirka 5.000 und die kleinen signifikant weniger Gene besitzen, könnte zumindest ein Teil von ihnen durch Degeneration großer Bakterien entstanden sein. Die Lebensgeschichte der Bakterien lässt sich auf molekulargenetischer Basis nicht exakt rekonstruieren, weil sie die Reihenfolge der Gene und die Größe des Genoms durch springende Elemente ständig verändern, Nukleotidsequenzen untereinander austauschen und ins Erbgut integrieren.
5. Eine überzeugende Erklärung fehlt bislang für die Entstehung von allen fossil unvermittelt auftretenden Innovationen in der Lebenswelt.
Darwins Feststellung, dass die bedecktsamigen Blütenpflanzen zu Beginn der Kreide überall wie aus dem Nichts aus dem Boden geschossen seien, bestätigte unter anderem ein internationales Forscherteam in einer Veröffentlichung von 2023. Laut Darwin seien auf eine gemeinsame Ausgangsgruppe hindeutende Übergangsformen nirgends zu finden. Er sah dies als ein „abscheuliches Geheimnis“ und einen starken Einwand gegen das phylogenetische Konzept an und hoffte, zukünftige Fossilfunde würden das Problem lösen. Doch die Erhofften wurden noch nicht entdeckt. Die Merkmalskombinationen ältester Blütenpflanzenfossilien lassen eine stammesgeschichtliche Brückenrekonstruktion kaum zu. Und vor der Kreide sind Fossilien von bedecktsamigen Blütenpflanzen allgemein nicht anerkannt.
Vor etwa 140 Millionen Jahren in der frühen Kreide waren die morphologischen Unterschiede der Blütenformen am größten. Während der Kreide nahm die Verschiedenartigkeit tendenziell ab. Bei den heutigen Blütenpflanzen zeigt sich eine hohe Variation der einzelnen Blütentypen, die Unterschiede zwischen den Blütenformen waren in der Unterkreide aber am höchsten. Vor 130 Millionen Jahren existierten laut einer 2024 publizierten Studie, der knapp 8.000 heutige Gattungen und 200 Fossilien zu Grunde lagen, bereits mehr als 80 Prozent der rezenten Ordnungen von Blütenpflanzen. Die übrigen Hauptlinien traten bei einem weiteren Schub im Tertiär vor zirka 40 Millionen Jahren auf. In älteren Devon-Schichten ist der Baum Xinicaulis lignescens mit einem vielfach verzweigten Netz von Wasserleitungsgewebe und einer statisch vorteilhaften Leichtbauweise wie beim Eiffelturm ohne fossile Vorläufer überliefert.
Niemand hat bislang erklärt, wie die größten Unterschiede zu Beginn der Fossildokumentation der Blütenpflanzen in einem geologisch kurzen Zeitraum entstanden sind. Ihr fossil abruptes Auftreten mit einem starken Selektionsdruck oder einer neuen ökologischen Situation zu erklären, überzeugt nicht, da eine Ursache-Wirkung-Beziehung mit genetischen Argumenten benötigt wird.
In einer Studie von 2025 wurde dargelegt, dass der Unterschied bei den Ernährungsstilen von pflanzenfressenden Insekten im mittleren Jura vor 165 Millionen Jahren größer als bei den 60 Millionen Jahren späteren Insekten war, die sich von Blättern der Blütenpflanzen ernährten. Dies zeigen Fraßspuren auf fossilen Blättern von Nacktsamigen Pflanzen wie Nadelbäumen und Palmfarnen, die in Daohugou in China entdeckt wurden. Demnach liegt der Beginn der Herbivorie von Insekten vor der Dominanz der Blütenpflanzen der Kreidezeit. Die pflanzenfressenden Insekten im Jura waren auf bestimmte Pflanzenarten stärker spezialisiert als die heutigen Insekten.
Ab dem frühen Tertiär sind auch zahlreiche Vertreter rezenter Säugetiere überliefert. Mit ausgestorbenen treten sie fossil ziemlich plötzlich mit enormer Vielgestaltigkeit auf. Die heutigen Säugetiere werden drei Unterklassen zugeordnet: den Kloakentieren mit sechs Arten wie dem Schnabeltier, den Beuteltieren mit zirka 250 Arten und den Plazentatieren mit ungefähr 4.500 Arten. Fossil wurden noch mindestens 20 weitere Unterklassen entdeckt. Die Entstehung der Säugetierfauna lässt sich mit einem hohen Gehalt an Sauerstoff und Kalzium, einer günstigen Temperatur und vielen freien Lebensräumen nach dem letzten Massenaussterben kausal nicht erklären. Wegen fehlender fossiler Vorläufer und des Mehrfachauftretens von säugetiertypischen Merkmalen wie Milchdrüsen bei unterschiedlichen Gruppen des taxonomischen Systems ist eine Erklärung extrem erschwert.
Nach dem fossilen Auftreten veränderten die heutigen Säugetierfamilien sich nur wenig. Es entstanden in Anpassung an ein anderes Klima oder eine andere chemische Zusammensetzung der Meere neue Arten und Gattungen. Bei Krisen wurden lebensfreundlichere Lebensräume gesucht, aber nicht immer gefunden. Etliche Säugetierarten starben im Tertiär und Quartär aus.
Die Schuppen der Fische und Reptilien und der für Vögel typische Hornschnabel tauchen in Sedimenten ebenfalls ohne fossile Vorläufer auf. Komplex gemusterte Schuppen, die denen der heutigen Krokodile ähnelten, besaßen auch die ältesten Reptilien aus dem Perm vor ungefähr 285 Millionen Jahren. Die Schuppen waren kaum ein Zehntel Millimeter groß, boten aber Schutz vor Austrocknung, UV-Strahlung und Verletzung auf dem Festland. Die Schnäbel der Dinosaurier kommen als Vorläufer des Vogelschnabels nicht in Frage, da sie überwiegend in deutlich jüngeren Schichten angetroffen werden. Fossil sind die ältesten Vogelgattungen mit Hornschnabel wie Archaeorhynchus, Zhongornis und der Konfuzius-Vogel geologisch zeitgleich mit gezähnten Vögeln eingebettet. Bei heutigen Vögeln erfüllen die Steinchen im Magen die Kaufunktion der Zähne fossiler Vogelarten.
Die flaum- und haarartigen Körperbedeckungen der Dinosaurier sind keine Vorläufer der für Vögel typischen Feder, da sie bei Dinosauriern angetroffen werden, die nicht älter als der 150 Millionen Jahre alte Urvogel Archaeopteryx und der 25 Millionen Jahre jüngere Konfuzius-Vogel sind. Wären die den Körperumriss der Vögel festlegenden Konturfedern, die in Deck-, Flug- und Schwanzfedern unterteilt werden, aus Schuppen der Reptilien entstanden, hätten die ältesten fossilen Federn den einfachsten Aufbau, was aber nicht zutrifft. Für fliegende Vögel typische Merkmale wie die asymmetrischen Konturfedern und der Daumenfittich werden bei Fossilien kreuz und quer im taxonomischen System angetroffen. Fliegen mit Hilfe der Brust- und Schultermuskulatur taucht fossil mehrmals unabhängig voneinander auf, etwa beim vierflügeligen Microraptor, beim auf Madagaskar entdeckten Rahonavis, bei Anchiornis und Archaeopteryx. Die Mehrfachentstehung eines Merkmals bei taxonomisch entfernten Gruppen verlangt eine höchst komplizierte Erklärung, die bislang nicht vorliegt.
Aus dem oberen Jura und der Kreide ist eine Vogelfauna mit verschiedenen Federtypen, Schwanzformen, Flugfähigkeiten und Ernährungsweisen überliefert, die mit teilweise anderen Merkmalskombinationen als bei rezenten Vögeln an damalige Lebensräume angepasst war. Detailliert untersucht sind die etwa 150 Millionen Jahre alten Urvogelgattungen Archaeopteryx und Alcmonavis aus den Solnhofener Plattenkalken. Typisch für Reptilien beim taubengroßen Archaeopteryx lithographica sind die Zähne, der lange Schwanz, der fehlende Brustbeinkiel und die Wachstumsgeschwindigkeit. Vogeltypisch sind etwa die asymmetrische Handdeckenfeder, der dünnwandige mittlere Armknochen, das relativ große Gehirn zum räumlichen Sehen und Koordinieren der Flügel, der für die Balance erforderliche Innenohrteil und die schwarzen Farbpigmente zum Stabilisieren der Federn. Der Urvogel hörte vermutlich Frequenzen von 600 bis 3.400 Herz wie der heutige Emu in Australien und roch besser als die meisten rezenten Vögel. Die Beinfedern haben heute auch Greifvögel. Die Konturfederstruktur entsprach der von rezenten Vögeln, die Federschäfte waren ziemlich schlank. Daher könnte der Urvogel Kurzstrecken flatternd und gleitend wie heute der Fasan bewältigt haben. Dabei halfen die Steuerfedern und seitlichen aerodynamischen Schwanzfedern. Bei Bodenhindernissen und im dichten Geäst setzte er die Krallen ein.
Zwei bessere Flieger könnten Archaeopteryx albersdoerferi und Alcmonavis poeschli gewesen sein. Beim 400.000 Jahre jüngeren Archaeopteryx albersdoerferi sind die Ansatzstellen der Flugmuskeln am Gabelbein größer und die Knochenhohlräume mehr mit Luft für die Sauerstoffzufuhr beim aktiven Fliegen gefüllt. Die Schädelknochen sind stärker verwachsen und die Zähne kleiner. Bei Alcmonavis poeschli ähnelt die Ansatzstelle der Flugmuskeln der von Vögeln mit aktivem Flatterflug. Die verschiedene Bezahnung der Urvogelarten legt eine teilweise andere Ernährungsweise als bei rezenten Vögeln nahe.
Das frühe Auftreten hochgradig abgeleiteter Vogelmerkmale findet sich auch beim in der chinesischen Provinz Fujian entdeckten Fossil Baminornis zhenghensis. Der Urvogel lebte ungefähr zur gleichen Zeit wie Archaeopteryx und wog maximal 300 Gramm. Auffallend ist sein kurzer Schwanz wie bei heutigen Vögeln zur Verankerung der Flugfedern, Verringerung des Luftwiderstandes und Verlagerung des Schwerpunktes nach vorne beim Flug. Das einer Strebe ähnelnde Schulterdach und das Schulterblatt sind getrennt, so dass Baminornis eventuell sogar ein besserer Flieger als ein Teil der jüngeren Vögel in Kreideschichten war.
Nach den fossilen Vorfahren der Urvögel aus dem Jura wird noch gesucht. Der Raubdinosaurier Compsognathus hat viele anatomische Gemeinsamkeiten bis zu den Skelettproportionen mit Archaeopteryx, lebte aber zur gleichen Zeit und hatte keine Federn. Mit 60 Stundenkilometern rannte er schneller als ein Strauß.
Beim Jura-Kreide-Übergang ereignete sich eine Krise mit teilweise schweren Verlusten. Die Sauropoden waren bis zu 93 Prozent betroffen. In der Kreide tauchen Dinosaurier mit teilweise vogeltypischen Merkmalen und neue Vogelgattungen plötzlich auf. So ähnelte die 130,7 Millionen Jahre alte, amselgroße Gattung Archaeornithura heutigen Watvögeln, die stelzend im Flachwasser nach Nahrung suchen. Die verschmolzenen Knochen am Flügelende und die zum Gabelbein verwachsenen Schlüsselbeine finden sich auch bei rezenten Vögeln. Merkmale wie der Daumenfittich, die asymmetrischen Schwungfedern und die fächerförmig angeordneten Schwanzfedern verweisen auf einen geschickten Flieger.
Confuciusornis sanctus besaß außer dem Hornschnabel, asymmetrische Flugfedern, robuste Federschäfte, widerstandsfähige Flughäute, ein Rabenbein, einen kurzen Schwanz, eine mechanische Koppelung von Handwurzel- und Ellbogengelenk und fortschrittlich anmutendes Weichgewebe. Die mit dem Brustbein verbundenen Rippen mit Hakenfortsatz ermöglichten ähnliche Bewegungen wie bei heutigen Vögeln. Reptiltypisch sind die zwei Öffnungen am Hinterhaupt. In Anbetracht der Flügelform, Federschäfte, Fingerpolster, abgerundeten Beinschuppen und bekrallten Füße könnte der „Heilige Konfuziusvogel“ ein Baumbewohner und manövrierfähiger Segler mit relativ gutem Auftriebsvermögen gewesen sein.
Der fast vollständig fossil erhaltene, 69 Millionen Jahre alte Schädel von Vegavis iaai etwa gehörte einem Vogel, der eine Million Jahre vor Tyrannosaurus rex in der oberen Kreide in der Antarktis lebte. Vegavis besaß Merkmale, die auch bei rezenten Vögeln angetroffen werden. Dazu zählen ein schmaler, spitzer Schnabel mit fehlenden Zähnen, ein reduzierter Oberkiefer, eine Gehirnform von heutigen Vögeln mit relativ voluminösem Großhirn, eine stark ausgehöhlte Schläfengrube und kräftige Kiefermuskeln, die denen von rezenten, unter Wasser jagenden Vögeln wie Haubentaucher stark ähneln. Die spezialisierte Schädelanatomie entspricht der von heutigen Vögeln. Zudem erzeugte Vegavis Laute wie rezente Vögel mit einer Syrinx. Bei dem Stimmorgan schwingen beim Ausatmen an mineralisierten Knorpelringen befestigte Häutchen (Stimmlippen), die im Brustkorb an der Verzweigung der Bronchien positioniert sind. Die neun mineralisierten Ringteile der ein Zentimeter großen Syrinx des Fossils ähneln dem Stimmorgan heutiger Entenvögel. Vegavis bildete mit Hilfe der Syrinx ähnliche Laute wie Enten und Gänse. Bei Dinosauriern und rezenten Reptilien wurde ein syrinxähnliches Stimmorgan noch nicht entdeckt. Krokodile können Laute bei der Revierverteidigung und Fortpflanzung durch Muskelkontraktionen im Brustbereich über Stimmbänder in der Kehlregion erzeugen.
Werden die Fossilgattungen mit diversen Federtypen, Schwanzformen, Flugstilen, Gabelbeinen, Pygostylen (verschmolzenen abschließenden Schwanzwirbeln), bezahnten Kiefern, bezahnten und unbezahnten Schnäbeln taxonomisch zugeordnet, ergibt sich ein netzartiges Gebilde. Beim Massenaussterben beim Kreide-Tertiär-Übergang starb die fossil bekannte Vogelfauna des Erdmittelalters nahezu vollständig aus. Die Gattung Vegavis überlebte das Inferno, was vereinzelte Fossilfunde im unteren Tertiär anzeigen, ist aber kein Vorfahre von heutigen Wasservögeln wie Gänsen und Enten. Die rezenten Vogelgattungen sind ab dem Tertiär mit inzwischen ausgestorbenen fossil überliefert.
Die elastischen Vogelfedern sind im Aufbau und Material, bei den proteinkodierenden und regulierenden Genen, bei der mehrphasigen Bildung und beim Austausch in der Mauser völlig anders als die Hornschuppen der Reptilien. Eine Ähnlichkeit liegt nur im Anfangsstadium der Bildung bei der Erhebung auf der Haut vor. Danach bestehen zahlreiche Unterschiede bei der Ontogenese, Zusammensetzung und zerebralen Steuerung. Jungvögel haben Dunen mit vielen Luftzwischenräumen zur Aufrechterhaltung der konstanten Körpertemperatur von 41 Grad Celsius. Später werden die Dunen bei vielen Vögeln zu Spitzen der Konturfedern. Am Körper können dann zusätzliche Dunen gebildet werden.
Bevor die Flugfedern vorliegen, die bei Abschlägen eine nahezu luftundurchlässige und bei Aufschlägen eine luftdurchlässige Tragfläche erzeugen, vollzieht sich ein vielfach vernetzter Prozess. Die Epidermis hebt sich, senkt sich dann ein und bildet den Federbalg. An dessen Grund lassen Blutgefäße, Nerven und Bindegewebe den Federkeim entstehen, der die sich bildende Feder ernährt, danach abstirbt und bei der Entstehung des Federkiels beteiligt ist. Im röhrenförmigen Federbalg bilden sich die diversen Federtypen. In ihm steckt die Spule als der untere Teil des Kiels. Die Zellen vermehren sich in einem Ring um die Federanlage herum.
Die vom Epidermalkragen nach oben abgegebenen Zellen werden zu Bestandteilen der Feder. Sie entwickelt sich als Zylinder in der geschlossenen Federscheide. Aus Säulen, die aus dem hochwachsenden, sich teilenden Epidermalkragen entstehen, werden die Federäste. Sie sitzen am Kiel, der die Federfahne trägt. Die Äste verzweigen sich unten in die Bogenstrahlen und oben in die Hakenstrahlen, die mit in die Bogenstrahlen greifenden Häkchen besetzt sind. Bei der fertigen Konturfeder sind über eine Million Bogen- und Hakenstrahlen wie bei einem Reißverschluss miteinander verknüpft. Eine schaumartige Substanz, deren Fasernetzwerk mit einem Polymer beschichtet ist, bindet Gase im Kiel und in den Ästen. Der leichte Innendruck erschwert Deformierungen. Nach einem Verbiegen kommt die vorherige Struktur wieder leichter zu Stande. Muskeln und feinfädige Keratinfasern verankern die Äste im Kiel. Die Fasern können Brüche und Rissbildungen verhindern, da sie längsgerichtet, kreuzweise und verknotet in der Feder verlaufen.
Das vielfältige Gefieder der Vögel, das bei flüggen Jungvögeln anders als bei erwachsenen Vögeln ist, je nach Geschlecht und Jahreszeit sich unterscheidet, bei Eulen einen lautlosen Flug durch einen weichen und unscharfen Deckfederrand ermöglicht, mit Hilfe von Muskeln bei den Flug- und Schwanzfedern bewegt wird und deren Position mittels Sinneskörperchen dem Gehirn mitgeteilt und von ihm gesteuert wird, ist ein hoch komplexes Merkmal, dessen Entstehung noch völlig im Dunkeln liegt. Die bisher bekannten Fossilfunde und genetischen Erklärungsversuche geben darüber keine Auskunft.
Erklärungen fehlen auch für die separate Mehrfachentstehung der Echo-Orientierung mit Ultraschall bei Fledermäusen und Zahnwalen, der Menstruation bei Rüsselspringern, Nagetieren, Fledermäusen und Primaten, der Infrarot-Wahrnehmung bei Schlangen und einigen Käfern, des neunmal vorhandenen Hörvermögens bei getrennten Taxa innerhalb der Ordnung der Schmetterlinge sowie der Gerüstsubstanz Chitin bei Insekten, Pilzen und Algen. Leuchten durch Oxidation von Leuchtstoffen unter Beteiligung des Enzyms Luziferase von zirka 900 Tiergattungen in 16 Stämmen ab vor etwa 540 Millionen Jahren bei der Nahrungssuche, Kommunikation und Verteidigung in unterschiedlichen Biotopen ist über 100-mal unabhängig voneinander entstanden, wofür eine Erklärung noch aussteht.
Ein bisher ungelöstes Rätsel der Evolutionsbiologie ist zudem die Entstehung der bizarren Merkmalskombination des über 90 Millionen Jahre alten „Schnabeltiers der Krabben“ mit der Bezeichnung Callichimera perplexa, was „schönes verblüffendes Mischwesen“ bedeutet. Es hat große Facettenaugen, die denen von Krebslarven ähneln. Den spindelförmigen Rückenpanzer und fußförmigen Oberkiefer haben Hummer. Der symmetrische Hinterleib ohne Ringe kommt bei Krabben vor. Die Reduktion der Beine wird bei Einsiedlerkrebsen angetroffen. Die paddelartig verbreiteten, abgeflachten Brustbeine zum Schwimmen finden sich bei 250 Millionen Jahre alten Seeskorpionen. Im Tierreich sind stark abgewandelte, paddel- und schaufelartige Extremitäten aus phylogenetischer Sicht mindestens siebenmal unabhängig voneinander entstanden, was noch niemand erklärte.
Falls das phylogenetische Konzept korrekt wäre, könnten Indizien für zukünftig neue Merkmale wie eines Sinnesorgans zur Wahrnehmung von Radioaktivität im Genom oder bei der anatomischen Ausstattung bei zumindest einer heutigen Art festgestellt werden. Ein solches neues Merkmal wäre selektiv vorteilhaft, eine auf den Beginn oder Zwischenstand einer phylogenetischen Entwicklung verweisende Beobachtung liegt bislang aber nicht vor
6. Durch den Nachweis irreduzibler Merkmale, deren Funktionieren das Fehlen nur weniger Elemente erlaubt, bricht das Konzept einer phylogenetischen Entwicklung in sich zusammen.
Ein Beleg ist der aus zirka 40 Proteinen bestehende Elektrorotationsmotor mit Geißel, Antriebs- und Navigationssystem des Darmbakteriums Escherichia coli. Er ist quasi eine lebende 0,2-Volt-Batterie, die sechs Ultraminiatur-Elektromotoren mit jeweils 30 nm Länge antreibt. Am Motor befindet sich über ein biegsames Winkelstück die Geißel mit fünffacher Länge des Bakteriums. Mit ihrer Hilfe bewegt der Einzeller sich durch bis zu 100 Umdrehungen pro Sekunde in einer der zwei Drehrichtungen mit 15 bis 25 Zelllängen pro Sekunde vorwärts oder rückwärts. Mittels des Navigationssystems schwimmt er zu Stellen mit hoher Nährstoffkonzentration und meidet er Schadstoffe.
Das Fortbewegungssystem mit Elektromotor und beweglicher Geißel ähnelt dem von Schiffen mit elektrischer Antriebsmaschine und Propeller. Der Stator und Rotor üben die gleiche Funktion wie die Feldspule und der Drehanker eines technischen Elektromotors aus. Die Chemikalien registrierenden Sensorproteine fungieren wie die Millionen Riechzellen des Menschen in der Nase. Der Rotor nutzt die im Wasserstoffionen-Gradienten zu beiden Seiten der Membran gespeicherte Energie für die Drehbewegung wie bei einer Turbine.
Die Ad-hoc-Entstehungswahrscheinlichkeit des bakteriellen Motors beträgt je nach Prämisse 10-29 bis 10-94. Demnach ist der Versuch, die sechs Richtigen im Lotto vorab korrekt zu tippen, über 1.000.000.000.000.000.000.000 Mal wahrscheinlicher. Vermutlich argumentiert keine Fachperson mit einem solchen „evolutionären Lotto-Treffer“.
Angesichts dessen wird aus evolutionsmikrobiologischer Sicht davon ausgegangen, dass die Bildung des bakteriellen Systems, startend mit einer einfachen Pore in der inneren Membran, durch Übernahme von Genen schon vorhandener Teilstrukturen schrittweise entstanden ist. Dabei wird für jede Teilstruktur eine Funktion angenommen, die selektiert werden konnte. Außer dem Erhalt von Genen anderer Bakterien werden Mechanismen wie Mutation, Gendrift und Genduplikation postuliert, um neue Teilstrukturen zu erzeugen. Der Lösungsversuch hat noch nicht überzeugt, da jede Bildung einer neuen Teilstruktur mehrere aufeinander bezogene Mutationen in verschiedenen Genen erfordert. Wie sie in den hypothetischen Vorfahren des Bakteriums zusammenkommen konnten, ist bisher völlig rätselhaft.
Ein Hinweis für Interessierte:
Eine Rekonstruktion der Geschichte der Lebewesen auf religiöser Betrachtungsebene enthält der Text „Das Gestern, Heute und Morgen der Lebenswelt“.