Laut evolutionsbiologischer Lehre könnte der älteste gemeinsame Vorfahre der Lebewesen, ein Gebilde namens LUCA mit einfachem Stoffwechsel, eventuell schon vor 4,2 Milliarden Jahren existiert haben und entwickelte sich weiter über Einzeller mit komplexerem Aufbau und Stoffwechsel zur heutigen Lebenswelt, woraus die phylogenetische Verwandtschaft aller Lebewesen bis hin zu LUCA folgt. Dazu liegt eine evolutionistische Position vor, wenn das phylogenetische Konzept als eine Tatsache, bewiesene Theorie oder alleinberechtigte Position eingestuft wird.. HIER solche und vergleichbare Standpunkte, Lernziele und Forderungen.
Die bisher vorliegenden Befunde biologischer Disziplinen zur Geschichte der Lebewesen auf empirischer Basis präsentieren ein anderes Bild. Dies wird im Folgenden hinreichend belegt.
1. Wie die ersten lebenden Zellen auf der jungen Erde, einem anderen Planeten oder Mond entstanden sind, wurde an Hand eines experimentellen Nachweises noch nicht erklärt. Bisher gelang es keinem Expertenteam der präbiotischen Chemie, im Labor eine lebende Zelle aus leblosen Ausgangsstoffen zu erzeugen.
Zudem konnte noch keine Fachperson der Biologie oder Medizin eine Leiche wieder lebendig machen. Eine Leiche besteht unter anderem aus organischen Molekülen, lebt aber nicht. Es gibt zwar Zustände von Lebewesen an der Grenze des Lebendig-Seins wie 46.000 Jahre den Permafrost überdauernde Fadenwürmer, nach 24.000-jährigem Aufenthalt im Permafrost sich fortpflanzende Rädertierchen, 700 Jahre alte, keimfähige Samen der Indischen Lotusblume, Amphibien und Reptilien in der Winterstarre, Notfallpatienten mit Herzstillstand vor der Reanimation oder mit vor der Operation auf 10 Grad Celsius heruntergekühltem Körper. Der Tod ist bei ihnen aber noch nicht eingetreten. Offenbar liegt eine existenzielle Zäsur zwischen Lebendig- und Tot-Sein vor, die bisher nicht erklärt und beseitigt wurde. Das Lebendig-Sein der Lebewesen ist nach wie vor ein ungelöstes Rätsel.
Gegenstand der Wissenschaft Biologie sind die beobachtbaren Eigenschaften der Lebewesen wie das Verhalten, der Stoffwechsel, die Vererbung und Fortpflanzung, nicht das empirisch unzugängliche Wesen des Lebens.
Das Erbgut einer lebenden Zelle kann im Labor nachgebaut, auf ein Minimalgenom reduziert, durch existierende Gene erweitert und in eine andere lebende Zelle integriert werden. Wie ein lebender Einzeller mit einigen hundert erforderlichen Genen entstehen kann, hat noch kein Koryphäe der Molekulargenetik durch einen experimentellen Nachweis bisher belegt. Die von Louis Pasteur 1882 geäußerte Feststellung, dass alles Lebendige aus Lebendigem entsteht („omne vivum ex vivo“), gilt bis heute.
2. Die anatomische und physiologische Komplexität von Fossilien kann der von heutigen Tieren und Pflanzen, die mit ihnen vergleichbar sind, entsprechen, geringer oder größer sein. Zum Teil wird in den Ablagerungsschichten eine größere morphologische Vielgestaltigkeit von Lebensformen und eine größere Vielfalt von Arten als heute angetroffen.
Ein Erzeugnis der den komplexen Vorgang der Fotosynthese beherrschenden Cyanobakterien des Präkambriums sind die bis zu zehn Meter hohen Stromatolithen. Die Hinterlassenschaften aus fein geschichteten, kalkhaltigen Sedimentmatten ähneln Kuppeln, Rippeln auf Sandböden, verzweigten Säulen, Blätterteigprodukten oder Eierschachteln wurden eventuell bereits vor 3,7 Milliarden Jahren gebildet. Heutzutage finden Stromatlithen sich vereinzelt in kleinen Meeresarmen oder Seen und erreichen die präkambrische Formenvielfalt nicht mehr. In der irdischen Frühzeit bauten die Bakterienverbände gewaltige Riffe, die mit denen von heutigen Korallen verglichen werden können.
Die mindestens 20 Klassen fossiler Stachelhäuter wie Seeigel und Seesterne besitzen eine bilateralsymmetrische, drei- oder fünfstrahlige Gestalt. Bei den fünf heutigen Klassen von Stachelhäutern findet sich die fünfstrahlige Radiärsymmetrie. Eine immense Artenfülle im Erdaltertum hatten die Armfüßer, Haarsterne und Seelilien. Bei den gefiederten Fossilien des Erdmittelalters werden mehr Federtypen als bei den rezenten Vögeln gefunden. Dazu zählen basal drahtartige Federn mit fädiger Spitze, abgerundete asymmetrische Federn mit schmaler Basis, in Körpernähe bandartige Konturfedern, Federn mit mehreren von der kurzen Achse beidseitig abgehenden Ästen und haarförmige Fadenfedern mit Rezeptoren an der Basis zum Registrieren der Konturfeder-Stellung.
In den Ablagerungsschichten des vor zirka 539 Millionen Jahren begonnenen Kambriums ist eine hoch verschiedengestaltige Tierwelt fossil überliefert. Die Fossilien mit erstmals belegter Anatomie tauchen explosionsartig mit funktionsfähigen Merkmalen auf. Zur Fauna gehören Schwämme, Rippenquallen, Platt-, Priaps-, Ringel- und Eichelwürmer, Weich- und Hohltiere, Hakenrüssler, Flügelkiemer, Armfüßer, Nesseltiere, Stachelhäuter, Gliederfüßer, Mantel- und andere Chordatiere sowie kieferlose Fische als fossil älteste Vertreter der Wirbeltiere.
In den Meeren des Kambriums waren achtstrahlige Tiefseekorallen mit Biolumineszenz und Gattungen wie Collinsium, Hallucigenia und die über ein Meter großen Anomalocariden beheimatet. Collinsium ciliosum hat vorne ein Paar wie Antennen und sechs Paar wie fein gefiederte Filtrierer aussehende Anhänge. Zudem besitzt es neun beklaute Beine zum Festhalten der Beute und 72 spitze Rückenstacheln, um vermutlich Feinde abzuwehren. Der Körperbau ist komplexer als der von rezenten Stummelfüßern, die am ehesten mit ihm vergleichbar sind. Beim „irren Wundertier“ Hallucigenia wurde lange diskutiert, was die Ober- und Unterseite sowie das vordere und hintere Ende sein könnten. Außergewöhnlich wirken der lang gezogene Kopf, die spitzen Anhänge auf der Unter- und Oberseite sowie die üppige Bezahnung um den Mund und im Rachen. Den ihm ähnelnden Stummelfüßern fehlen solche Zähnchen.
Die Gattung Anomalocaris hat echte Kiefer, mehrere Zahnreichen, paarige Mundwerkzeuge, einen Rumpf mit elf Lappen von dreieckiger Grundform und zwei Augen auf kurzen Stielen. Mit den Facettenaugen aus jeweils bis zu 16.700 sechseckigen Einzelaugen sah der fossile Räuber schärfer als die meisten heutigen Insekten. Mit Hilfe zweier flügelförmiger Flossen war er so exzellent manövrierfähig wie Rochen. Die zwei gegliederten Mundwerkzeuge mit dornenartigen Anhängen packten die Beute und führten sie zur Mundöffnung, die wie eine Kamerablende geöffnet werden konnte. Eventuell dienten die mit Stacheln besetzten Greifer auch als Filtrierapparat, mit dem die Nahrung aus dem Wasser wie bei Bartenwalen aufgenommen wurde. Hinsichtlich der anatomischen Komplexität kann Anomalocaris ist rezenten Krebsen, Spinnen und Insekten verglichen werden.
Eine außergewöhnlich hochgradige Grazilität kennzeichnet den bis zu knapp zwei Zentimeter großen Gliederfüßer Marrella. Aus dem schmalen Kopfschild ragen zwei Paar nach hinten gerichtete Stacheln hervor. Hinter dem Kopf folgen 24 bis 26 Körpersegmente, die jeweils ein Paar zweiästige Gliedmaßen tragen, bestehend aus einem unteren Laufbein und einem oberen Zweig, der zarte Kiemen trägt. Die fischähnliche Pikaia besaß einen inneren Achsenstab, zickzackartig angeordnete Muskeln und einen Schlund mit Kiemenspalten. Mit den paarigen Tentakeln erkundete der Meeresbewohner seine Umwelt. Sein Aussehen erinnert an das heutige Lanzettfischchen.
Eine ökologische Bedeutung wie heutige Haie und Rochen hatte im untersten Kambrium vor 538 Millionen Jahren der bis zu 30 Zentimeter große Meereswurm Timorebestia koprii, der Gliederfüßer mit Chitin-Außenskelett verzehrte und dessen Gattungsname „furchteinflößende Bestie“ bedeutet. Vermutlich stand der räuberische Wurm mit Seiten- und Schwanzflossen, ausgeprägtem Kopf und Kiefer, zwei langen Greifstacheln und Bauch-Ganglion (Verdickung mit angehäuften Nervenzellen) weit oben in der Nahrungskette. Der in Röhren am Grund von Gewässern lebende unterkambrische Ringelwurm Dannychaeta tucolus hatte Merkmale, die bei der heutigen Familie der Megalonidae angetroffen werden. Dazu zählen das spatelförmige vordere Kopfende mit verlängerten Anhängen und der breite Vorder- und lange Hinterkörper mit zweigliedrigen Fortsätzen zur Fortbewegung. Wegen ihrer hohen Komplexität werden manche kambrischen Fossilien als „Kronentiere“ eingestuft.
Die Entstehung der im mittleren und oberen Kambrium bisher über 50 entdeckten Tierklassen bzw. mehr als 1.200 Gattungen mit oft geografisch weiter Verbreitung kann mit dem Hinweis auf einen hohen Kalzium- und Sauerstoffgehalt oder ein Freiwerden von Lebensräumen bei einer Krise nicht erklärt werden. Es sind tierfreundliche Rahmenbedingungen, aber keine genetische Erklärung für die Entstehung der anatomisch hoch unterschiedlichen Tierformen. Durch Umweltveränderungen wie ein anderes Nahrungsangebot oder Aufsuchen eines neuen Biotops lässt sich die Bildung neuer Arten in Folge ihres situativen Anpassungsvermögens erklären.
Die „Kambrische Explosion“ weist auf das Sterben der fossil überlieferten Tierarten und nicht auf ihre Entstehung hin. Wann, wo und wie die einzelnen Arten vor dem untersten fossilen Beleg entstanden sind, wo und wie lange sie nach dem obersten Fossilfund noch gelebt und welche nicht eingebetteten Arten zusätzlich existiert haben, ist ungewiss. Dazu sagen die geologischen Schichten nichts aus. Fossil werden die potenziellen Vorläufer der kambrischen Fauna im Präkambrium nur in seltenen Fällen angetroffen. So wurden in 560 bis 550 Millionen Jahre alten Ablagerungen in Südaustralien Abdrücke entdeckt, die auf bis zu zirka drei Zentimeter große Fadenwürmer als Vertreter der Häutungstiere verweisen könnten. Das Gleiche gilt für die Lebenswelt des Ordoviziums nach der Krise im ausgehenden Kambrium. Zwischen den kambrischen Gattungen und den bisher im Ordovizium ausgegrabenen wie dem maximal neun Meter langen Cameroceras mit Jet-Antrieb oder dem Rückenknochenfisch Astraspis bestehen anatomische Unterschiede, die das heute belegbare Veränderungspotenzial bei der Bildung neuer Arten weit übertreffen.
Relikte einer fossil älteren Lebenswelt als die kambrische Fauna sind die nach einem Fundort in Australien benannten Ediacara-Fossilien. Lange wurde debattiert, welcher taxonomischen Großgruppe die global verbreiteten Fossilien zuzuordnen sind. Vorgeschlagen wurde die Einordnung als Flechten, Pilze, Rieseneinzeller, Zellkolonien, frühe Tierstämme oder eigene Taxa. Durch Nachweis von Cholesterin bei der Gattung Dickinsonia aus dem Weißen Meer wurden die bisher bekannten Fossilleichen 2018 als Vertreter einer Fauna eingestuft, was bei einigen Fachpersonen der Paläobiologie noch umstritten ist.
Die zum Fossilfundus gehörende Gattung Dickinsonia ähnelt einer elliptischen Scheibe mit mehreren Segmenten entlang der Mittelachse. Pteridinium simplex erinnert an den Rumpf eines Bootes mit vertikal dem Kiel entlanglaufender Scheidewand. Charnia wardi gleicht einem langen Blatt mit starker Äderung. Luftmatratzenähnliche Arten hatten variabel mit Lamellen abgesteppte Körperhüllen. Wie Farnwedel aussehende Fossilien waren bis zu zwei Meter lang und hatten Stiele zur Verankerung auf dem Meeresgrund. Yorgia waggoneri könnte sich ähnlich wie einzellige Amöben fortbewegt haben.
Typische Räuber-Beute-Beziehungen existierten vermutlich noch nicht, da fossile Belege von Verletzungen noch nicht entdeckt wurden. Daher wurde gelegentlich vom „goldenen Zeitalter mit dem friedlichen Garten von Ediacara“ gesprochen. Die Ernährung und die Fortpflanzung sind erst teilweise bekannt. Gattungen wie die den Weichtieren ähnelnde Kimberella und die an Röhrenwürmer erinnernde Calyptrina könnten vor etwa 558 Millionen Jahren Matten mit Algen und Bakterien am Meeresgrund abweidet und verdaut haben. Der Sterinstoffwechsel in ihrem Darm glich dem von heutigen wirbellosen Tieren. Und Quaestio simpsonorum mit Links-Rechts-Asymmetrie könnte sich vor 550 Millionen Jahren wie ein kleiner Staubsauger über den Meeresboden bewegt und Nährstoffe aus Kleinstlebewesen bezogen haben.
Manche Arten erhielten eventuell Moleküle durch Osmose aus dem Wasser, andere lebten als Filtrierer. Farnähnliche standen möglicherweise als Kolonie über dünne Fäden miteinander in Kontakt. Mit Hilfe der Vernetzung könnten die Individuen Nährstoffe wie manche Pflanzen über Seitentriebe mit Ablegern ausgetauscht haben. Das aus teilweise meterlangen Fäden bestehende Geflecht könnte auch zur asexuellen Vermehrung gedient haben. Zudem könnte Fortpflanzung durch Knospung stattgefunden haben. Funisia mit dicht angeordneten Röhren und laichartigen Gebilden pflanzte sich möglicherweise sexuell und asexuell fort.
Die Vorfahren der bisher in Australien, Namibia, Südafrika, Kanada und Russland entdeckten Ediacara-Lebenswelt werden noch gesucht. Sie taucht fossil abrupt auf und ist im Kambrium nicht mehr überliefert. Davor endete die globale Gletscherepoche. Vor 720 bis 635 Millionen Jahren glich nahezu die gesamte Erde mit zugefrorenen Meeren einem Schneeball oder einer Schneematschkugel. Eine weitere Eiszeit attackierte die Erdbewohner vor etwa 581 bis 580 Millionen Jahren. Wie unter dieser Rahmenbedingung die verschiedengestaltigen Gattungen und Familien entstehen konnten, bedarf noch einer überzeugenden Erklärung. Der Hinweis auf einen höheren Sauerstoffgehalt durch starke Algenvermehrung in Folge einer größeren Mineralstoffmenge nennt eine für Tiere günstige Rahmenbedingung, ist aber keine Erklärung mit Ursache-Wirkung-Beziehung. Und die Behauptung eines „entfesselnden Schubes durch ein global extremes Klima“ oder eines Anfangs von bis heute mysteriösen Kreaturen durch „evolutionäre Kreativität“ übertüncht fehlendes genetisches Wissen oder vermenschlicht den angenommenen Prozess einer phylogenetischen Entwicklung.
Wiederholt zeigt sich bei den Fossilien in den Sedimenten der Ediacara-Epoche ein rascher Aufstieg und Niedergang von unterschiedlichen Gruppen. Zweimal war die Lebenswelt einer hohen Auslöschungsrate ausgesetzt, vor zirka 551 und vor 542 bis 539 Millionen Jahren. In einer Studie von 2024 wurde das doppelte Aussterben gegen Ende des Präkambriums als das erste Massenaussterben der Lebensgeschichte eingestuft. Daher könnten nicht fünf, sondern sechs fossil dokumentierte Massenaussterben stattgefunden haben.
Der evolutionsbiologische Erklärungsversuch für die Entstehung der unterschiedlichen Typen von Lebensformen in den diversen geologischen Zeiten lautet: Wären alle schätzungsweise eine Milliarde bisherigen Arten fossil überliefert, könnte eine phylogenetische Entwicklung über zahlreiche Zwischenformen belegt werden. Da aber nur schätzungsweise 200.000 fossile Arten bislang bekannt sind, tauchen die unterschiedlichen fossilen Lebensformen in der Regel unvermittelt auf. Es überzeugt nicht, da die Annahme von einer Milliarde bisher existierten Arten die zu belegende phylogenetische Entwicklung voraussetzt.
Zudem liegen die Merkmale der Fossilien beim erstmaligen Auftreten in fertiger Ausführung vor. Dies demonstriert die folgende Zeichnung der kambrischen Fauna von John Sibbick. Es würde vermutlich keine Fachperson die Tiere als primitiv oder mit noch in der Entwicklung befindlichen Merkmalen einstufen, wenn sie heute in den Meeren vorkommen wären.
Das Konzept einer phylogenetischen Entwicklung über zahlreiche Zwischenformen wird auf empirischer Betrachtungsebene unter anderem ernsthaft in Frage gestellt, da die anatomisch komplexen und physiologisch hoch leistungsfähigen Facetten- und Linsenaugen bereits am Beginn der fossilen Augenüberlieferung im Unterkambrium vorliegen. Vorstufen der beiden Augentypen wurden fossil noch nicht entdeckt.
Frappierend ähnlich mit den Facettenaugen rezenter Gliederfüßer sind die fossilen Sehorgane unterkambrischer Trilobiten. Holmia kjerulfi sah mit den dicht gepackten Einzelaugen die Umgebung so scharf wie heutige Bienen. Auch die Augenleistung von Schmidtiellus reetae ähnelte der von heutigen Insekten. Pigmente schirmten die etwa 100 aus einem zentralen Lichtleiterstäbchen und sieben peripheren Sinneszellen bestehenden Einzelaugen voneinander ab. Ein spezieller Bautyp kompensierte die fehlende Linse. Das zentrale Sehstäbchen wandelte die Lichtsignale in elektrische Impulse um, die vom Nervensystem verarbeitet wurden. Wie heutige Insekten sah der Trilobit die verschiedenen Helligkeitsverteilungen im Umfeld. Laut Untersuchungsteam zeigt das fossile Facettenauge „eine elegante physikalische Lösung, wie man ein Qualitätsbild moderner Art entwickeln kann“.
Vergleichbares lieferte die Analyse des Facettenauges des ungeföhr 429 Millionen Jahre alten Trilobiten Aulacopleura koninckii aus dem Silur. Auch hier schirmten Pigmente die circa 200 Einzelaugen voneinander ab. Jedes hatte acht um das zentrale Lichtleiterstäbchen gruppierte Sinneszellen. Oberhalb der lang gestreckten Sehzelle befand sich der das Licht brechende Kristallkegel, darüber die hauptsächlich aus Kalzit bestehende Linse, welche die Lichtstrahlen zum zentralen Lichtleiterstäbchen lenkte, und außen war eine lidartige Schicht zum Abschatten des einfallenden Lichts und Stabilisieren des Auges positioniert. Insgesamt ähnelten der Aufbau und die Funktionsweise des Facettenauges dem von rezenten Bienen und tagaktiven Krebstieren, weshalb die Autoren von „einer modernen Art des Komplexauges“ sprachen.
Der fossile Nachweis hochauflösender Facettenaugen ab dem unteren Kambrium mit einer gleichwertigen Funktionsweise wie bei heutigen Gliederfüßern entspricht nicht der Erwartung aus evolutionsbiologischer Sicht. Ein anatomisch und physiologisch komplexer Augentyp tritt zu Beginn der fossilen Überlieferung voll funktionsfähig auf und sein Grundaufbau wird noch heute angetroffen. Damit sieht eine Stubenfliege mit ihren Tausenden Einzelaugen 200 Bilder pro Sekunde, während der Mensch nur 16 bis 18 Einzelbilder in jeder Sekunde wahrnimmt.
Zu den fossil ältesten Tieren mit Linsenaugen zählen die unterkambrischen kieferlosen Fische Myllokunmingia fengjiaoa und Haikouichthys ercaicunensis aus 530 Millionen Jahre alten Schichten. Eine kontinuierliche Entstehung des Linsenauges ist fossil nicht dokumentiert.
Heutige Lebewesen mit Linsenaugen sind die Würfelqualle Tripedalia cystophora, die Große Pilgermuschel, die Tintenfische, manche Schnecken und Ringelwürmer, die Wirbeltiere und der Mensch.
Die nur ein Zentimeter große Würfelqualle Tripedalia cystophora hat an den Körperecken vier Sinneskörper mit jeweils vier Pigmentbecher- und zwei Linsenaugen. Der Brechungsindex der Linse sinkt kontinuierlich von innen nach außen, um Abbildungsfehler zu vermeiden. Die Pupille passt sich an verschiedene Lichtverhältnisse an. Wie die Verarbeitung optischer Reize durch einfache Nervenstränge funktioniert, wird noch erforscht.
Bei der zu den Kammmuscheln zählenden Großen Pilgermuschel befinden sich bis zu 200 ein Millimeter große Linsenaugen am Mantelrand. Jedes besteht aus einer Hornhaut, einer doppelschichtigen Netzhaut und einem dahinter positionierten Reflektorspiegel. Die vordere Schicht der Netzhaut dient primär der Wahrnehmung von Objekten unterhalb, die hintere dem Erfassen des Umfeldes oberhalb der Muschel. Der Reflektorspiegel besteht aus bis zu 30 übereinander liegenden Schichten aus flächig angeordneten, quadratischen Guaninkristallen. Ihre Kantenlänge beträgt etwa 1,23 μm und ihre Dicke durchschnittlich 74 nm. Der Hohlspiegel reflektiert Grün- und Blaulichtanteile auf die Brennpunkte der Netzhautschichten. Wie der Linsenaugetyp entstanden ist, gehört ebenfalls noch zu den Rätseln der Evolutionsbiologie.
Beim Linsenauge der Säugetiere wird das auf die vordere Netzhaut gelangende Licht von röhrenartigen Zellfortsätzen spezieller Glia-Zellen bis zu 99 Prozent zu den Lichtsinneszellen der hinteren Netzhaut geleitet. Die lang gestreckten, parallel zum Lichteinfall verlaufenden Zellfortsätze werden auf dem Weg zu den Stäbchen und Zapfen kontinuierlich enger. Fast jedes Lichtteilchen wird aufgefangen und ohne nennenswerte Abschwächung und Streuung zu den Lichtsinneszellen geleitet. In der Regel wird jede für das farbliche und scharfe Sehen bei Tag zuständige Zapfenzelle von einem Zellfortsatz mit Photonen versorgt. Bei Dunkelheit leitet ein Zellfortsatz die Lichtteilchen zu etwa zehn Stäbchenzellen.
Wie der zelluläre Photonentransport durch die Netzhaut entstanden ist und während der Embryonalentwicklung durch vielfach vernetzte Interaktionen zu Stande kommt, wurde noch nicht nachvollziehbar erklärt. Bevor Sehen mit hoher Abbildungsschärfe funktioniert, läuft während der Embryonal- und Fetalentwicklung auf genetischer, epigenetischer, molekularer, zellulärer, histologischer und organischer Ebene eine komplizierte Kaskade von Prozessen ab. Die Wahrnehmung überlebensrelevanter Umweltreize mittels Linsenauge ist nur möglich, wenn alle ontogenetischen Entwicklungsschritte reibungslos ablaufen und die Komponenten an der benötigten Stelle platziert sind. Wie auf den späteren Aufbau und das spätere Funktionieren nicht ausgerichtete Mutationen es zu Stande bringen können, hat noch niemand hinreichend mit genetischen und epigenetischen Argumenten erklärt. Die Abläufe bis zum Vorliegen der proteinkodierenden und regulierenden Gene für die Bildung eines Facetten- und Linsenauges sind bislang noch unbekannt.
Die Schuppen der Fische und Reptilien, die Haare und der für Vögel typische Hornschnabel tauchen in Sedimenten ebenfalls ohne fossile Vorläufer auf. Komplex gemusterte Schuppen, die denen der heutigen Krokodile ähnelten, besaßen auch die ältesten Reptilien aus dem Perm vor ungefähr 285 Millionen Jahren. Die Schuppen waren kaum ein Zehntel Millimeter groß, boten aber Schutz vor Austrocknung, UV-Strahlung und Verletzung auf dem Festland. Die Schnäbel der Dinosaurier kommen als Vorläufer des ab der unteren Kreide überlieferten Vogelschnabels nicht in Frage, da sie überwiegend in deutlich jüngeren Schichten angetroffen werden. Fossil sind die ältesten Vogelgattungen mit Hornschnabel wie Archaeorhynchus, Zhongornis und der Konfuzius-Vogel geologisch zeitgleich mit gezähnten Vögeln eingebettet. Bei heutigen Vögeln erfüllen die Steinchen im Magen die Kaufunktion der Zähne fossiler Vogelarten.
Die flaum- und haarartigen Körperbedeckungen der Dinosaurier sind keine Vorläufer der für Vögel typischen Feder, da sie bei Dinosauriern angetroffen werden, die nicht älter als der 150 Millionen Jahre alte Urvogel Archaeopteryx und der 25 Millionen Jahre jüngere Konfuzius-Vogel sind. Wären die den Körperumriss der Vögel festlegenden Konturfedern, die in Deck-, Flug- und Schwanzfedern unterteilt werden, aus Schuppen der Reptilien entstanden, hätten die ältesten fossilen Federn den einfachsten Aufbau, was aber nicht zutrifft. Für fliegende Vögel typische Merkmale wie die asymmetrischen Konturfedern und der Daumenfittich werden bei Fossilien kreuz und quer im taxonomischen System angetroffen.
Flugfähigkeit mit Hilfe der Brust- und Schultermuskulatur taucht fossil mehrmals unabhängig voneinander auf, etwa beim vierflügeligen Microraptor, beim auf Madagaskar entdeckten Rahonavis, bei Anchiornis und Archaeopteryx. Die Mehrfachentstehung eines Merkmals bei taxonomisch entfernten Gruppen verlangt eine höchst komplizierte Erklärung, die bisher noch nicht vorliegt.
Aus dem Oberjura und der Kreide sind über 200 Vogelarten mit verschiedenen Federtypen, Schwanzformen und Flugfähigkeiten überliefert. Sie waren mit ihrer zum Teil aus heutiger Sicht kurios anmutenden Merkmalskombination an nicht mehr vorkommende Lebensräume angepasst. Werden die Fossilgattungen mit diversen Federtypen, Schwanzformen, Flugstilen, Gabelbeinen, Pygostylen (verschmolzenen abschließenden Schwanzwirbeln), bezahnten Kiefern, bezahnten und unbezahnten Schnäbeln taxonomisch zugeordnet, ergibt sich ein netzartiges Gebilde. Beim Massenaussterben beim Kreide-Tertiär-Übergang starb die fossil bekannte Vogelfauna des Erdmittelalters nahezu vollständig aus.
Die elastischen Vogelfedern sind im Aufbau und Material, bei den proteinkodierenden und regulierenden Genen, bei der mehrphasigen Bildung und beim Austausch in der Mauser völlig anders als die Hornschuppen der Reptilien. Eine Ähnlichkeit liegt nur im Anfangsstadium der Bildung bei der Erhebung auf der Haut vor. Danach bestehen zahlreiche Unterschiede bei der Ontogenese, Zusammensetzung und zerebralen Steuerung. Jungvögel haben Dunen mit vielen Luftzwischenräumen zur Aufrechterhaltung der konstanten Körpertemperatur von 41 Grad Celsius. Später werden die Dunen bei vielen Vögeln zu Spitzen der Konturfedern. Am Körper können dann zusätzliche Dunen gebildet werden.
Bevor die Flugfedern vorliegen, die bei Abschlägen eine nahezu luftundurchlässige und bei Aufschlägen eine luftdurchlässige Tragfläche erzeugen, vollzieht sich ein vielfach vernetzter Prozess. Die Epidermis hebt sich, senkt sich dann ein und bildet den Federbalg. An dessen Grund lassen Blutgefäße, Nerven und Bindegewebe den Federkeim entstehen, der die sich bildende Feder ernährt, danach abstirbt und bei der Entstehung des Federkiels beteiligt ist. Im röhrenförmigen Federbalg bilden sich die diversen Federtypen. In ihm steckt die Spule als der untere Teil des Kiels. Die Zellen vermehren sich in einem Ring um die Federanlage herum.
Die vom Epidermalkragen nach oben abgegebenen Zellen werden zu Bestandteilen der Feder. Sie entwickelt sich als Zylinder in der geschlossenen Federscheide. Aus Säulen, die aus dem hochwachsenden, sich teilenden Epidermalkragen entstehen, werden die Federäste. Sie sitzen am Kiel, der die Federfahne trägt. Die Äste verzweigen sich unten in die Bogenstrahlen und oben in die Hakenstrahlen, die mit in die Bogenstrahlen greifenden Häkchen besetzt sind. Bei der fertigen Konturfeder sind über eine Million Bogen- und Hakenstrahlen wie bei einem Reißverschluss miteinander verknüpft. Eine schaumartige Substanz, deren Fasernetzwerk mit einem Polymer beschichtet ist, bindet Gase im Kiel und in den Ästen. Der leichte Innendruck erschwert Deformierungen. Nach einem Verbiegen kommt die vorherige Struktur wieder leichter zu Stande. Muskeln und feinfädige Keratinfasern verankern die Äste im Kiel. Die Fasern können Brüche und Rissbildungen verhindern, da sie längsgerichtet, kreuzweise und verknotet in der Feder verlaufen.
Das vielfältige Gefieder der Vögel, das bei flüggen Jungvögeln anders als bei erwachsenen Vögeln ist, je nach Geschlecht und Jahreszeit sich unterscheidet, bei Eulen einen lautlosen Flug durch einen weichen und unscharfen Deckfederrand ermöglicht, mit Hilfe von Muskeln bei den Flug- und Schwanzfedern bewegt wird und deren Position mittels Sinneskörperchen dem Gehirn mitgeteilt und von ihm gesteuert wird, ist ein hoch komplexes Merkmal, dessen Entstehung noch völlig im Dunkeln liegt. Die bisher bekannten Fossilfunde und genetischen Erklärungsversuche geben darüber keine Auskunft.
3. Morphologische Stillstände im Grundaufbau ab dem erstmaligen fossilen Auftauchen bis zum Aussterben oder heute durchziehen die fossile Überlieferung. Bei der Bildung neuer Arten bleibt der Grundaufbau der einzelnen Lebensformen erhalten. Der längerfristigen Stabilität liegt keine konstante Umweltbedingung zu Grunde, da die fossilen Arten in verschiedenen oder veränderlichen Biotopen lebten. Eine nachvollziehbare Erklärung ist, dass Schäden an den Proteinen und am für die Lebensformen spezifischen Genom von hocheffizienten Protein- und DNA-Reparatursystemen beseitigt werden. Beispielsweise identifizieren und korrigieren RNA-gesteuerte Endonukleasen bei der DNA aufgetretene Fehler. Hierbei handelt es sich um Enzyme, die mittels einer RNA die DNA schneiden. Chaperone registrieren und beheben bei Proteinen fehlerhafte Faltungen und können häufig die funktionale Proteinstruktur durch eine beschleunigte Faltung wiederherstellen. Dies zeigt in eine andere Richtung als das Konzept einer phylogenetischen „Weiter- und Höherentwicklung“. Die Behauptung, es handle sich bei den Abermillionen von Jahren bestehenden Stabilitäten um wenige Ausnahmen, wird durch die Fülle der vorgestellten Aufbaustillstände widerlegt.
Der innere und äußere Aufbau der kugelförmigen Grünalgengattung Codium ist fossil nahezu unverändert bei einem mindestens 541 Millionen Jahre alten Fund überliefert. Kiemenfüßer, Ruderfußkrebse und Cephalocaridae in 520 Millionen Jahre alten Schichten der chinesischen Provinz Yunnan sehen wie die heutigen aus. Die etwa 0,25 Millimeter großen Krebslarven von Wujicaris muelleri bewegten sich mit den Beinchen wie rezente bei der Nahrungssuche fort. Eine vor 520 Millionen Jahren in der Yulanshan-Formation fossil konservierte Gliederfüßer-Larve besaß die inneren Organe rezenter Gliederfüßer wie verschiedene Gehirnregionen, ein Nervensystem, Verdauungsdrüsen und ein effizientes Kreislaufsystem mit Hämolymphe, die dem Blut der Wirbeltiere entspricht. Rippenquallen mit heutiger Anatomie wurden vor 518 Millionen Jahren mit Tentakeln in Qingjiang eingebettet. Frei schwimmende Quallen mit glockenförmigem, bis zu 20 Zentimeter hohem und zirka acht Zentimeter breitem Schirm zur Fortbewegung und mehr als 90 fingerartigen Tentakeln zum Fangen von größeren Beutetieren besiedelten die Meere vor 505 Millionen Jahren, worauf Fossilfunde im Burgess-Schiefer verweisen. In der Mitte unterhalb des Schirms befand sich wie bei rezenten Quallen der längliche Magenstiel mit der Mundöffnung am unteren Ende.
Perlboote der Gattung Nautilus haben über 500 Millionen Jahre die Anatomie mit einem spiralförmigen Panzer als Schutz vor Beutegreifern und dem zerstörerischen Druck in der Tiefsee weitgehend beibehalten. Das Gas in der hinteren Schale diente vermutlich wie heute als Auftrieb beim Manövrieren wie bei einem U-Boot. Kaum verändert seit damals haben sich auch die zu den Wirbeltieren zählenden aalähnlichen Neunaugen mit knorpeligem Innenskelett, flossenartigem Saum am Rücken und Schwanz und Körperöffnungen auf jeder Seite für Nasenloch, Auge und sieben Kiemenlöcher. Die zwei Hirnareale ähneln hinsichtlich der Lage, des Aufbaus und der Verbindungen mit tieferen Hirnbereichen dem Gehirn von Säugetieren. Ein Areal erhält vom Thalamus die Informationen des Auges, das andere die des Kopfes und übrigen Körpers. Der fossil seit ungefähr 500 Millionen Jahren bekannte Große Linsenkrebs wurde 2021 lebend im Nationalpark Donau-Auen in Österreich entdeckt. Ein einigen heute zum Verwechseln ähnliches Manteltier ist in der 500 Millionen Jahre alten Marjum-Formation in Utha überliefert und erhielt wegen der großen paarigen Siphons und des sackartigen Körperbaus den Artnamen Megasiphon thylakos.
Die in ihrer Körperform deutlich unterscheidbaren Seelilien, Schlangenstern, Seewalzen und anderen Stachelhäuter besiedeln die Meere mit heutigem Aussehen seit über 480 Millionen Jahren. Vor mindestens 450 Millionen Jahren brütete der Muschelkrebs Luprisca incuba seine Eier aus und kümmerte sich wie heutige um die geschlüpften Jungtiere. Pfeilschwanzkrebse in 440 Millionen Jahre alten Silur-Schichten und im fränkischen Jura gleichen rezenten mit zweiteiligem Körper und Komplexaugen aus etwa tausend Einzelaugen. Ältere Fossilien der ab dem Silur eine Hochphase erlebenden Pfeilschwanzkrebse sind bereits aus dem Kambrium bekannt. Das blaue Blut der vier heutigen Arten wird wegen einer antibakteriellen Substanz kommerziell genutzt. Kaum verändert haben sich auch das Atmungs- und Kreislaufsystem des Skorpions Parioscorpio venator aus der 437 Millionen Jahre alten Waukesha-Lagerstätte in Wisconsin. Zwei Fossilexemplare haben ähnliche Vorderbeinklauen und die gleiche Giftblase im hinteren Körperteil wie rezente Skorpione zur Verteidigung und Beutejagd.
Männliche Muschelkrebse der Art Colymbosathon ecplecticos zeigen seit etwa 425 Millionen Jahren anatomischen Stillstand bis in die Weichteile. Die gleichaltrige Asselspinne Haliestes dasos ähnelte der rezenten Nymphon gracile. Vor 410 Millionen Jahren kleideten Spinnen ihre Höhle mit einer seidenen Falle wie heutige Gliederspinnen aus. 400 Millionen Jahre alte Weberknechtfossilien der schottischen Lagerstätte Rhynie Chert haben das Atmungssystem und die Geschlechtsorgane von heutigen. Die Art Eophalangium sheari wird in der Nähe bis heute angetroffen. Die fossil ältesten Quastenflosser aus dem Devon vor 400 Millionen Jahren ähneln den rezenten.
Vor Costa Rica in 6.000 Meter Tiefe leben Urmützenschnecken seit über 380 Millionen Jahren. Die Garnele Aciculopoda mapesi aus 360 Millionen Jahre alten Schieferschichten Oklahomas gleicht heutigen bis in die Muskelstränge im Hinterleib. Eine im Bundesstaat New York entdeckte Schweifspinne wickelte ihre Eier auch vor 350 Millionen Jahren mit Seidengeflechten ein. Gleichaltrige Moosfossilien lassen sich teilweise heutigen Arten zuordnen. Die Panzerplatten und Stacheln rezenter Käferschnecken finden sich bei 335 Millionen Jahre alten Fossilien aus Indiana. Weberknechte mit den heutigen Mundwerkzeugen, Krallen und Beinspitzen wurden vor 305 Millionen Jahren in einem französischen Steinkohlenwald eingebettet. Sie ähneln einerseits europäischen Vertretern mit rundem Körper und dünnen Langbeinen und andererseits stacheligen in Nordamerika.
Tropische Geißel- und Kapuzenspinnen mit dem Aussehen von rezenten wurden vor 300 Millionen Jahren fossilisiert. Gleichaltrige Eintags- und Florfliegen und andere Netzflügler sehen wie heutige aus. Die Leistung des Flugmechanismus von damaligen Libellen entsprach der von heutigen. Feenkrebse filterten Kleinplankton in Süßgewässern heraus. Ginkgobäume der rezenten Gattung Trichopitys sind in knapp 300 Millionen Jahre alten Schichten eingebettet. 170 und 56 Millionen Jahre alte Funde ähneln heutigen Arten wie Ginkgo yimaensis und Ginkgo adiantoides. Mimikry zum Täuschen von Fressfeinden findet sich vor 270 Millionen Jahren bei den Flügeln des Insekts Permotettigonia gallica. Wie rezente Laubheuschrecken ahmte es die Mittelader und die waagerechten Seitenadern von Blättern nach. In der Karibik schwamm damals der knochenhechtähnliche Manjuari. Dem Tag-Nacht-Rhythmus folgende Faltblätter besaß vor zirka 259 bis 252 Millionen Jahren die Nacktsamige Blütenpflanze Gigantonoclea. Ein Triops-Blattfußkrebs mit über 60 Beinpaaren im 220 Millionen Jahre alten fränkischen Keuper überlebte seither weitgehend unverändert. In einem gleichaltrigen Bernsteinarchiv aus der Region der Stadt Cortina d’Ampezzo in Italien sind Lebewesen eines küstennahen Koniferenwaldes mit den innerzellulären Strukturen eingeschlossen. Einige ähneln rezenten Gattungen. Sie gehörten zu einer Lebensgemeinschaft mit Bakterien und Grünalgen als Produzenten, Wimperntierchen und Amöben als Konsumenten und Pilzen als Destruenten.
In 201 Millionen Jahre alten Schichten aus Schandelah in Niedersachsen finden sich Bruchstücke von Beinen, Körper- und Flügelschuppen von Schmetterlingen und Motten mit Saugrüssel und anderen Insekten. Teilweise ähneln sie heutigen Glossata. Von nacktsamigen Pflanzen erhielten sie Nektar. Etwa 200 Millionen Jahre alte Schaben und ein gleichaltriges Fossil der neuseeländischen Langfühlerschrecke Riesenweta gleichen heutigen. Auch damals legten die Störe die Eier in oberen Flussregionen ab. Affenbäume wuchsen vor 190 Millionen Jahren im heutigen Patagonien, als die Anden noch nicht existierten. Belege sind fossile Zapfen mit Samen. Zu der Zeit existierte auch das Ontogenese-Muster des Unterkiefers und der Skelettanatomie der Brückenechse. Ein 180 Millionen Jahre altes Königsfarnfossil aus Schweden ähnelt rezenten bis in die Zellorganellen und Zellteilungsphasen.
Eine 165 Millionen Jahre alte fossile Spinne aus der Inneren Mongolei stimmte mit der rezenten Gattung Plectreurys so stark überein, dass sie Eoplectreurys genannt wurde. In der Region flog damals die Florfliegenart Lichenipolystoechotes angustimaculatus. Ihr netzartiges Flügeladermuster ähnelte der dortigen Flechte Daohugouthallu, so dass Fressfeinde die auf der Flechte sitzende Fliege kaum wahrnahmen. Kaum verändert seit diesem Zeitpunkt hat sich auch der Grundaufbau des heute in Höhenlagen im Himalaya ansässigen und vom Aussterben bedrohten Takakia-Mooses. Brutpflege findet sich vor 163 Millionen Jahren bei der fossilen Wasserwanze Karataviella popovi. Die Weibchen klebten dicht gepackte Eiergebilde an ihr linkes Bein. Mindestens 161 Millionen Jahre existiert die mit drastischen anatomischen und physiologischen Änderungen verbundene Metamorphose, deren Ursprung noch rätselhaft ist. Ein fossiler Beleg ist eine 16 Zentimeter lange Kaulquappe der Froschspezies Notobatrachus degiustoi mit dem gleichen Filtermechanismus bei der Aufnahme von Nahrungspartikeln wie bei den rezenten Fröschen. Heutige Knochenhechte ähneln Fossilfunden, die auf bis zu 157 Millionen Jahre datiert werden.
Meerengel sind rochenähnliche Haie. Ein Fossil von Pseudorhina acanthoderma aus dem im Oberjura vor zirka 150 Millionen entstandenen Nusplinger Plattenkalk hat den abgeflachten Körperbau von heutigen. Rezente Käfer der Gattung Zetraphalerus und die Wollemi-Kiefer ähneln Fossilien in 150 Millionen Jahre alten Schichten. Korallen mit der Formenvielfalt von heutigen lebten vor 140 Millionen Jahren in der Schwäbischen Alb. Ein Spinnenfaden der 130 Millionen Jahre alten Lagerstätte bei Jezzine im Libanon stimmt im Durchmesser, in der Länge sowie Dichte und Verteilung der 38 Klebstofftröpfchen mit der Spinnenseide rezenter Webspinnen überein. Die Termitengattung Mastotermes war damals global verbreitet. In Bernsteinen aus dem Libanon sind ein Exemplar der rezenten Rüsselkäfergruppe Nemonychidae und frisch geschlüpfte Florfliegenlarven eingeschlossen. An manchen Eihüllen haften noch die Ei-Schlitzer zum leichteren Schlüpfen der Larven.
Etwa 130 Millionen Jahre alte Mammutbäume und 125 Millionen Jahre alte Koboldhaie sehen wie rezente aus. In zirka 115 Millionen Jahre alten Bernsteinen aus Alava in Spanien werden der heutigen Art Mesozygiella dunlopi ähnelnde Radnetzspinnen angetroffen. Die gleichaltrige, bis in einzelne Zellen erhaltene Lilienart Cratolirion bognerianum zeigt beim faserigen Wurzelsystem, den parallelnervig schmalen Blättern mit Blattscheide und der dreizähligen Blüte die Merkmale der heutigen Lilien. Zusätzlich hat die fossile Lilie eine Dolde als Blütenstand. Den Habitus einkeimblättriger Pflanzen gab es daher auch in der Kreide. Des Weiteren wurden im Nordosten Brasiliens gleichaltrige Relikte von Seerosen, Aronstäben und anderen zweikeimblättrigen Blütenpflanzen gefunden.
Hunderte Fragmente in Bohrkernen von 114 Millionen Jahre alten Nordatlantikschichten lassen sich heutigen Schlangensternen zuordnen. Der in indischen Gewässern beheimatete Gestreifte Buntbarsch existiert seit über 100 Millionen Jahren. Wasserläufer in 100 Millionen Jahre altem Bernstein aus Peñacerrada in Nordspanien glitten wie heutige über Gewässer. In gleichaltrigem Bernstein aus Myanmar sind Fruchtkörper der Schleimpilzgattung Stemonitis und eine parasitäre Fächerflüglerlarve mit heutigem Aussehen eingeschlossen. Ein Muschelkrebs erzeugte damals einen Knäuel von in Harz konservierten Riesenspermien, dessen heutige Weibchen die Spermien in einer Tasche tragen. Lamellenpilze wuchsen vor mindestens 99 Millionen Jahren auf Bäumen. Hütchen in burmesischem Bernstein ähneln denen der rezenten Art Palaeoagaracites antiquus. Damals gelangten in Myanmar eine Schildzecke, eine lebendgebärende Schnecke mit fünf Jungtieren nach der Geburt und zwei Tausendfüßer in den Harz von Bäumen. Die Tausendfüßer besitzen die typischen Merkmale wie den birnenförmigen Kopf und die siebengliedrigen Antennen von heutigen. Zur Fauna in Myanmar zählten auch ein Federleuchtkäfer und ein Glühwürmchen, dessen Leuchtorgan bei der Bauchspitze dem von rezenten, Licht erzeugenden Leuchtkäfern glich. Mit Hilfe des Leuchtens können die zwei Geschlechter zusammenfinden.
Die zu den Nacktsamern zählenden Palmfarne ließen sich in Australien vor zirka 99 Millionen Jahren von Käfern bestäuben. In Burma wurde ein zur Familie der Boganiidae gehörender Käfer der Art Cretoparacucujus cycadophilus mit Pollen von Palmfarnen in Bernstein konserviert. Offenbar lag die clevere Fortpflanzung der zweihäusigen Pflanze mit männlichen Blüten zum Anlocken gefräßiger Käfer und Pheromone aussendenden weiblichen Blüten in der Kreide vor. Die vier Millimeter große Stachelkäferart Angimordella burmitina könnte eine bedecktsamige Pflanze der Klasse Rosopsida mit hochentwickelten dreifurchigen Pollen bestäubt haben. Beinanhänge eines Käfers in Baumharz aus Myanmar belegen den Transport goldfarbener Pollen wie bei heutigen Bienen. Eine Arbeiterin der rezenten Ameisenart Sphecomyrma freyi befindet sich in 92 Millionen Jahre altem Bernstein aus New Jersey. Die heutigen Knochenhechte haben fossile Vorfahren mit gleichem Aussehen ebenfalls in der oberen Kreide.
Heuschrecken flogen vor 55 Millionen Jahren wie heute mit 7 kHz zirpend über Meere und Seen. Weibliche Gnitzen, kleine stechende Mücken, bilden Sexuallockstoffe in Zerstäubern am Hinterleib. Eine Gnitze in 54 Millionen Jahre altem indischem Bernstein besitzt an den Vorderflügeln blasenförmige Täschchen mit randständigen Härchen zum Zerstäuben der dortigen Pheromone beim Fliegen. Den etwa 4.000 rezenten Arten fehlt der Mechanismus zum Anlocken weit entfernter Männchen.
Die ältesten Fledermausfossilien mit dem typischen Echoortungsapparat heutiger sind in etwa 52 Millionen Jahre alten Sedimenten eingebettet. Mit Echoscans nahmen sie Abstand, Umriss, Größe und Beschaffenheit von fliegenden Insekten wahr. Laut Proteinvergleich heutiger Fledermausfamilien entstand die Echoortung mit Ultraschall zweimal unabhängig voneinander, was eine Erklärung vehement erschwert. Würde die in den 1960er Jahren in Wyoming entdeckte Art Icaronycteris index noch heute leben, wäre sie von rezenten Fledermäusen kaum zu unterscheiden. Die Schulterblätter, das Brustbein, der Brustkorb, die Hinterextremitäten und die Proportionen der Gliedmaßen ähneln den heutigen. Die für Insektenfresser typischen Zähne lagen ebenfalls vor.
Die gleichaltrige Onychonycteris finneyi hat Krallen an allen Fingern zum Klettern. Sie hing an Ästen mit dem Kopf nach unten wie heutige Fledermäuse, die eine Kralle am Daumen haben. Die Zähne der Krallenfledermaus passen zu einem Insektenjäger. Dabei setzte er auch den Geruchsinn und die Augen ein. Die zur Echolokation benötigten Knochen lagen laut computertomografischer Untersuchung vor. Flügelskelett, Brustkorb und Schwanz legen einen Langstreckenflieger mit einer den Flug stabilisierenden Membran zwischen den Zehen nahe. Die Fledermausfossilien aus Europa, Nordamerika, Nordafrika, Indien und Australien lassen sich größtenteils den zirka 20 heutigen Familien zuordnen. Ohne Vorläufer tauchen sie auf. Von auf vier Füßen laufenden Säugetieren lassen sie sich nicht ableiten. Bei heutigen Fledermäusen wird beim akrobatischen Flug die Erregung 1000 Mal schneller als beim Menschen weitergeleitet. Die Schärfe ihres Bildes entspricht dem von tagaktiven Tieren.
Eine vor 50 Millionen Jahren im Eckfelder Maar eingebettete Honigbiene ähnelt heutigen samt den gesammelten Pollen. Zahlreiche in Bernstein eingeschlossene Bienen ähneln rezenten. Auch damalige Asseln, Blattläuse, Rindenwanzen und Käfer der Familie Cupedidae sehen wie heutige aus. Eine Riesenkrabbenspinne in 49 bis 44 Millionen Jahre altem Bernstein besitzt die Kieferklauen, Zähnchen, Gelenke, Augen und Beinhärchen der Art Euspanassus crassipes. Das 47 Millionen Jahre alte Wandelnde Blatt Eophyllium messelensis aus der Grube Messel gleicht heute in Südostasien vorkommenden Blattinsekten mit einer Mulde zum Einziehen des Kopfes, deren verbreiterter Hinterleib Blütenpflanzen ähnelt. Eine Fleischfressende Pflanze in Bernstein bei Kaliningrad gleicht der Gattung Roridila in Südafrika mit klebrigen Tentakeln zum Beutefang. Wanzen in der Taupflanze fraßen die Kerbtiere und versorgten sie mit dem nährstoffreichen Kot.
Eine Fliege der rezenten Gattung Hirmoneura aus der Grube Messel suchte vor 47 Millionen Jahren unter anderem die Wasserweide und Jungfernrebe auf und verbreitete dabei den an den Härchen haftenden Pollen. Koboldmakis sind fossil seit mindestens 45 Millionen Jahren überliefert. Eine Raupe des Rindenspanners findet sich in einem 44 Millionen Jahre alten Bernstein aus dem Baltikum. Blüteneinschlüsse belegen die in Sümpfen und Mooren beheimatete Scheinkastanie und die in immergrünen Mischwäldern wachsende Sicheltanne vor 38 Millionen Jahren im Baltikum. Drei Feigenwespen bestäubten vor 34 Millionen Jahren bei der Eiablage Feigenbäume wie heutige auf der britischen Isle of Wight. Siebenschläfer verbrachten damals laut fossilen Zähnen den Winter in Spanien.
Der asymmetrische Schädel, die tiefe Furche hinter den Nasenlöchern und der ausgezogene Oberkiefer eines Zahnwalfossils belegen, dass auch Vorfahren der rezenten Art Cotylocara macei sich der Echoortung in der Tiefsee vor 28 Millionen Jahren bedienten. Das knapp sechs Millionen Jahre jüngere, langschnauzige Delfinfossil Romaleodelphis pollerspoecki mit über 100 gleichförmigen Zähnen hörte Hochfrequenz-Signale, die seine Feinde nicht wahrnehmen konnten. Maulwürfe haben sich seit mindestens 25 Millionen Jahren kaum verändert. Ein im Westerwald entdecktes Exemplar der Art Geotrypus antiquus hat den Schultergürtel sowie das Arm- und Handskelett mit den kurzen Mittelhandknochen wie heutige Maulwürfe zum Graben. Exemplare der Chamäleongattung Calumma auf Madagaskar lebten vor 18 Millionen Jahren in Kenia. Die vor 14,7 Millionen Jahren in der chinesischen Region Zhangpu in Bernstein eingeschlossenen Ameisen, Grashüpfer, Stabheuschrecken und Termiten ähneln teilweise rezenten in Südostasien und auf Papua-Neuguinea. In einer Lagerstätte bei Los Angeles aus dem vor zirka 2,6 Millionen Jahren begonnenen Pleistozän wurde die Muschelart Cymatioa cooki zuerst fossil und Jahrzehnte später lebend in der Nähe von Santa Barbara entdeckt.
Bei den Einzellern erinnern Abdrücke in zirka 2,3 Milliarden Jahre alten Schichten in Australien an heutige Schwefelbakterien. Ein Exemplar der Gattung Thiomargarita könnte in der 600 Millionen Jahre alten Doushantuo-Formation entdeckt worden sein. Wie heute aussehende Bakterien wurden bei Spitzbergen in 800 Millionen Jahre alten Schichten gefunden. Salztolerante Bazillen befanden sich in zirka 250 Millionen Jahre alten Schichten in der Nähe von Fulda. Bei der Bodenbakterienvariante Candidatus desulforudis audaxviator in Südafrika, Sibirien und Nordamerika veränderte das Genom sich seit mindestens 150 Millionen Jahren kaum. Das Jura-Erbgut liegt heute noch zu über 99,5 Prozent vor.
Durch die Beibehaltung des Grundaufbaus in der fossilen Überlieferung bis zum Aussterben oder heute fehlt der „innovative Schub einer evolutive Höherentwicklung“.
4. Die Bildung neuer Arten ist durch Fossilfunde und Beobachtungen in der Natur belegt und wird durch Konzepte von wissenschaftlichen Disziplinen wie der Paläontologie, Genetik und Epigenetik weitgehend verstanden. Lebewesen verändern sich zum besseren Überleben durch zahlreiche genetische Prozesse. Dabei werden Gene unter anderem aktiviert, abgeschaltet, verdoppelt oder vervielfältig, eliminiert oder an anderer Stelle ins Genom integriert. Die DNA ist ein hoch dynamisches System mit mobilen auf sie einwirkenden Elementen. Diese können bisweilen wie Plasmide von Bakterien horizontal ausgetauscht werden. Es entstehen adaptive Varianten mit dem Grundaufbau der zugehörigen Lebensform. Gemäß bisheriger genetischer Forschung sind die Mutationen zum allergrößten Teil neutral, fast neutral oder schädlich. Wie etwas morphologisch oder physiologisch Neues entstehen kann, ist noch ein ungelöstes Rätsel der empirischen Mutationsforschung. Demnach bedarf das Konzept einer phylogenetischen Entwicklung noch eines Nachweises und einer überzeugenden genetischen Erklärung. Durch Abrufen von bisher noch nicht genutzter genetischer Information kann die Entstehung einer Innovation vorgetäuscht werden.
Bei der Süßwasserschneckenart Viviparus brevis ist die Veränderung von Merkmalen bei mehreren Generationen fossil überliefert. Die über zehn Arten der Gattung Viviparus sind teilweise in den vergangenen zwei Millionen Jahren entstanden. Im Victoria-See entstanden innerhalb von 14.000 Jahren über 500 Buntbarscharten aus zwei Ausgangslinien. Die Arten unterscheiden sich in der Größe, Farbe, Körperzeichnung, Kopf-, Rumpf- und Flossenform, Ernährungs- und Verhaltensweise. Neugierige Buntbarsche erkunden mehr noch unbekannte Lebensräume und bilden mehr neue Arten als vorsichtige Artgenossen. Die Dingos sind die Nachfahren von südostasiatischen Haushunden, die vor zirka 5.000 Jahren nach Australien gebracht wurden. Im 15. Jahrhundert auf Porto Santo ausgesetzte Hauskaninchen verwilderten und paaren sich heute mit Hauskaninchen kaum noch. Aus Hausmäusen ging innerhalb von 300 Jahren eine neue Spezies auf den Faröer-Inseln hervor.
Eine bekannte Artbildung sind die Darwinfinken in Anpassung an äußere Bedingungen wie Nahrungsangebot, Nässe und Dürre. Dabei sind umkehrbare epigenetische Abläufe wie beim Zustandekommen der diversen Farbvarianten des Birkenspanners beteiligt, bei deren Bildung ein springendes Gen agiert. Bei der Züchtung von Kohlkultursorten wie Kohlrabi, Brokkoli, Blumen-, Rosen-, Grün-, Weiß- und Rotkohl aus Wildkohl trugen ebenfalls mobile genetische Elemente zum Erfolg bei. Veränderungen in Gestalt, Physiologie und Verhalten gegenüber der Stammform Wolf zeigen die Haushunderassen. In engen Räumen reagieren sie weniger mit Stress, sie übernehmen sogar den Kurz- und Langzeit-Stresspegel ihrer Besitzerinnen und Besitzer, und manche Rassen schützen Herden von Nutztieren wie Schafen, was bei Wölfen noch nicht beobachtet wurde. Da die Hunderassen überwiegend vor nicht allzu langer Zeit gezüchtet wurden, haben epigenetische Prozesse eine ausschlaggebende Rolle gespielt. Neue Varianten können dadurch schnell auftreten.
Die den Nesteingang bewachenden Soldatinnen der Schildkrötenameisen können der Öffnung entsprechende quadratische, kuppel-, schalen- oder scheibenförmige Kopfformen haben. Ein Teil der Arten verschließt das Nest mit einer Soldatin mit deckelähnlichem Kopf oder mit nebeneinander positionierten Soldatinnen mit quadratischen Köpfen. Die andere Variante der Kopfform kann in wenigen Generationen auftreten, da ihrer Bildung ein epigenetisches Potenzial zu Grunde liegt. Auf stürmischen Inseln lebende Insekten und Vögel können die Flügel zurückbilden. Bodenbewohnende Tiere können die Augen verlieren. Flohkrebsarten in Höhlengewässern verzichten auf die Augen und Pigmente. Den Verlust des optischen Sinnes gleichen sie durch längere Tentakeln, mehr Tasthaare an den Gliedmaßen und eine exaktere Wahrnehmung chemischer Reize aus. In dunklen Höhlen lebende Fische wie der in Mexiko beheimatete Salmler kompensieren den Augenverlust durch eine Verstärkung des Geruchs-, Geschmacks- und Strömungssinnes, für den das Seitenlinienorgan zuständig ist.
Bei den auf verschiedenen Inseln ansässigen Anolis-Eidechsen entstanden zum Teil Varianten mit gleichem Phänotyp. Die Varianten sind um einen Fitness-Gipfel positioniert und durch Fitness-Täler voneinander getrennt. Darwin beobachtete, dass manche Taubenrassen in verschiedenen Ländern die gleichen Federvarianten wie umgekehrte Federn am Kopf oder Federn an den Füßen ausbilden, die bei der ursprünglichen Felsentaube nicht vorhanden sind. Er bezeichnete das Phänomen als analoge Variation. Heute ist bekannt, dass sie etwa durch Neuanordnung kodierender DNA-Bereiche oder Positionsänderung von Nukleotid-Sequenzen zu Stande kommt. Dadurch können Gene von still vorliegenden (kryptischen) Merkmalen aktiviert werden.
Auch Menschen passen sich an verschiedenen Rahmenbedingungen an. Hochlandbewohner kommen mit dünner Atemluft, Eskimos mit arktischer Kälte und Beduinen mit sengender Hitze in der Wüste zurecht. Beim Menschen kann knapp die Hälfte des Genoms umgelagert werden. Dabei kann es zu einer Erweiterung der Erbsubstanz kommen, wenn eine mobile DNA-Sequenz über eine RNA kopiert und an anderer Stelle ins Genom integriert wird. Es sind heute mehrere Mechanismen bekannt, die zu sprunghaften Änderungen des Phänotyps führen, etwa der Verlust oder Austausch eines Chromosomenstücks oder eine Mutation in regulatorischen Elementen wie Enhancern und Promotoren, die das Ablesen der genetischen Information initiieren. Im früher als „Junk-DNA“ bzw. „Gen-Wüste“ angesehenen Bereich des Erbguts sind Abermillionen kurze DNA-Sequenzen lokalisiert, die Gene unter Beteiligung von Proteinen und RNAs durch Methylierung und Acetylierung an- und abschalten. Die DNA des Menschen ist laut den von 2003 bis 2020 ermittelten Befunden von 30 Forschergruppen im Rahmen des Projekts „Encylopedia of DNA Elements“ und dem 2020 beendeten Projekt „Genotype-Tissue Expression“ zu mindestens 80 Prozent funktional.
Bei der genetischen Untersuchung neuer phänotypischer Varianten hat sich immer deutlicher gezeigt, dass die Bedeutung der Mutation durch regulierende Elemente wie die Promotoren und die aus bis zu 1.500 Basenpaaren bestehenden Enhancer, die häufig Tausende von Nukleotiden von dem Gen entfernt liegen, dessen Ablesen sie initiieren, relativiert wird. Auch die Transposons (sich außerhalb der DNA bewegende und an anderer Genomstelle sich einfügende DNA-Sequenzen) können zu einer größeren Variation beitragen. Sie können die Aktivität der Gene erweitern, wenn sie sich nahe bei oder in einem inaktiven Gen befinden. Zudem können Fanzor-Elemente (mit Transposons verbundene Enzyme, die DNA schneiden und mit Hilfe einer RNA zu einer bestimmten Genomstelle gelangen) und IS110-Transposons (sich aus der DNA herausschneidende und mittels des Enzyms Rekombinase an einer anderen nichtkodierenden Nukleotidsequenz sich einfügende DNA-Abschnitte) durch andere Kombination genetischer Information die Vielfalt des phänotypischen Spektrums vergrößern. Hierbei bildet die Rekombinase aus dem IS110-Transposon ein ringförmiges DNA-Gebilde und integriert es mit Hilfe einer vom IS110-Transposon kodierten RNA mit Erzeugung einer Brücke in die Zielsequenz. Die Rekombinase kann des Weiteren bei der DNA-Reparatur beteiligt sein. Prozesse wie die vorgestellten bewirken eine raschere Anpassung an neue Situationen als die zufälligen Mutationen und Selektion.
Die beim Artenwandel beteiligten Prozesse können vor- oder nachteilhaft sein. Brotweizen besitzt einen Chromosomensatz aus drei Subgenomen mit etwa 16 Milliarden Basenpaaren und zirka 100.000 Genen. Durch Anpassung an die regionalen Lebensbedingungen treten Infektionen und Schäden durch Tierbefall seltener auf. Der dreifache Chromosomensatz hat ein größeres Veränderungspotenzial und bietet einen effizienteren Schutz vor Mutationen mit nachteiligen Folgen. Diese können von Allelen der anderen Chromosomen ausgeglichen werden. Bei pathogenen Hefepilzen und Krebszellen können überzählige Chromosomen die Wirkung von Medikamenten verhindern. Meistens ist die Veränderung der Chromosomenzahl für die Zelle tödlich. Zu viele oder zu wenige Chromosomen stören oft die Ontogenese oder haben Krankheiten zur Folge. Bei mehrfachem Vorliegen des gleichen Chromosoms ist die Protein-Menge der sie kodierenden Gene so stark erhöht, dass physiologische Probleme auftreten. So kann es beim Menschen unter anderem zu einer Fehlgeburt kommen.
Demnach können die Vertreter einer Lebensform sich innerhalb des vorgegebenen Potenzials an verschiedene Situationen durch Bildung neuer Varianten anpassen. Genetische Basis einer phänotypischen Veränderung können unter anderem der Austausch von Genen zwischen zwei verschiedenen Genomen (Rekombination) und mobile genetische Elemente sein. Positionsänderungen von Teilen der DNA spielen eine ausschlaggebende Rolle bei der Bildung neuer Varianten. Beispiele sind die an die Tageslänge angepasste Blütenbildung der Sojabohne, die Farbvarianten der Körner eines Maiskolbens und die an regionale Umstände angepasste Wuchshöhe der Acker-Schmalwand-Pflanzen. Beim Abrufen latenter genetischer Information kann etwas durch Mutationen Neuentstandenes vorgetäuscht werden, es handelt sich aber um einen im Genom vorliegenden Anpassungsmechanismus.
Erschwerend bei der taxonomischen Zuordnung einer Art können die Hybridbildungen sein. So sind von den Orchideen bisher zirka 800 Bastarde innerhalb unterschiedlicher Gattungen und bei den Fischen, Vögeln und Säugetieren mehr als 650, 600 und 100 Hybriden zwischen Gattungen bekannt. Bei der Artzugehörigkeit von Seepocken-Varianten bemerkte Darwin in einem Brief: „Diese verdammte Variation!“ Für die Definition der „Art“ wurden bisher über 20 verschiedene Ansätze vorgeschlagen. Bei den Varianten einer „Lebensform“ wird auf die taxonomische Zuordnung verzichtet. Zwischen ihnen können fließende Übergänge bestehen. Die vorliegenden, ausgestorbenen und zukünftigen Varianten einer „Lebensform“ deuten das Spektrum ihres Anpassungspotenzials an.
Ein grundlegendes Problem der Evolutionsgenetik ist die Frage, wie durch Mutationen neue komplexe Merkmale entstehen können, wenn zirka 80 bis 90 Prozent der Mutationen neutral oder fast neutral und 10 bis 19,9 Prozent negativ sind. Der minimale Rest von Mutationen mit positiver Auswirkung erhöht die Funktionalität nur wenig. Sind sie in der Nähe von negativen Mutationen lokalisiert, werden sie bei der Meiose selten von ihnen getrennt und können mit ihnen durch selektive Mechanismen entfernt werden. Zudem können positive Mutationen mit einem Verlust an genetischer Information einhergehen.
Zu betonen ist, dass die genannten Prozentangaben verallgemeinernde Schätzungen sind. Ob eine Mutation als positiv, neutral oder negativ einzustufen ist, hängt von der Definition ab und wann die Mutation betrachtet wird. Zudem ist es vom mutierenden System und selektiven Druck abhängig. Die Bildung einer einfachen Antibiotikaresistenz verlangt weniger positive Mutationen als das Zustandekommen von etwas Komplexem. Bei Bakterien im Permafrost kann bereits eine Resistenz gegen heutige Antibiotika vorliegen, da sie von Schimmelpilzen attackiert wurden. Deren Antibiotika waren Stoffwechselprodukte, die durch Enzymblockade bei der DNA-, RNA-, Protein- oder Zellwandsynthese oder Störung einer mitochondrialen Funktion wachstumshemmend oder abtötend wirkten. Generell gehen die Fachpersonen von einer positiven unter tausend Mutationen und einer Drift von etwa 75 Prozent aus.
In Anbetracht der geringen Anzahl positiver Mutationen argumentieren Evolutionsbiologen, dass bei der sukzessiven Bildung eines neuen Merkmals bei Abertausenden oder Zigmillionen Generationen genug positive Mutationen vorliegen, um den Startpunkt für etwas Neues zu erhalten. Sobald mutativ ein Ausgangspunkt besteht, erledigen weitere positive Mutationen die nächsten Schritte bis zur Fertigstellung. Hier ist zu fragen: Wie wird das Vorliegen eines noch keine Funktion erfüllenden Ausgangspunktes für ein zukünftig neues Merkmal erkannt und wie kann durch kontinuierliche Anhäufung positiver Mutationen etwas Neues entstehen, wenn die funktionslosen Vorstufen selektiv beseitigt werden können?
Laut humangenetischer Forschung hat jeder Säugling durchschnittlich 100 neue Mutationen von seinen Eltern erhalten, von denen etwa zehn negativ sind. Bereits der Austausch eines der ungefähr 3,2 Milliarden Nukleotide kann zur Bildung eines dysfunktionalen Proteins führen. In der Folge kann eine schwerwiegende Erkrankung entstehen. Bei der Sichelzellanämie ist im HBB-Gen an der sechsten Position einer Untereinheit des den Sauerstoff bindenden und transportierenden Hämoglobins der Roten Blutkörperchen die Aminosäure Glutaminsäure durch Valin ersetzt. Durch Veränderung einer Aminosäure beim Transkriptionsfaktor Interferon Regulatory Factor 4 (IRF4), der bei der Synthese von m-RNA durch Ablesen der entsprechenden DNA-Sequenz beteiligt ist, kann bei Kindern ein schwerer Immundefekt auftreten. Komplett anders agiert IRF4 beim Austausch der benachbarten Aminosäure an Position 99. Wird dort Cystein durch Arginin ersetzt, bindet der mutierte Transkriptionsfaktor mit dem relativ sperrigen Arginin nicht mehr an der üblichen Stelle der DNA, sondern an zuvor ignorierten Sequenzen, was zu einer grundlegend anderen Genregulierung führt. Das gesunde Zellplasmaprogramm ist abgeschaltet und krankheitsrelevante Gene sind aktiviert, so dass die Reifung der B-Lymphozyten zu Antikörper bildenden Plasmazellen unterbunden ist. Es liegen vergrößerte B-Lymphozyten mit Signalen anderer Immunzellen auf der Oberfläche vor, was ein Kennzeichen des bösartigen Hodgkin-Lymphoms ist.
Mehrere Prozent der Menschen haben wegen Mutationen das Potenzial für Krankheiten, die ausschließlich oder größtenteils durch weitere Mutationen gesundheitliche Probleme wie Geburtsanomalien, Diabetes und Schizophrenie verursachen. Mutationen mit milderen Negativfolgen sind noch weiter verbreitet. Abertausende Mutationen für die Disposition von Erkrankungen sind heute bekannt. Mit koronaren Herzkrankheiten, der global häufigsten Todesursache, werden 268 Genomorte mit verschiedener Intensität in Verbindung gebracht. Offensichtlich zeigt die Mutationsforschung beim Menschen in eine andere Richtung als eine genetische Fitness- und Komplexitäts-Zunahme. Im Laufe der Zeit könnte der Mensch bis zu zehn Prozent seiner Gene verloren haben. Die Verschlechterung des Genoms wird zwar durch Mechanismen wie gelegentliches Hinzukommen positiver Mutationen, selektive Beseitigung gravierender negativer Mutationen und Übertragung fremder Erbinformation verlangsamt. Das Erbgut des Menschen unterliegt insgesamt aber einer degenerativen Tendenz.
Vergleichbares wurde bei Mutationsexperimenten mit vielzelligen Tieren beobachtet. Werden Taufliegen über Jahrzehnte mutagenen Strahlen oder Chemikalien ausgesetzt, entstehen unter anderem Mutanten mit schnellerer Individualentwicklung, anderer Körpergröße, Lebensdauer, Körper- oder Augenfarbe, fehlenden oder an unüblicher Stelle positionierten Körperteilen, erhöhter oder geringerer Gen- oder Enzymaktivität, fester bindenden Transkriptionsfaktoren, länger haltbaren Strukturproteinen, reversibler Lähmung, Muskeldystrophie, gebogenen Flügeln oder weniger Nachwuchs. Fehlende Proteine wie Bruchpilot oder Creld führen zu Beeinträchtigungen der Bein- oder Flügelbewegung wegen geringerer Ausschüttung von Transmittern. Insgesamt entsteht eine Fülle von Varianten vorhandener Merkmale. Belege für die Entstehung von etwas Neuem wurden noch nicht entdeckt.
Ähnliches zeigte ein Langzeitexperiment zum Mutationsspektrum des Bakteriums Escherichia coli, bei dem zwölf identische Populationen ab 1988 einem Nährmedium mit Glukose und Citrat ausgesetzt wurden und 2022 insgesamt 75.000 Generationen vorlagen. Ab etwa 26.000 Generationen hatte eine Population eine deutlich höhere Mutationsrate, da durch Einfügung einer Base das Leseraster verschoben war. Andere Populationen verloren die DNA-Reparatur oder die Ribose-Synthese. Bei wieder anderen waren Kontrollgene verändert. Einige Mutationen waren von pathogenen Bakterien bekannt.
Mit Erstaunen wurde ab 31.500 Generationen ein aerober Citrattransport festgestellt. Bei Anwesenheit von Sauerstoff wurde Citrat als Kohlenstoffquelle genutzt, was Coli-Bakterien gewöhnlich nicht machen. Analysen wiesen auf Mutationen von Genen wie citG (beteiligt beim Citrat-Stoffwechsel), citT (zuständig fürs Transportprotein beim Einschleusen von Citrat) und rnk (beteiligt beim Energiestoffwechsel) hin. Zuerst wurde eine Sequenz mit citT verdoppelt oder vervielfältigt, dann gingen Nukleotide verloren. Gelegentlich verschmolz citT mit einem Bereich, dessen Promotor die Proteinsynthese bei Sauerstoffanwesenheit initiierte, so dass die Mutante den Citrattransporter bilden konnte. Weitere Vervielfältigungen des Gens verstärkten den Citrattransport. Bei einem anderen Experiment nutzte das Coli-Bakterium Citrat bei Sauerstoffanwesenheit bereits nach zwölf Generationen.
Nach 40.000 Generationen lagen 653 Mutationen ohne signifikante Fitnesssteigerung vor. Die Ausgangspopulationen mutierten verschieden, ähnlich oder übereinstimmend durch Prozesse wie Austausch, Einfügung oder Verlust von Basen. Das Erbgut schrumpfte bis zu 1,2 Prozent, nach 50.000 Generationen um 1,4 Prozent bei allen Populationen.
Um die Mutationsrate bei Extremstress zu erhöhen, wurde E. coli einem Citrat-Nährmedium ohne Glukose ausgesetzt. Dabei nahmen die Mutationen schon nach zirka 2.500 Generationen deutlich zu. Eine Ursache waren sich vervielfältigende Transposons, die sich an anderer Stelle im Genom je nach äußerer Situation positionierten. Das Wachstum konnte verlangsamt, die Sterberate erhöht sein. Eine Fitness-Zunahme in Form einer höheren Vermehrungsrate blieb aus. Auffallend waren die Fehlanpassungen, bei denen im kuriosesten Fall eventuell tote Bakterien konsumiert wurden. Längerfristig nahm der Anteil nützlicher Mutationen ab, die neutralen und schädlichen Mutationen blieben konstant. Bei jeder zweiten Population lagen Defekte bei der DNA-Reparatur vor. Citrat wurde unter aerober Bedingung verwertet, da citT mit einem bei Sauerstoffanwesenheit aktiven Schalter fusionierte. Oft traten die gleichen Mutationen bei getrennten Populationen auf. So hatten 59 von mehreren Tausend Genen zweier Populationen eine andere übereinstimmende Aktivität. Ursache der stärkeren oder geringeren Genaktivität waren gleiche oder sehr ähnliche Verlustmutationen. Wurde genetische Information nicht mehr beansprucht, begann das Genom zu schrumpfen. Dies lässt vermuten: Da die großen Bakterien bis zu ungefähr 5.000 und die kleinen signifikant weniger Gene besitzen, könnte zumindest ein Teil von ihnen als „degenerierte große Bakterien“ entstanden sein.
Eine überzeugende Erklärung fehlt bislang auch für die Entstehung der Bedecktsamigen Blütenpflanzen, die Darwin als „ein abscheuliches Geheimnis“ bezeichnete, und der 19 unterschiedlichen Ordnungen von Säugetieren des Tertiärs. Gemäß einer 2024 publizierten Studie von fast 300 Fachpersonen, der knapp 8.000 heutige Gattungen und 200 Fossilien zu Grunde lagen, begann die Geschichte heutiger Blütenpflanzen explosionsartig in der frühen Kreide. Bereits vor 130 Millionen Jahren existierten mehr als 80 Prozent der rezenten Blütenpflanzen-Ordnungen. Die restlichen Hauptlinien tauchen fossil bei einem weiteren Schub im Tertiär vor zirka 40 Millionen Jahren auf. In weitaus älteren Schichten des Devons ist ohne fossile Vorläufer die Baumart Xinicaulis lignescens mit vielfach verzweigtem Netz von Wasserleitungsgewebe und statisch vorteilhafter Leichtbauweise wie beim Eiffelturm überliefert. Der evolutionsbiologische Versuch, das abrupte Auftreten fossiler Innovationen mit einem starken Selektionsdruck zu erklären, überzeugt nicht, da eine Ursache-Wirkung-Beziehung mit genetischen Argumenten nicht vorliegt.
Griffige Erklärungen fehlen auch für die Mehrfachentstehung von gleichen Merkmalen bei taxonomisch entfernten Gruppen. Genannt seien die Echo-Orientierung mit Ultraschall der Fledermäuse und Zahnwale, die Infrarot-Wahrnehmung von Schlangen und einigen Käfern, das neunmal vorhandene Hörvermögen bei separaten Gruppen innerhalb der Ordnung der Schmetterlinge, die Gerüstsubstanz Chitin bei Insekten, Pilzen und Algen sowie das von zirka 900 Tiergattungen in 16 Stämmen bei der Nahrungssuche, Kommunikation und Verteidigung in unterschiedlichen Lebensräumen verwendete Leuchten durch Oxidation von Leuchtstoffen unter Beteiligung des Enzyms Luziferase ab vor etwa 540 Millionen Jahren, was mehr als 100 unabhängige Entstehungen verlangt. Ein bisher ungelöstes Rätsel der Evolutionsbiologie ist zudem die Entstehung der bizarren Merkmalskombination des über 90 Millionen Jahre alten „Schnabeltiers der Krabben“ namens Callichimera perplexa, was „schönes verblüffendes Mischwesen“ bedeutet. Es finden sich große Facettenaugen, die denen von Krebslarven ähneln. Den spindelförmigen Rückenpanzer und fußförmigen Oberkiefer haben Hummer. Der symmetrische Hinterleib ohne Ringe kommt bei Krabben vor. Die Reduktion der Beine wird bei Einsiedlerkrebsen angetroffen. Die paddelartig verbreiteten, abgeflachten Brustbeine zum Schwimmen besaßen 250 Millionen Jahre alte Seeskorpione. Insgesamt sind im Tierreich die stark abgewandelten, paddel- und schaufelartigen Extremitäten aus phylogenetischer Sicht mindestens siebenmal separat entstanden, was noch niemand überzeugend erklärte. Falls das phylogenetische Konzept sachlich zutreffen würde, könnten Indizien für zukünftig neue Merkmale wie eines Sinnesorgans zur Wahrnehmung von Radioaktivität im Genom oder bei der anatomischen Ausstattung bei zumindest einer heutigen Art festgestellt werden. Ein solches neues Merkmal wäre selektiv vorteilhaft, eine auf den Beginn oder Zwischenstand einer phylogenetischen Entwicklung verweisende Beobachtung liegt bislang aber nicht vor.
5. Durch den Nachweis irreduzibler Merkmale, deren Funktionieren das Fehlen nur weniger Elemente erlaubt, bricht das Konzept einer phylogenetischen Entwicklung in sich zusammen. Ein Beleg ist der aus zirka 40 Proteinen bestehende Elektrorotationsmotor mit Geißel, Antriebs- und Navigationssystem des Darmbakteriums Escherichia coli. Er ist quasi eine lebende 0,2-Volt-Batterie, die sechs Ultraminiatur-Elektromotoren mit jeweils 30 nm Länge antreibt. Am Motor befindet sich über ein biegsames Winkelstück die Geißel mit fünffacher Länge des Bakteriums. Mit ihrer Hilfe bewegt der Einzeller sich durch bis zu 100 Umdrehungen pro Sekunde in einer der zwei Drehrichtungen mit 15 bis 25 Zelllängen pro Sekunde vorwärts oder rückwärts. Mittels des Navigationssystems schwimmt er zu Stellen mit hoher Nährstoffkonzentration und meidet er Schadstoffe.
Das Fortbewegungssystem mit Elektromotor und beweglicher Geißel ähnelt dem von Schiffen mit elektrischer Antriebsmaschine und Propeller. Der Stator und Rotor üben die gleiche Funktion wie die Feldspule und der Drehanker eines technischen Elektromotors aus. Die Chemikalien registrierenden Sensorproteine fungieren wie die Millionen Riechzellen des Menschen in der Nase. Der Rotor nutzt die im Wasserstoffionen-Gradienten zu beiden Seiten der Membran gespeicherte Energie für die Drehbewegung wie bei einer Turbine.
Die Ad-hoc-Entstehungswahrscheinlichkeit des bakteriellen Motors beträgt je nach Prämisse 10-29 bis 10-94. Demnach ist der Versuch, die sechs Richtigen im Lotto vorab korrekt zu tippen, über 1.000.000.000.000.000.000.000 Mal wahrscheinlicher. Vermutlich argumentiert keine Fachperson mit einem solchen „evolutionären Lotto-Treffer“.
Angesichts dessen wird aus evolutionsmikrobiologischer Sicht davon ausgegangen, dass die Bildung des bakteriellen Systems, startend mit einer einfachen Pore in der inneren Membran, durch Übernahme von Genen schon vorhandener Teilstrukturen schrittweise entstanden ist. Dabei wird für jede Teilstruktur eine Funktion angenommen, die selektiert werden konnte. Außer dem Erhalt von Genen anderer Bakterien werden Mechanismen wie Mutation, Gendrift und Genduplikation postuliert, um neue Teilstrukturen zu erzeugen. Der Lösungsversuch hat noch nicht überzeugt, da jede Bildung einer neuen Teilstruktur mehrere aufeinander bezogene Mutationen in verschiedenen Genen erfordert. Wie sie in den hypothetischen Vorfahren des Bakteriums zusammenkommen konnten, ist bisher völlig rätselhaft.
Ein Hinweis für Interessierte
Das irreduzible Merkmal eines Insekts und andere Stolpersteine beim evolutionsbiologischen Versuch, das phylogenetische Konzept durch Fossildeutung, heutige Experimente und argumentative Konzepte abzusichern, werden im Essay „Irrtum Phylogenese. Das nachgewiesene Potenzial des Artenwandels“ dargelegt. Er wurde 2023 vom Deutschen Wissenschafts-Verlag (DWV) Baden-Baden veröffentlicht, hat 90 Seiten und kostet 14,95 €. Die ISBN lautet 978-3-86888-198-1. Schreibfehler kamen dadurch zu Stande, dass der Autor sein eigener Lektor war.
Die im Buch vorgestellten Aspekte
Ein Blick auf die Bildung neuer Arten
Die Genetik des Artenwandels
Geologisch-paläontologische Vorgaben
Der Beginn der Lebensgeschichte
Fossil überlieferte Lebenswelten
Aufbaustabilitäten und Merkmalskuriositäten
Plötzliches Sterben und Gigantismus
Die noch gesuchte Primitivität
Unzuverlässige molekulare Uhren
Was Ähnlichkeiten aussagen
Ein irreduzibles Merkmal eines Insekts
Das Wissen von ausgestorbenen Menschen
Hybridisierung als sicherer Verwandtschaftsnachweis
Eine Berechnung notwendiger Ausgangsformen
Überlebensrelevante Impulse
Die älteren Publikationen „Die Geschichte der Lebewesen. Facetten einer naturwissenschaftlichen Neubetrachtung“ (Halle 2006) und „Irrtum Evolution. Einblicke in den Zusammenbruch einer wissenschaftlichen Theorie“ (Halle 2010) sowie „Evolution vor dem Aus. Was Fakten über die Geschichte der Lebewesen verraten“ (Baden-Baden 2020) haben zwischenzeitlich die Gültigkeit teilweise verloren.
Eine Rekonstruktion der Geschichte der Lebewesen aus christlicher Sicht bietet die Seite im Text „Das Gestern, Heute und Morgen der Lebenswelt“.